treue Unterthanen von den Landes-Herren bil- lig mit harter Straffe anzusehen. Was im übrigen ein Regent bey den Werbungen vor Regeln der Klugheit in Acht zu nehmen habe, ist in dem Capitel von dem Kriege vorgestellet.
§. 3. Hierbey fragt sichs, wenn einer von dem Feind gefangen worden, und bey seiner Loßlassung versprechen müssen, daß er in Zu- kunfft niemahls wider ihn die Waffen mehr er- greiffen wolte, ob er wohl hernach von seinem Lands-Herrn mit Recht gezwungen werden kön- ne, wider gethane Zusage gegen den Feind zu streiten? Einige halten ein solches pactum vor null und nichtig, weil es wider die Pflicht wäre, die man seinem Landes-Herrn und dem Va- terlande schuldig sey; Allein nicht alles dasjeni- ge ist vor nichtig zu achten, was der Pflicht zu- wider läufft. Es ist ein solcher durch die Ge- fangenschafft einmahl in den Stand gerathen, daß er, seinem Vaterlande Dienste zu thun, untüchtig worden, und also, da es ihn aus der Gefangenschafft wieder angenommen, so glaubt man, daß es ihn mit dem Beding recipiret, da- mit er das dem Feinde gethane Versprechen halten könne, zumahl wenn er nicht durch Assi- stenz des Landes-Herrn oder des Landes, son- dern etwan durch seine eigne Ranzionirung wieder zu seiner Freyheit gelanget. Ein anders
aber
treue Unterthanen von den Landes-Herren bil- lig mit harter Straffe anzuſehen. Was im uͤbrigen ein Regent bey den Werbungen vor Regeln der Klugheit in Acht zu nehmen habe, iſt in dem Capitel von dem Kriege vorgeſtellet.
§. 3. Hierbey fragt ſichs, wenn einer von dem Feind gefangen worden, und bey ſeiner Loßlaſſung verſprechen muͤſſen, daß er in Zu- kunfft niemahls wider ihn die Waffen mehr er- greiffen wolte, ob er wohl hernach von ſeinem Lands-Herrn mit Recht gezwungen werden koͤn- ne, wider gethane Zuſage gegen den Feind zu ſtreiten? Einige halten ein ſolches pactum vor null und nichtig, weil es wider die Pflicht waͤre, die man ſeinem Landes-Herrn und dem Va- terlande ſchuldig ſey; Allein nicht alles dasjeni- ge iſt vor nichtig zu achten, was der Pflicht zu- wider laͤufft. Es iſt ein ſolcher durch die Ge- fangenſchafft einmahl in den Stand gerathen, daß er, ſeinem Vaterlande Dienſte zu thun, untuͤchtig worden, und alſo, da es ihn aus der Gefangenſchafft wieder angenommen, ſo glaubt man, daß es ihn mit dem Beding recipiret, da- mit er das dem Feinde gethane Verſprechen halten koͤnne, zumahl wenn er nicht durch Aſſi- ſtenz des Landes-Herrn oder des Landes, ſon- dern etwan durch ſeine eigne Ranzionirung wieder zu ſeiner Freyheit gelanget. Ein anders
aber
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treue Unterthanen von den Landes-Herren bil-
lig mit harter Straffe anzuſehen. Was im
uͤbrigen ein Regent bey den Werbungen vor
Regeln der Klugheit in Acht zu nehmen habe, iſt
in dem Capitel von dem Kriege vorgeſtellet.
§. 3. Hierbey fragt ſichs, wenn einer von
dem Feind gefangen worden, und bey ſeiner
Loßlaſſung verſprechen muͤſſen, daß er in Zu-
kunfft niemahls wider ihn die Waffen mehr er-
greiffen wolte, ob er wohl hernach von ſeinem
Lands-Herrn mit Recht gezwungen werden koͤn-
ne, wider gethane Zuſage gegen den Feind zu
ſtreiten? Einige halten ein ſolches pactum vor
null und nichtig, weil es wider die Pflicht waͤre,
die man ſeinem Landes-Herrn und dem Va-
terlande ſchuldig ſey; Allein nicht alles dasjeni-
ge iſt vor nichtig zu achten, was der Pflicht zu-
wider laͤufft. Es iſt ein ſolcher durch die Ge-
fangenſchafft einmahl in den Stand gerathen,
daß er, ſeinem Vaterlande Dienſte zu thun,
untuͤchtig worden, und alſo, da es ihn aus der
Gefangenſchafft wieder angenommen, ſo glaubt
man, daß es ihn mit dem Beding recipiret, da-
mit er das dem Feinde gethane Verſprechen
halten koͤnne, zumahl wenn er nicht durch Aſſi-
ſtenz des Landes-Herrn oder des Landes, ſon-
dern etwan durch ſeine eigne Ranzionirung
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1375>, abgerufen am 23.11.2024.
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