mahnt, tröstet und prophezeyet. Jst einiger Zweiffel deshalb verhanden, so ist es am be- sten, wenn sie einige Jahre auff den Festungs- Bau condemniret oder in die Zucht-Häuser gesetzet werden, biß sie angeloben, daß sie in Zu- kunfft keine Propheten mehr abgeben wollen.
§. 26. Sind einige entweder aus Einfalt und Unwissenheit oder durch gewisse Medica- menta hierzu verführet und gebracht worden, oder aber sonst eines melancholischen Tempe- raments und corrupten Phantasie; so sind die- selbigen geschickten Theologis anzuvertrauen, daß sie sie im Christenthum gehöriger Maßen unterrichten, ihnen die Abscheulichkeit solcher Sünde sattsam aus GOttes heiligen Wort vorstellen und zu Gemüthe führen und sie ver- mahnen, wie sie deshalb unsern HErre GOtt um Vergebung anflehen solten, auch müssen sie auff alle ihre Einwürffe geschickt antworten, und ihre Scrupel ihnen benehmen. Die Medici müssen ihnen dienliche Artzneyen ver- ordnen, die ihr verdorben Geblüte wieder zu recht bringen und es besänfftigen. Jm übri- gen muß man sie nicht leichtlich allein und in der Einsamkeit lassen, daß sie nicht Gelegenheit ha- ben, ihren wunderlichen Phantasien nachzuhän- gen, sondern stets Christl. behertzte und verstän- dige Leute um sie haben, die sie mit Discursen
unter-
mahnt, troͤſtet und prophezeyet. Jſt einiger Zweiffel deshalb verhanden, ſo iſt es am be- ſten, wenn ſie einige Jahre auff den Feſtungs- Bau condemniret oder in die Zucht-Haͤuſer geſetzet werden, biß ſie angeloben, daß ſie in Zu- kunfft keine Propheten mehr abgeben wollen.
§. 26. Sind einige entweder aus Einfalt und Unwiſſenheit oder durch gewiſſe Medica- menta hierzu verfuͤhret und gebracht worden, oder aber ſonſt eines melancholiſchen Tempe- raments und corrupten Phantaſie; ſo ſind die- ſelbigen geſchickten Theologis anzuvertrauen, daß ſie ſie im Chriſtenthum gehoͤriger Maßen unterrichten, ihnen die Abſcheulichkeit ſolcher Suͤnde ſattſam aus GOttes heiligen Wort vorſtellen und zu Gemuͤthe fuͤhren und ſie ver- mahnen, wie ſie deshalb unſern HErre GOtt um Vergebung anflehen ſolten, auch muͤſſen ſie auff alle ihre Einwuͤrffe geſchickt antworten, und ihre Scrupel ihnen benehmen. Die Medici muͤſſen ihnen dienliche Artzneyen ver- ordnen, die ihr verdorben Gebluͤte wieder zu recht bringen und es beſaͤnfftigen. Jm uͤbri- gen muß man ſie nicht leichtlich allein und in der Einſamkeit laſſen, daß ſie nicht Gelegenheit ha- ben, ihren wunderlichen Phantaſien nachzuhaͤn- gen, ſondern ſtets Chriſtl. behertzte und verſtaͤn- dige Leute um ſie haben, die ſie mit Diſcurſen
unter-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0383"n="363"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw> mahnt, troͤſtet und prophezeyet. Jſt einiger<lb/>
Zweiffel deshalb verhanden, ſo iſt es am be-<lb/>ſten, wenn ſie einige Jahre auff den Feſtungs-<lb/>
Bau <hirendition="#aq">condemni</hi>ret oder in die Zucht-Haͤuſer<lb/>
geſetzet werden, biß ſie angeloben, daß ſie in Zu-<lb/>
kunfft keine Propheten mehr abgeben wollen.</p><lb/><p>§. 26. Sind einige entweder aus Einfalt<lb/>
und Unwiſſenheit oder durch gewiſſe <hirendition="#aq">Medica-<lb/>
menta</hi> hierzu verfuͤhret und gebracht worden,<lb/>
oder aber ſonſt eines <hirendition="#aq">melancholi</hi>ſchen <hirendition="#aq">Tempe-<lb/>
raments</hi> und <hirendition="#aq">corrupt</hi>en <hirendition="#aq">Phantaſie;</hi>ſo ſind die-<lb/>ſelbigen geſchickten <hirendition="#aq">Theologis</hi> anzuvertrauen,<lb/>
daß ſie ſie im Chriſtenthum gehoͤriger Maßen<lb/>
unterrichten, ihnen die Abſcheulichkeit ſolcher<lb/>
Suͤnde ſattſam aus GOttes heiligen Wort<lb/>
vorſtellen und zu Gemuͤthe fuͤhren und ſie ver-<lb/>
mahnen, wie ſie deshalb unſern HErre GOtt<lb/>
um Vergebung anflehen ſolten, auch muͤſſen ſie<lb/>
auff alle ihre Einwuͤrffe geſchickt antworten,<lb/>
und ihre Scrupel ihnen benehmen. Die<lb/><hirendition="#aq">Medici</hi> muͤſſen ihnen dienliche Artzneyen ver-<lb/>
ordnen, die ihr verdorben Gebluͤte wieder zu<lb/>
recht bringen und es beſaͤnfftigen. Jm uͤbri-<lb/>
gen muß man ſie nicht leichtlich allein und in der<lb/>
Einſamkeit laſſen, daß ſie nicht Gelegenheit ha-<lb/>
ben, ihren wunderlichen <hirendition="#aq">Phantaſi</hi>en nachzuhaͤn-<lb/>
gen, ſondern ſtets Chriſtl. behertzte und verſtaͤn-<lb/>
dige Leute um ſie haben, die ſie mit <hirendition="#aq">Diſcurſ</hi>en<lb/><fwplace="bottom"type="catch">unter-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[363/0383]
mahnt, troͤſtet und prophezeyet. Jſt einiger
Zweiffel deshalb verhanden, ſo iſt es am be-
ſten, wenn ſie einige Jahre auff den Feſtungs-
Bau condemniret oder in die Zucht-Haͤuſer
geſetzet werden, biß ſie angeloben, daß ſie in Zu-
kunfft keine Propheten mehr abgeben wollen.
§. 26. Sind einige entweder aus Einfalt
und Unwiſſenheit oder durch gewiſſe Medica-
menta hierzu verfuͤhret und gebracht worden,
oder aber ſonſt eines melancholiſchen Tempe-
raments und corrupten Phantaſie; ſo ſind die-
ſelbigen geſchickten Theologis anzuvertrauen,
daß ſie ſie im Chriſtenthum gehoͤriger Maßen
unterrichten, ihnen die Abſcheulichkeit ſolcher
Suͤnde ſattſam aus GOttes heiligen Wort
vorſtellen und zu Gemuͤthe fuͤhren und ſie ver-
mahnen, wie ſie deshalb unſern HErre GOtt
um Vergebung anflehen ſolten, auch muͤſſen ſie
auff alle ihre Einwuͤrffe geſchickt antworten,
und ihre Scrupel ihnen benehmen. Die
Medici muͤſſen ihnen dienliche Artzneyen ver-
ordnen, die ihr verdorben Gebluͤte wieder zu
recht bringen und es beſaͤnfftigen. Jm uͤbri-
gen muß man ſie nicht leichtlich allein und in der
Einſamkeit laſſen, daß ſie nicht Gelegenheit ha-
ben, ihren wunderlichen Phantaſien nachzuhaͤn-
gen, ſondern ſtets Chriſtl. behertzte und verſtaͤn-
dige Leute um ſie haben, die ſie mit Diſcurſen
unter-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/383>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.