Heiligkeit und Wichtigkeit der Tauff-Hand- lung recht bey sich überdencken könte.
§. 20. Es ist den Priestern nicht zugestat- ten, daß sie die Leute ohne Vorbewust des Su- perintendenten und Consistorii von den Beicht- Stuhl und Gebrauch des heiligen Nachtmahls abhalten. Denn die Priester können von der Unbußfertigkeit nicht urtheilen, weil selbige im Hertzen bestehet; und ob man wohl aus den äusserlichen Zeichen vorietzo eine Unbußfertig- keit vermuthet, so kan doch in dem Augenblick GOtt das Hertz zur Busse lencken, dahero ist der Zustand des menschlichen Hertzens dem Priester niemahls sattsam bekannt. Zudem pflegen die Menschen in Beurtheilung der äus- serlichen Laster öffters zu irren oder sich parthey- isch zu erweisen, und wenn also den Priestern eingeräumet würde, dißfalls nach ihrem Urtheil zu verfahren, so würde daraus grosse Unbillig- keit und Verwirrung entstehen. Es ist auch dieser äusserliche Zwang gar kein Mittel, das zulänglich wäre, wahre Gottesfurcht zu erwe- cken, sondern macht nichts als Heuchler, womit dem lieben GOtt nichts gedienet ist. Endlich hat solch Vornehmen gar keinen Nutzen, son- dern würcket eine Hartnäckigkeit. Nun ist zwar an dem, daß den Priestern der Binde- Schlüßel andertrauet sey. S. Matth. XIIX.
v. 18.
S
Heiligkeit und Wichtigkeit der Tauff-Hand- lung recht bey ſich uͤberdencken koͤnte.
§. 20. Es iſt den Prieſtern nicht zugeſtat- ten, daß ſie die Leute ohne Vorbewuſt des Su- perintendenten und Conſiſtorii von den Beicht- Stuhl und Gebrauch des heiligen Nachtmahls abhalten. Denn die Prieſter koͤnnen von der Unbußfertigkeit nicht urtheilen, weil ſelbige im Hertzen beſtehet; und ob man wohl aus den aͤuſſerlichen Zeichen vorietzo eine Unbußfertig- keit vermuthet, ſo kan doch in dem Augenblick GOtt das Hertz zur Buſſe lencken, dahero iſt der Zuſtand des menſchlichen Hertzens dem Prieſter niemahls ſattſam bekannt. Zudem pflegen die Menſchen in Beurtheilung der aͤuſ- ſerlichen Laſter oͤffters zu irren oder ſich parthey- iſch zu erweiſen, und wenn alſo den Prieſtern eingeraͤumet wuͤrde, dißfalls nach ihrem Urtheil zu verfahren, ſo wuͤrde daraus groſſe Unbillig- keit und Verwirrung entſtehen. Es iſt auch dieſer aͤuſſerliche Zwang gar kein Mittel, das zulaͤnglich waͤre, wahre Gottesfurcht zu erwe- cken, ſondern macht nichts als Heuchler, womit dem lieben GOtt nichts gedienet iſt. Endlich hat ſolch Vornehmen gar keinen Nutzen, ſon- dern wuͤrcket eine Hartnaͤckigkeit. Nun iſt zwar an dem, daß den Prieſtern der Binde- Schluͤßel andertrauet ſey. S. Matth. XIIX.
v. 18.
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Heiligkeit und Wichtigkeit der Tauff-Hand-
lung recht bey ſich uͤberdencken koͤnte.
§. 20. Es iſt den Prieſtern nicht zugeſtat-
ten, daß ſie die Leute ohne Vorbewuſt des Su-
perintendenten und Conſiſtorii von den Beicht-
Stuhl und Gebrauch des heiligen Nachtmahls
abhalten. Denn die Prieſter koͤnnen von
der Unbußfertigkeit nicht urtheilen, weil ſelbige
im Hertzen beſtehet; und ob man wohl aus den
aͤuſſerlichen Zeichen vorietzo eine Unbußfertig-
keit vermuthet, ſo kan doch in dem Augenblick
GOtt das Hertz zur Buſſe lencken, dahero iſt
der Zuſtand des menſchlichen Hertzens dem
Prieſter niemahls ſattſam bekannt. Zudem
pflegen die Menſchen in Beurtheilung der aͤuſ-
ſerlichen Laſter oͤffters zu irren oder ſich parthey-
iſch zu erweiſen, und wenn alſo den Prieſtern
eingeraͤumet wuͤrde, dißfalls nach ihrem Urtheil
zu verfahren, ſo wuͤrde daraus groſſe Unbillig-
keit und Verwirrung entſtehen. Es iſt auch
dieſer aͤuſſerliche Zwang gar kein Mittel, das
zulaͤnglich waͤre, wahre Gottesfurcht zu erwe-
cken, ſondern macht nichts als Heuchler, womit
dem lieben GOtt nichts gedienet iſt. Endlich
hat ſolch Vornehmen gar keinen Nutzen, ſon-
dern wuͤrcket eine Hartnaͤckigkeit. Nun iſt
zwar an dem, daß den Prieſtern der Binde-
Schluͤßel andertrauet ſey. S. Matth. XIIX.
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/293>, abgerufen am 22.11.2024.
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