§. 22. Es ist alle Quartale in den Schulen so wohl in Gegenwart der über eine jede Schu- le gesetzten Inspectoren als auch der Priester je- des Orts und einige Personen aus dem Rathe, auch anderer, die Patronen und Liebhaber der Studien sind, ein solennes examen anzustellen, darbey nicht allein eine translocation aus den Claßen vorzunehmen, sondern es wäre auch billich, daß man die fleißigen und die sich in den Studiis vor andern distingviret und hervor ge- than, auff eine reelle Art belohnte und hinge- gen die faulen und nachläßigen auch öffentlich reprimandirte und beschimpffte, damit andere zum Fleiße auffgemuntert und von der Nach- läßigkeit abgehalten würden.
§. 23. Auff manchen Dörffern ist auch in Ansehung der Schulen eine sehr grosse Unord- nung. Auff einigen haben sie nur Schulmei- ster im Winter und hingegen im Sommer müssen die Herren Schulmeister an Statt der Kinder die Rinder hüten, vielmahls lassen sie auch die Kinder von ihren Weibern im Chri- stenthum und andern Sachen unterrichten. Demnach wäre drauff zu dencken, daß auff al- len Dörffern tüchtige und geschickte Schulmei- ster gesetzt würden, die die Jugend beständigst zu einer Jahres-Zeit, wie zu der andern, unter- wiesen. Darbey müste auch den Predigern
anbefoh-
§. 22. Es iſt alle Quartale in den Schulen ſo wohl in Gegenwart der uͤber eine jede Schu- le geſetzten Inſpectoren als auch der Prieſter je- des Orts und einige Perſonen aus dem Rathe, auch anderer, die Patronen und Liebhaber der Studien ſind, ein ſolennes examen anzuſtellen, darbey nicht allein eine translocation aus den Claßen vorzunehmen, ſondern es waͤre auch billich, daß man die fleißigen und die ſich in den Studiis vor andern diſtingviret und hervor ge- than, auff eine reelle Art belohnte und hinge- gen die faulen und nachlaͤßigen auch oͤffentlich reprimandirte und beſchimpffte, damit andere zum Fleiße auffgemuntert und von der Nach- laͤßigkeit abgehalten wuͤrden.
§. 23. Auff manchen Doͤrffern iſt auch in Anſehung der Schulen eine ſehr groſſe Unord- nung. Auff einigen haben ſie nur Schulmei- ſter im Winter und hingegen im Sommer muͤſſen die Herren Schulmeiſter an Statt der Kinder die Rinder huͤten, vielmahls laſſen ſie auch die Kinder von ihren Weibern im Chri- ſtenthum und andern Sachen unterrichten. Demnach waͤre drauff zu dencken, daß auff al- len Doͤrffern tuͤchtige und geſchickte Schulmei- ſter geſetzt wuͤrden, die die Jugend beſtaͤndigſt zu einer Jahres-Zeit, wie zu der andern, unter- wieſen. Darbey muͤſte auch den Predigern
anbefoh-
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§. 22. Es iſt alle Quartale in den Schulen
ſo wohl in Gegenwart der uͤber eine jede Schu-
le geſetzten Inſpectoren als auch der Prieſter je-
des Orts und einige Perſonen aus dem Rathe,
auch anderer, die Patronen und Liebhaber der
Studien ſind, ein ſolennes examen anzuſtellen,
darbey nicht allein eine translocation aus den
Claßen vorzunehmen, ſondern es waͤre auch
billich, daß man die fleißigen und die ſich in den
Studiis vor andern diſtingviret und hervor ge-
than, auff eine reelle Art belohnte und hinge-
gen die faulen und nachlaͤßigen auch oͤffentlich
reprimandirte und beſchimpffte, damit andere
zum Fleiße auffgemuntert und von der Nach-
laͤßigkeit abgehalten wuͤrden.
§. 23. Auff manchen Doͤrffern iſt auch in
Anſehung der Schulen eine ſehr groſſe Unord-
nung. Auff einigen haben ſie nur Schulmei-
ſter im Winter und hingegen im Sommer
muͤſſen die Herren Schulmeiſter an Statt der
Kinder die Rinder huͤten, vielmahls laſſen ſie
auch die Kinder von ihren Weibern im Chri-
ſtenthum und andern Sachen unterrichten.
Demnach waͤre drauff zu dencken, daß auff al-
len Doͤrffern tuͤchtige und geſchickte Schulmei-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/414>, abgerufen am 24.11.2024.
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