nicht zu gebrauchen ist. Zum andern, wenn die Erfindung nicht beständig bleibt, sondern wandelbar wird und nicht lange ausdauret. Zum dritten, wenn es so viel Kosten erfodert, daß es wenig oder gar keinen Vortheil bringet. Zum vierdten, wenn es zwar den intendirten und verlangten Haupt-Zweck nicht praestiret, aber doch sonst gar nützlich zu gebrauchen ist. Zum fünfften, wenn das erfundene Modell zwar nicht dasjenige ist, so man hat erfinden wollen, iedennoch zu der Erfindung einen Weg zeiget, und das Haupt-Werck hernach immer mehr und mehr erleichtern hilfft.
§. 5. Zum dritten sind die Inventores von der hohen Landes-Obrigkeit billig zu schü- tzen wider alle diejenigen, die die Erfindungen, so bald sie nur davon hören und ehe man ihre Tüchtigkeit oder Untüchtigkeit examiniret, so- wohl in Schrifften als auch mündlichen Dis- cursen herunter machen und es vor Betrüge- reyen oder solche Wercke ausgeben, die keinen Grund hätten. Wie der Neid und die Eigen- Liebe unter allen Menschen zu herrschen pfleget, so auch unter Künstlern und gelehrten Leuten. Wenn einer sich viel Jahre vergebens um die Erfindung einer gewissen Sache bemühet, her- nach aber erfähret, daß ein andrer dasjenige, so er projectirt gehabt, invenciret haben solte,
so
nicht zu gebrauchen iſt. Zum andern, wenn die Erfindung nicht beſtaͤndig bleibt, ſondern wandelbar wird und nicht lange ausdauret. Zum dritten, wenn es ſo viel Koſten erfodert, daß es wenig oder gar keinen Vortheil bringet. Zum vierdten, wenn es zwar den intendirten und verlangten Haupt-Zweck nicht præſtiret, aber doch ſonſt gar nuͤtzlich zu gebrauchen iſt. Zum fuͤnfften, wenn das erfundene Modell zwar nicht dasjenige iſt, ſo man hat erfinden wollen, iedennoch zu der Erfindung einen Weg zeiget, und das Haupt-Werck hernach immer mehr und mehr erleichtern hilfft.
§. 5. Zum dritten ſind die Inventores von der hohen Landes-Obrigkeit billig zu ſchuͤ- tzen wider alle diejenigen, die die Erfindungen, ſo bald ſie nur davon hoͤren und ehe man ihre Tuͤchtigkeit oder Untuͤchtigkeit examiniret, ſo- wohl in Schrifften als auch muͤndlichen Diſ- curſen herunter machen und es vor Betruͤge- reyen oder ſolche Wercke ausgeben, die keinen Grund haͤtten. Wie der Neid und die Eigen- Liebe unter allen Menſchen zu herrſchen pfleget, ſo auch unter Kuͤnſtlern und gelehrten Leuten. Wenn einer ſich viel Jahre vergebens um die Erfindung einer gewiſſen Sache bemuͤhet, her- nach aber erfaͤhret, daß ein andrer dasjenige, ſo er projectirt gehabt, invenciret haben ſolte,
ſo
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nicht zu gebrauchen iſt. Zum andern, wenn
die Erfindung nicht beſtaͤndig bleibt, ſondern
wandelbar wird und nicht lange ausdauret.
Zum dritten, wenn es ſo viel Koſten erfodert,
daß es wenig oder gar keinen Vortheil bringet.
Zum vierdten, wenn es zwar den intendirten
und verlangten Haupt-Zweck nicht præſtiret,
aber doch ſonſt gar nuͤtzlich zu gebrauchen iſt.
Zum fuͤnfften, wenn das erfundene Modell
zwar nicht dasjenige iſt, ſo man hat erfinden
wollen, iedennoch zu der Erfindung einen Weg
zeiget, und das Haupt-Werck hernach immer
mehr und mehr erleichtern hilfft.
§. 5. Zum dritten ſind die Inventores
von der hohen Landes-Obrigkeit billig zu ſchuͤ-
tzen wider alle diejenigen, die die Erfindungen,
ſo bald ſie nur davon hoͤren und ehe man ihre
Tuͤchtigkeit oder Untuͤchtigkeit examiniret, ſo-
wohl in Schrifften als auch muͤndlichen Diſ-
curſen herunter machen und es vor Betruͤge-
reyen oder ſolche Wercke ausgeben, die keinen
Grund haͤtten. Wie der Neid und die Eigen-
Liebe unter allen Menſchen zu herrſchen pfleget,
ſo auch unter Kuͤnſtlern und gelehrten Leuten.
Wenn einer ſich viel Jahre vergebens um die
Erfindung einer gewiſſen Sache bemuͤhet, her-
nach aber erfaͤhret, daß ein andrer dasjenige,
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/462>, abgerufen am 22.11.2024.
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