§. 5. Jst aber bey dergleichen Reichen ein König ohne Descendenten, so succediren die Brüder und Schwestern, oder in deren Er- mangelung, wie ein iedweder dem letztverstor- benen an der Verwandschafft am nächsten ist, iedoch der Praerogativ des Alters und Ge- schlechts unbeschadet. Endlich wird auch die Succession auf die nächsten Anverwandten des letzten Successoris verfallen, die dem ersten Ur- heber des Reichs mit Bluts-Freundschafft gantz und gar nicht verwand sind, und dieses nicht nur durch den ausdrücklichen Willen des Verstorbenen, sondern auch wenn dergleichen Art zu succediren in Ansehung der Privat- Erbschafften in dem selbigen Lande eingeführet ist. Und demnach wenn der Landes-Herr durch ausdrückliche Verordnung nicht davon abgehet, so glaubet man auch, daß er denselben in Ansehung seiner Succession beliebet habe.
§. 6. Jn denjenigen Reichen, in welchen die Regierung durch freye Willkühr des Volcks constituiret worden, dependiret das gantze Successions-Werck von dem Willen des Volckes. Wenn es aber auf den König nicht nur die Landesherrliche Herrschafft, son- dern auch das Recht wegen Bestellung eines Successoris ausdrücklich conferiret hat, so kömmt derjenige dran, den er zu seinem Folger
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§. 5. Jſt aber bey dergleichen Reichen ein Koͤnig ohne Deſcendenten, ſo ſuccediren die Bruͤder und Schweſtern, oder in deren Er- mangelung, wie ein iedweder dem letztverſtor- benen an der Verwandſchafft am naͤchſten iſt, iedoch der Prærogativ des Alters und Ge- ſchlechts unbeſchadet. Endlich wird auch die Succesſion auf die naͤchſten Anverwandten des letzten Succeſſoris verfallen, die dem erſten Ur- heber des Reichs mit Bluts-Freundſchafft gantz und gar nicht verwand ſind, und dieſes nicht nur durch den ausdruͤcklichen Willen des Verſtorbenen, ſondern auch wenn dergleichen Art zu ſuccediren in Anſehung der Privat- Erbſchafften in dem ſelbigen Lande eingefuͤhret iſt. Und demnach wenn der Landes-Herr durch ausdruͤckliche Verordnung nicht davon abgehet, ſo glaubet man auch, daß er denſelben in Anſehung ſeiner Succesſion beliebet habe.
§. 6. Jn denjenigen Reichen, in welchen die Regierung durch freye Willkuͤhr des Volcks conſtituiret worden, dependiret das gantze Succesſions-Werck von dem Willen des Volckes. Wenn es aber auf den Koͤnig nicht nur die Landesherrliche Herrſchafft, ſon- dern auch das Recht wegen Beſtellung eines Succeſſoris ausdruͤcklich conferiret hat, ſo koͤmmt derjenige dran, den er zu ſeinem Folger
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§. 5. Jſt aber bey dergleichen Reichen ein
Koͤnig ohne Deſcendenten, ſo ſuccediren die
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mangelung, wie ein iedweder dem letztverſtor-
benen an der Verwandſchafft am naͤchſten iſt,
iedoch der Prærogativ des Alters und Ge-
ſchlechts unbeſchadet. Endlich wird auch die
Succesſion auf die naͤchſten Anverwandten des
letzten Succeſſoris verfallen, die dem erſten Ur-
heber des Reichs mit Bluts-Freundſchafft
gantz und gar nicht verwand ſind, und dieſes
nicht nur durch den ausdruͤcklichen Willen des
Verſtorbenen, ſondern auch wenn dergleichen
Art zu ſuccediren in Anſehung der Privat-
Erbſchafften in dem ſelbigen Lande eingefuͤhret
iſt. Und demnach wenn der Landes-Herr
durch ausdruͤckliche Verordnung nicht davon
abgehet, ſo glaubet man auch, daß er denſelben
in Anſehung ſeiner Succesſion beliebet habe.
§. 6. Jn denjenigen Reichen, in welchen
die Regierung durch freye Willkuͤhr des
Volcks conſtituiret worden, dependiret das
gantze Succesſions-Werck von dem Willen
des Volckes. Wenn es aber auf den Koͤnig
nicht nur die Landesherrliche Herrſchafft, ſon-
dern auch das Recht wegen Beſtellung eines
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/228>, abgerufen am 26.11.2024.
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