senschafften Lust haben, so muß man sie darbey lassen und sehen, daß man sie nicht etwan in den Jahren, in welchen sie nicht leichtlich etwas anders vornehmen können, zu einer desperaten Resolution verleite, oder sie, an Statt ihrem Fleiß zu belohnen, durch ein übel [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]estimonium beschimpffe, indem nicht ihre Faulheit, sondern ihr unglücklich Naturell Ursache ist, daß sie es nicht weiter bringen können, und geben solche Leute in dem gelehrten Himmel keine Sterne der ersten Grösse ab, so muß man sie vor Ster- ne der sechsten Grösse halten. Zum sechsten müsten die Herrn Professores vor solche Exa- mina und Testimonia auch nicht allzuviel for- dern, und muß vom Landes-Herrn determini- ret werden, was die Studiosi davor entrichten sollen, und die notorisch arm sind, umsonst zu examiniren.
§. 24. Dergleichen Examina würden bil- lich zur avantage der Studiosorum gereichen. Denn die zum Studiis nicht Lust hätten, wür- den gantz und gar damit verschonet, und hätten also weder ein Examen noch übel Testimoni- um zu befürchten. Die andern die nun wohl stu- dieren wolten und solten, aber bißweilen mehr in den Wein-Kellern und Caffee-Häusern denn in Collegiis sich antreffen lassen, würden, wenn sie ihrer Schwachheit bewust wären, sich
erst-
ſenſchafften Luſt haben, ſo muß man ſie darbey laſſen und ſehen, daß man ſie nicht etwan in den Jahren, in welchen ſie nicht leichtlich etwas anders vornehmen koͤnnen, zu einer deſperaten Reſolution verleite, oder ſie, an Statt ihrem Fleiß zu belohnen, durch ein uͤbel [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]eſtimonium beſchimpffe, indem nicht ihre Faulheit, ſondern ihr ungluͤcklich Naturell Urſache iſt, daß ſie es nicht weiter bringen koͤnnen, und geben ſolche Leute in dem gelehrten Himmel keine Sterne der erſten Groͤſſe ab, ſo muß man ſie vor Ster- ne der ſechſten Groͤſſe halten. Zum ſechſten muͤſten die Herrn Profeſſores vor ſolche Exa- mina und Teſtimonia auch nicht allzuviel for- dern, und muß vom Landes-Herrn determini- ret werden, was die Studioſi davor entrichten ſollen, und die notoriſch arm ſind, umſonſt zu examiniren.
§. 24. Dergleichen Examina wuͤrden bil- lich zur avantage der Studioſorum gereichen. Denn die zum Studiis nicht Luſt haͤtten, wuͤr- den gantz und gar damit verſchonet, und haͤtten alſo weder ein Examen noch uͤbel Teſtimoni- um zu befuͤrchten. Die andern die nun wohl ſtu- dieren wolten und ſolten, aber bißweilen mehr in den Wein-Kellern und Caffee-Haͤuſern denn in Collegiis ſich antreffen laſſen, wuͤrden, wenn ſie ihrer Schwachheit bewuſt waͤren, ſich
erſt-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0444"n="424"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw>ſenſchafften Luſt haben, ſo muß man ſie darbey<lb/>
laſſen und ſehen, daß man ſie nicht etwan in<lb/>
den Jahren, in welchen ſie nicht leichtlich etwas<lb/>
anders vornehmen koͤnnen, zu einer <hirendition="#aq">deſperat</hi>en<lb/><hirendition="#aq">Reſolution</hi> verleite, oder ſie, an Statt ihrem<lb/>
Fleiß zu belohnen, durch ein uͤbel <hirendition="#aq"><gapreason="illegible"unit="chars"quantity="1"/>eſtimonium</hi><lb/>
beſchimpffe, indem nicht ihre Faulheit, ſondern<lb/>
ihr ungluͤcklich Naturell Urſache iſt, daß ſie es<lb/>
nicht weiter bringen koͤnnen, und geben ſolche<lb/>
Leute in dem gelehrten Himmel keine Sterne<lb/>
der erſten Groͤſſe ab, ſo muß man ſie vor Ster-<lb/>
ne der ſechſten Groͤſſe halten. Zum ſechſten<lb/>
muͤſten die Herrn <hirendition="#aq">Profeſſores</hi> vor ſolche <hirendition="#aq">Exa-<lb/>
mina</hi> und <hirendition="#aq">Teſtimonia</hi> auch nicht allzuviel for-<lb/>
dern, und muß vom Landes-Herrn <hirendition="#aq">determini-</hi><lb/>
ret werden, was die <hirendition="#aq">Studioſi</hi> davor entrichten<lb/>ſollen, und die <hirendition="#aq">notori</hi>ſch arm ſind, umſonſt zu<lb/><hirendition="#aq">examini</hi>ren.</p><lb/><p>§. 24. Dergleichen <hirendition="#aq">Examina</hi> wuͤrden bil-<lb/>
lich zur <hirendition="#aq">avantage</hi> der <hirendition="#aq">Studioſorum</hi> gereichen.<lb/>
Denn die zum <hirendition="#aq">Studiis</hi> nicht Luſt haͤtten, wuͤr-<lb/>
den gantz und gar damit verſchonet, und haͤtten<lb/>
alſo weder ein <hirendition="#aq">Examen</hi> noch uͤbel <hirendition="#aq">Teſtimoni-<lb/>
um</hi> zu befuͤrchten. Die andern die nun wohl ſtu-<lb/>
dieren wolten und ſolten, aber bißweilen mehr<lb/>
in den Wein-Kellern und <hirendition="#aq">Caffee-</hi>Haͤuſern<lb/>
denn in <hirendition="#aq">Collegiis</hi>ſich antreffen laſſen, wuͤrden,<lb/>
wenn ſie ihrer Schwachheit bewuſt waͤren, ſich<lb/><fwplace="bottom"type="catch">erſt-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[424/0444]
ſenſchafften Luſt haben, ſo muß man ſie darbey
laſſen und ſehen, daß man ſie nicht etwan in
den Jahren, in welchen ſie nicht leichtlich etwas
anders vornehmen koͤnnen, zu einer deſperaten
Reſolution verleite, oder ſie, an Statt ihrem
Fleiß zu belohnen, durch ein uͤbel _eſtimonium
beſchimpffe, indem nicht ihre Faulheit, ſondern
ihr ungluͤcklich Naturell Urſache iſt, daß ſie es
nicht weiter bringen koͤnnen, und geben ſolche
Leute in dem gelehrten Himmel keine Sterne
der erſten Groͤſſe ab, ſo muß man ſie vor Ster-
ne der ſechſten Groͤſſe halten. Zum ſechſten
muͤſten die Herrn Profeſſores vor ſolche Exa-
mina und Teſtimonia auch nicht allzuviel for-
dern, und muß vom Landes-Herrn determini-
ret werden, was die Studioſi davor entrichten
ſollen, und die notoriſch arm ſind, umſonſt zu
examiniren.
§. 24. Dergleichen Examina wuͤrden bil-
lich zur avantage der Studioſorum gereichen.
Denn die zum Studiis nicht Luſt haͤtten, wuͤr-
den gantz und gar damit verſchonet, und haͤtten
alſo weder ein Examen noch uͤbel Teſtimoni-
um zu befuͤrchten. Die andern die nun wohl ſtu-
dieren wolten und ſolten, aber bißweilen mehr
in den Wein-Kellern und Caffee-Haͤuſern
denn in Collegiis ſich antreffen laſſen, wuͤrden,
wenn ſie ihrer Schwachheit bewuſt waͤren, ſich
erſt-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/444>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.