Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



waltthätigkeit und Herrsch-Sucht der
Leute den ersten Grund-Stein zu den Re-
publiquen und Landes-Herrschafften gelegt ha-
be, und meinen, die heilige Schrifft selbst bestä-
tigte diese Meinung. Denn (1.) nachdem
Cain seinen Bruder Abel erschlagen, hätte er
zuerst eine Stadt angelegt, und ihn nichts hier-
zu angetrieben, denn der Haß gegen die From-
men, und die Begierde zu herrschen. (2.)
Würde in dem 1. Buch Mosis am VI. v. 4.
der Riesen Meldung gethan. Nun hätten
aber die Gelehrten schon vorlängst angemerckt,
daß solche nichts anders gewest wären, als Ty-
rannen, Unterdrücker des Volcks und wilde
Leute, die sich vom Raube und der Beute erneh-
ret hätten, und wäre gar wahrscheinlich, daß sie
diejenigen, die sie beraubet hätten, unter ihr
Joch gebracht. (3.) Führte Moses nach der
Sündfluth und dem vermehrten menschlichen
Geschlechte von dem Nimrod an, daß er ange-
fangen mächtig und ein gewaltiger Jäger zu
seyn, welche beyde Praedicate sein kriegerisch
und streithafftes Gemüthe, so er durch unter-
schiedliche Raubereyen erwiesen, an den Tag
legten. Mit diesen käme auch überein, was
die Gelehrten von den gewöhnlichen Arten der
Raubereyen gantzer Völcker, da sie andere
Nationes überfallen und sie beraubet, anführ-

ten.



waltthaͤtigkeit und Herrſch-Sucht der
Leute den erſten Grund-Stein zu den Re-
publiquen und Landes-Herrſchafften gelegt ha-
be, und meinen, die heilige Schrifft ſelbſt beſtaͤ-
tigte dieſe Meinung. Denn (1.) nachdem
Cain ſeinen Bruder Abel erſchlagen, haͤtte er
zuerſt eine Stadt angelegt, und ihn nichts hier-
zu angetrieben, denn der Haß gegen die From-
men, und die Begierde zu herrſchen. (2.)
Wuͤrde in dem 1. Buch Moſis am VI. v. 4.
der Rieſen Meldung gethan. Nun haͤtten
aber die Gelehrten ſchon vorlaͤngſt angemerckt,
daß ſolche nichts anders geweſt waͤren, als Ty-
rannen, Unterdruͤcker des Volcks und wilde
Leute, die ſich vom Raube und der Beute erneh-
ret haͤtten, und waͤre gar wahrſcheinlich, daß ſie
diejenigen, die ſie beraubet haͤtten, unter ihr
Joch gebracht. (3.) Fuͤhrte Moſes nach der
Suͤndfluth und dem vermehrten menſchlichen
Geſchlechte von dem Nimrod an, daß er ange-
fangen maͤchtig und ein gewaltiger Jaͤger zu
ſeyn, welche beyde Prædicate ſein kriegeriſch
und ſtreithafftes Gemuͤthe, ſo er durch unter-
ſchiedliche Raubereyen erwieſen, an den Tag
legten. Mit dieſen kaͤme auch uͤberein, was
die Gelehrten von den gewoͤhnlichen Arten der
Raubereyen gantzer Voͤlcker, da ſie andere
Nationes uͤberfallen und ſie beraubet, anfuͤhr-

ten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0258" n="238"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> walttha&#x0364;tigkeit und Herr&#x017F;ch-Sucht der<lb/>
Leute den er&#x017F;ten Grund-Stein zu den Re-<lb/>
publiquen und Landes-Herr&#x017F;chafften gelegt ha-<lb/>
be, und meinen, die heilige Schrifft &#x017F;elb&#x017F;t be&#x017F;ta&#x0364;-<lb/>
tigte die&#x017F;e Meinung. Denn (1.) nachdem<lb/>
Cain &#x017F;einen Bruder Abel er&#x017F;chlagen, ha&#x0364;tte er<lb/>
zuer&#x017F;t eine Stadt angelegt, und ihn nichts hier-<lb/>
zu angetrieben, denn der Haß gegen die From-<lb/>
men, und die Begierde zu herr&#x017F;chen. (2.)<lb/>
Wu&#x0364;rde in dem 1. Buch Mo&#x017F;is am <hi rendition="#aq">VI. v.</hi> 4.<lb/>
der Rie&#x017F;en Meldung gethan. Nun ha&#x0364;tten<lb/>
aber die Gelehrten &#x017F;chon vorla&#x0364;ng&#x017F;t angemerckt,<lb/>
daß &#x017F;olche nichts anders gewe&#x017F;t wa&#x0364;ren, als Ty-<lb/>
rannen, Unterdru&#x0364;cker des Volcks und wilde<lb/>
Leute, die &#x017F;ich vom Raube und der Beute erneh-<lb/>
ret ha&#x0364;tten, und wa&#x0364;re gar wahr&#x017F;cheinlich, daß &#x017F;ie<lb/>
diejenigen, die &#x017F;ie beraubet ha&#x0364;tten, unter ihr<lb/>
Joch gebracht. (3.) Fu&#x0364;hrte Mo&#x017F;es nach der<lb/>
Su&#x0364;ndfluth und dem vermehrten men&#x017F;chlichen<lb/>
Ge&#x017F;chlechte von dem Nimrod an, daß er ange-<lb/>
fangen ma&#x0364;chtig und ein gewaltiger Ja&#x0364;ger zu<lb/>
&#x017F;eyn, welche beyde <hi rendition="#aq">Prædicate</hi> &#x017F;ein kriegeri&#x017F;ch<lb/>
und &#x017F;treithafftes Gemu&#x0364;the, &#x017F;o er durch unter-<lb/>
&#x017F;chiedliche Raubereyen erwie&#x017F;en, an den Tag<lb/>
legten. Mit die&#x017F;en ka&#x0364;me auch u&#x0364;berein, was<lb/>
die Gelehrten von den gewo&#x0364;hnlichen Arten der<lb/>
Raubereyen gantzer Vo&#x0364;lcker, da &#x017F;ie andere<lb/><hi rendition="#aq">Nationes</hi> u&#x0364;berfallen und &#x017F;ie beraubet, anfu&#x0364;hr-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ten.</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0258] waltthaͤtigkeit und Herrſch-Sucht der Leute den erſten Grund-Stein zu den Re- publiquen und Landes-Herrſchafften gelegt ha- be, und meinen, die heilige Schrifft ſelbſt beſtaͤ- tigte dieſe Meinung. Denn (1.) nachdem Cain ſeinen Bruder Abel erſchlagen, haͤtte er zuerſt eine Stadt angelegt, und ihn nichts hier- zu angetrieben, denn der Haß gegen die From- men, und die Begierde zu herrſchen. (2.) Wuͤrde in dem 1. Buch Moſis am VI. v. 4. der Rieſen Meldung gethan. Nun haͤtten aber die Gelehrten ſchon vorlaͤngſt angemerckt, daß ſolche nichts anders geweſt waͤren, als Ty- rannen, Unterdruͤcker des Volcks und wilde Leute, die ſich vom Raube und der Beute erneh- ret haͤtten, und waͤre gar wahrſcheinlich, daß ſie diejenigen, die ſie beraubet haͤtten, unter ihr Joch gebracht. (3.) Fuͤhrte Moſes nach der Suͤndfluth und dem vermehrten menſchlichen Geſchlechte von dem Nimrod an, daß er ange- fangen maͤchtig und ein gewaltiger Jaͤger zu ſeyn, welche beyde Prædicate ſein kriegeriſch und ſtreithafftes Gemuͤthe, ſo er durch unter- ſchiedliche Raubereyen erwieſen, an den Tag legten. Mit dieſen kaͤme auch uͤberein, was die Gelehrten von den gewoͤhnlichen Arten der Raubereyen gantzer Voͤlcker, da ſie andere Nationes uͤberfallen und ſie beraubet, anfuͤhr- ten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/258
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/258>, abgerufen am 22.11.2024.