Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.fehl und Anweisung, da es heißt: Sehet an die Exempel der Alten, und mercket sie. Es könten die Herrn Priester durch solche Exem- pel, die denen Leuten bekandt wären und daran sie nicht zweiffeln dürfften, die Wahrheit der Göttlichen Lehren, die sie ihren Zuhörern vortrügen, bestätigen. Sie würden bey ihnen öffters einen grössern Eindruck haben als die stärcksten und bündigsten Argumenta. Tu- gendhaffte Leute würden hierdurch zu löblich und tugendhafften actionen angetrieben, wenn sie wüsten, daß ihre Nahmen dadurch gleich- sam verewiget, und ihr Andencken auf die Nachkommen fortgepflantzet würde; Laster- haffte hingegen auch wohl bißweilen aus Furcht vor der Schande, daß sie nicht hierdurch beschimpfft würden, von sündlichen Dingen ab- gehalten und was vor mehrer Nutzen durch colligirung dergleichen Sachen zu erlangen. Es wären auch herein zu ziehen die Exempel de- rer, dabey man erkennen müste, daß die Wege des grossen GOttes unbegreiflich und seine Ge- richte unerforschlich wären, z. E. Bey denje- nigen, die dem Ansehen nach fromm und Got- tesfürchtig gewesen, und doch eines erschreckli- chen Todes gestorben, und ein Ende dem Leibe nach mit Schrecken genommen, welches man auch
fehl und Anweiſung, da es heißt: Sehet an die Exempel der Alten, und mercket ſie. Es koͤnten die Herrn Prieſter durch ſolche Exem- pel, die denen Leuten bekandt waͤren und daran ſie nicht zweiffeln duͤrfften, die Wahrheit der Goͤttlichen Lehren, die ſie ihren Zuhoͤrern vortruͤgen, beſtaͤtigen. Sie wuͤrden bey ihnen oͤffters einen groͤſſern Eindruck haben als die ſtaͤrckſten und buͤndigſten Argumenta. Tu- gendhaffte Leute wuͤrden hierdurch zu loͤblich und tugendhafften actionen angetrieben, wenn ſie wuͤſten, daß ihre Nahmen dadurch gleich- ſam verewiget, und ihr Andencken auf die Nachkommen fortgepflantzet wuͤrde; Laſter- haffte hingegen auch wohl bißweilen aus Furcht vor der Schande, daß ſie nicht hierdurch beſchimpfft wuͤrden, von ſuͤndlichen Dingen ab- gehalten und was vor mehrer Nutzen durch colligirung dergleichen Sachen zu erlangen. Es waͤren auch herein zu ziehen die Exempel de- rer, dabey man erkennen muͤſte, daß die Wege des groſſen GOttes unbegreiflich und ſeine Ge- richte unerforſchlich waͤren, z. E. Bey denje- nigen, die dem Anſehen nach fromm und Got- tesfuͤrchtig geweſen, und doch eines erſchreckli- chen Todes geſtorben, und ein Ende dem Leibe nach mit Schrecken genommen, welches man auch
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die Exempel der Alten, und mercket ſie. Es
koͤnten die Herrn Prieſter durch ſolche Exem-
pel, die denen Leuten bekandt waͤren und daran
ſie nicht zweiffeln duͤrfften, die Wahrheit
der Goͤttlichen Lehren, die ſie ihren Zuhoͤrern
vortruͤgen, beſtaͤtigen. Sie wuͤrden bey ihnen
oͤffters einen groͤſſern Eindruck haben als die
ſtaͤrckſten und buͤndigſten Argumenta. Tu-
gendhaffte Leute wuͤrden hierdurch zu loͤblich
und tugendhafften actionen angetrieben, wenn
ſie wuͤſten, daß ihre Nahmen dadurch gleich-
ſam verewiget, und ihr Andencken auf die
Nachkommen fortgepflantzet wuͤrde; Laſter-
haffte hingegen auch wohl bißweilen aus
Furcht vor der Schande, daß ſie nicht hierdurch
beſchimpfft wuͤrden, von ſuͤndlichen Dingen ab-
gehalten und was vor mehrer Nutzen durch
colligirung dergleichen Sachen zu erlangen.
Es waͤren auch herein zu ziehen die Exempel de-
rer, dabey man erkennen muͤſte, daß die Wege
des groſſen GOttes unbegreiflich und ſeine Ge-
richte unerforſchlich waͤren, z. E. Bey denje-
nigen, die dem Anſehen nach fromm und Got-
tesfuͤrchtig geweſen, und doch eines erſchreckli-
chen Todes geſtorben, und ein Ende dem Leibe
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Zitationshilfe: | Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/334>, abgerufen am 16.02.2025. |