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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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senschafften Lust haben, so muß man sie darbey
lassen und sehen, daß man sie nicht etwan in
den Jahren, in welchen sie nicht leichtlich etwas
anders vornehmen können, zu einer desperaten
Resolution verleite, oder sie, an Statt ihrem
Fleiß zu belohnen, durch ein übel [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]estimonium
beschimpffe, indem nicht ihre Faulheit, sondern
ihr unglücklich Naturell Ursache ist, daß sie es
nicht weiter bringen können, und geben solche
Leute in dem gelehrten Himmel keine Sterne
der ersten Grösse ab, so muß man sie vor Ster-
ne der sechsten Grösse halten. Zum sechsten
müsten die Herrn Professores vor solche Exa-
mina
und Testimonia auch nicht allzuviel for-
dern, und muß vom Landes-Herrn determini-
ret werden, was die Studiosi davor entrichten
sollen, und die notorisch arm sind, umsonst zu
examiniren.

§. 24. Dergleichen Examina würden bil-
lich zur avantage der Studiosorum gereichen.
Denn die zum Studiis nicht Lust hätten, wür-
den gantz und gar damit verschonet, und hätten
also weder ein Examen noch übel Testimoni-
um
zu befürchten. Die andern die nun wohl stu-
dieren wolten und solten, aber bißweilen mehr
in den Wein-Kellern und Caffee-Häusern
denn in Collegiis sich antreffen lassen, würden,
wenn sie ihrer Schwachheit bewust wären, sich

erst-



ſenſchafften Luſt haben, ſo muß man ſie darbey
laſſen und ſehen, daß man ſie nicht etwan in
den Jahren, in welchen ſie nicht leichtlich etwas
anders vornehmen koͤnnen, zu einer deſperaten
Reſolution verleite, oder ſie, an Statt ihrem
Fleiß zu belohnen, durch ein uͤbel [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]eſtimonium
beſchimpffe, indem nicht ihre Faulheit, ſondern
ihr ungluͤcklich Naturell Urſache iſt, daß ſie es
nicht weiter bringen koͤnnen, und geben ſolche
Leute in dem gelehrten Himmel keine Sterne
der erſten Groͤſſe ab, ſo muß man ſie vor Ster-
ne der ſechſten Groͤſſe halten. Zum ſechſten
muͤſten die Herrn Profeſſores vor ſolche Exa-
mina
und Teſtimonia auch nicht allzuviel for-
dern, und muß vom Landes-Herrn determini-
ret werden, was die Studioſi davor entrichten
ſollen, und die notoriſch arm ſind, umſonſt zu
examiniren.

§. 24. Dergleichen Examina wuͤrden bil-
lich zur avantage der Studioſorum gereichen.
Denn die zum Studiis nicht Luſt haͤtten, wuͤr-
den gantz und gar damit verſchonet, und haͤtten
alſo weder ein Examen noch uͤbel Teſtimoni-
um
zu befuͤrchten. Die andern die nun wohl ſtu-
dieren wolten und ſolten, aber bißweilen mehr
in den Wein-Kellern und Caffee-Haͤuſern
denn in Collegiis ſich antreffen laſſen, wuͤrden,
wenn ſie ihrer Schwachheit bewuſt waͤren, ſich

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[424/0444] ſenſchafften Luſt haben, ſo muß man ſie darbey laſſen und ſehen, daß man ſie nicht etwan in den Jahren, in welchen ſie nicht leichtlich etwas anders vornehmen koͤnnen, zu einer deſperaten Reſolution verleite, oder ſie, an Statt ihrem Fleiß zu belohnen, durch ein uͤbel _eſtimonium beſchimpffe, indem nicht ihre Faulheit, ſondern ihr ungluͤcklich Naturell Urſache iſt, daß ſie es nicht weiter bringen koͤnnen, und geben ſolche Leute in dem gelehrten Himmel keine Sterne der erſten Groͤſſe ab, ſo muß man ſie vor Ster- ne der ſechſten Groͤſſe halten. Zum ſechſten muͤſten die Herrn Profeſſores vor ſolche Exa- mina und Teſtimonia auch nicht allzuviel for- dern, und muß vom Landes-Herrn determini- ret werden, was die Studioſi davor entrichten ſollen, und die notoriſch arm ſind, umſonſt zu examiniren. §. 24. Dergleichen Examina wuͤrden bil- lich zur avantage der Studioſorum gereichen. Denn die zum Studiis nicht Luſt haͤtten, wuͤr- den gantz und gar damit verſchonet, und haͤtten alſo weder ein Examen noch uͤbel Teſtimoni- um zu befuͤrchten. Die andern die nun wohl ſtu- dieren wolten und ſolten, aber bißweilen mehr in den Wein-Kellern und Caffee-Haͤuſern denn in Collegiis ſich antreffen laſſen, wuͤrden, wenn ſie ihrer Schwachheit bewuſt waͤren, ſich erſt-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/444>, abgerufen am 23.11.2024.