Jch habe mich bey diesem Laster etwas lange aufgehalten, weil es unter allen das abscheu- lichste und gefährlichste ist.
§. 7. Ob gleich durch das hell aufgegange- ne Licht des Heil. Evangelii das Reich des Teu- fels in unsern Teutschland in manchen Stücken zerstöret und allerhand mag sche und abergläu- bische Handlungen, die aus der Finsterniß bil- lig ihren Ursprung haben, extirpiret worden, wovor GOttes Güte billig zu preisen, so erfäh- ret man leider! dennoch hin und wieder, daß sonderlich auf den Dörffern und in denjenigen Strichen, da der Boden und die Leute nicht so cultiviret sind, erschreckliche Aberglauben an- noch im Schwange gehen, und den Nahmen des grossen GOttes theils mit Hexen und Zau- bern, theils sonst durch allerhand superstitieuse actionen auf eine gottlose und leichtsinnige Art mißbrauchen. Wenn sich einer die Mühe ge- ben wolte, alles dieses Zeug, so noch bey dem ge- meinen Mann an den meisten Orten in viridi observantia ist, aufzuschreiben, so könte man wohl zum wenigsten ein vier und zwantzig ge- druckte Bögen damit voll machen. Gleichwie nun aber solches Unternehmungen sind, dadurch der Ehre GOttes zu nahe getreten, der Ver- stand des Menschen verderbet und der Wille verschlimmert, auch offt dem Nächsten dadurch
gescha-
Jch habe mich bey dieſem Laſter etwas lange aufgehalten, weil es unter allen das abſcheu- lichſte und gefaͤhrlichſte iſt.
§. 7. Ob gleich durch das hell aufgegange- ne Licht des Heil. Evangelii das Reich des Teu- fels in unſern Teutſchland in manchen Stuͤcken zerſtoͤret und allerhand mag ſche und aberglaͤu- biſche Handlungen, die aus der Finſterniß bil- lig ihren Urſprung haben, extirpiret worden, wovor GOttes Guͤte billig zu preiſen, ſo erfaͤh- ret man leider! dennoch hin und wieder, daß ſonderlich auf den Doͤrffern und in denjenigen Strichen, da der Boden und die Leute nicht ſo cultiviret ſind, erſchreckliche Aberglauben an- noch im Schwange gehen, und den Nahmen des groſſen GOttes theils mit Hexen und Zau- bern, theils ſonſt durch allerhand ſuperſtitieuſe actionen auf eine gottloſe und leichtſinnige Art mißbrauchen. Wenn ſich einer die Muͤhe ge- ben wolte, alles dieſes Zeug, ſo noch bey dem ge- meinen Mann an den meiſten Orten in viridi obſervantia iſt, aufzuſchreiben, ſo koͤnte man wohl zum wenigſten ein vier und zwantzig ge- druckte Boͤgen damit voll machen. Gleichwie nun aber ſolches Unternehmungen ſind, dadurch der Ehre GOttes zu nahe getreten, der Ver- ſtand des Menſchen verderbet und der Wille verſchlimmert, auch offt dem Naͤchſten dadurch
geſcha-
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Jch habe mich bey dieſem Laſter etwas lange
aufgehalten, weil es unter allen das abſcheu-
lichſte und gefaͤhrlichſte iſt.
§. 7. Ob gleich durch das hell aufgegange-
ne Licht des Heil. Evangelii das Reich des Teu-
fels in unſern Teutſchland in manchen Stuͤcken
zerſtoͤret und allerhand mag ſche und aberglaͤu-
biſche Handlungen, die aus der Finſterniß bil-
lig ihren Urſprung haben, extirpiret worden,
wovor GOttes Guͤte billig zu preiſen, ſo erfaͤh-
ret man leider! dennoch hin und wieder, daß
ſonderlich auf den Doͤrffern und in denjenigen
Strichen, da der Boden und die Leute nicht ſo
cultiviret ſind, erſchreckliche Aberglauben an-
noch im Schwange gehen, und den Nahmen
des groſſen GOttes theils mit Hexen und Zau-
bern, theils ſonſt durch allerhand ſuperſtitieuſe
actionen auf eine gottloſe und leichtſinnige Art
mißbrauchen. Wenn ſich einer die Muͤhe ge-
ben wolte, alles dieſes Zeug, ſo noch bey dem ge-
meinen Mann an den meiſten Orten in viridi
obſervantia iſt, aufzuſchreiben, ſo koͤnte man
wohl zum wenigſten ein vier und zwantzig ge-
druckte Boͤgen damit voll machen. Gleichwie
nun aber ſolches Unternehmungen ſind, dadurch
der Ehre GOttes zu nahe getreten, der Ver-
ſtand des Menſchen verderbet und der Wille
verſchlimmert, auch offt dem Naͤchſten dadurch
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 477. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/497>, abgerufen am 22.11.2024.
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