cke gehet wiederum ein Hauffen ungereimtes Zeug vor. Die meisten Jnnungen haben sol- che altväterische und unbrauchbare Meister- Stücke, die sie, ob sie gleich viel gekostet, den- noch nicht wieder an den Mann bringen kön- nen. Derjenige Meister hat es wohl niemahls vorhero machen gesehen, noch machen helffen, es auch wohl sein Lebetage nicht wieder zu machen, doch muß er die Materialien dazu kauffen und die Zeit darüber zubringen, auch die Schau- Meister dabey verköstigen, und ist am Ende so gut, als wenn er solches Geld zum Fenster hin- aus geworffen. Zwar bey einigen Handwer- cken muß es nicht eben gemacht, sondern nur auf- gerissen, gezeichnet, oder entworffen werden, und wissen es doch die wenigsten Handwercks Mei- ster selbst, welches denn wieder nicht tauget. Bey der Schaue gehet es offt wunderlich zu, es ist auch wohl eingerissen, daß ein ieder Mei- ster sein Meister-Stück gleichsam verbüssen muß, es mag Fehler haben oder nicht, damit es nur keinen Vorwurff unter dem Handwerck gebe, und man seines Schweisses auch mit ge- niesse. An Statt der wunderlichen, ob gleich bißweilen auch gar köstlichen Meister-Stü- cken, solten sie lieber einige Sorten von demjeni- gen, was zwar bey einem ieden Handwerck und Profeßion am schwersten ist, doch aber öffters
vorzu-
cke gehet wiederum ein Hauffen ungereimtes Zeug vor. Die meiſten Jnnungen haben ſol- che altvaͤteriſche und unbrauchbare Meiſter- Stuͤcke, die ſie, ob ſie gleich viel gekoſtet, den- noch nicht wieder an den Mann bringen koͤn- nen. Derjenige Meiſter hat es wohl niemahls vorhero machen geſehen, noch machen helffen, es auch wohl ſein Lebetage nicht wieder zu machen, doch muß er die Materialien dazu kauffen und die Zeit daruͤber zubringen, auch die Schau- Meiſter dabey verkoͤſtigen, und iſt am Ende ſo gut, als wenn er ſolches Geld zum Fenſter hin- aus geworffen. Zwar bey einigen Handwer- cken muß es nicht eben gemacht, ſondern nur auf- geriſſen, gezeichnet, oder entworffen werden, und wiſſen es doch die wenigſten Handwercks Mei- ſter ſelbſt, welches denn wieder nicht tauget. Bey der Schaue gehet es offt wunderlich zu, es iſt auch wohl eingeriſſen, daß ein ieder Mei- ſter ſein Meiſter-Stuͤck gleichſam verbuͤſſen muß, es mag Fehler haben oder nicht, damit es nur keinen Vorwurff unter dem Handwerck gebe, und man ſeines Schweiſſes auch mit ge- nieſſe. An Statt der wunderlichen, ob gleich bißweilen auch gar koͤſtlichen Meiſter-Stuͤ- cken, ſolten ſie lieber einige Sorten von demjeni- gen, was zwar bey einem ieden Handwerck und Profeßion am ſchwerſten iſt, doch aber oͤffters
vorzu-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f1088"n="1068"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw> cke gehet wiederum ein Hauffen ungereimtes<lb/>
Zeug vor. Die meiſten Jnnungen haben ſol-<lb/>
che altvaͤteriſche und unbrauchbare Meiſter-<lb/>
Stuͤcke, die ſie, ob ſie gleich viel gekoſtet, den-<lb/>
noch nicht wieder an den Mann bringen koͤn-<lb/>
nen. Derjenige Meiſter hat es wohl niemahls<lb/>
vorhero machen geſehen, noch machen helffen, es<lb/>
auch wohl ſein Lebetage nicht wieder zu machen,<lb/>
doch muß er die Materialien dazu kauffen und<lb/>
die Zeit daruͤber zubringen, auch die Schau-<lb/>
Meiſter dabey verkoͤſtigen, und iſt am Ende ſo<lb/>
gut, als wenn er ſolches Geld zum Fenſter hin-<lb/>
aus geworffen. Zwar bey einigen Handwer-<lb/>
cken muß es nicht eben gemacht, ſondern nur auf-<lb/>
geriſſen, gezeichnet, oder entworffen werden, und<lb/>
wiſſen es doch die wenigſten Handwercks Mei-<lb/>ſter ſelbſt, welches denn wieder nicht tauget.<lb/>
Bey der Schaue gehet es offt wunderlich zu,<lb/>
es iſt auch wohl eingeriſſen, daß ein ieder Mei-<lb/>ſter ſein Meiſter-Stuͤck gleichſam verbuͤſſen<lb/>
muß, es mag Fehler haben oder nicht, damit es<lb/>
nur keinen Vorwurff unter dem Handwerck<lb/>
gebe, und man ſeines Schweiſſes auch mit ge-<lb/>
nieſſe. An Statt der wunderlichen, ob gleich<lb/>
bißweilen auch gar koͤſtlichen Meiſter-Stuͤ-<lb/>
cken, ſolten ſie lieber einige Sorten von demjeni-<lb/>
gen, was zwar bey einem ieden Handwerck und<lb/>
Profeßion am ſchwerſten iſt, doch aber oͤffters<lb/><fwplace="bottom"type="catch">vorzu-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[1068/1088]
cke gehet wiederum ein Hauffen ungereimtes
Zeug vor. Die meiſten Jnnungen haben ſol-
che altvaͤteriſche und unbrauchbare Meiſter-
Stuͤcke, die ſie, ob ſie gleich viel gekoſtet, den-
noch nicht wieder an den Mann bringen koͤn-
nen. Derjenige Meiſter hat es wohl niemahls
vorhero machen geſehen, noch machen helffen, es
auch wohl ſein Lebetage nicht wieder zu machen,
doch muß er die Materialien dazu kauffen und
die Zeit daruͤber zubringen, auch die Schau-
Meiſter dabey verkoͤſtigen, und iſt am Ende ſo
gut, als wenn er ſolches Geld zum Fenſter hin-
aus geworffen. Zwar bey einigen Handwer-
cken muß es nicht eben gemacht, ſondern nur auf-
geriſſen, gezeichnet, oder entworffen werden, und
wiſſen es doch die wenigſten Handwercks Mei-
ſter ſelbſt, welches denn wieder nicht tauget.
Bey der Schaue gehet es offt wunderlich zu,
es iſt auch wohl eingeriſſen, daß ein ieder Mei-
ſter ſein Meiſter-Stuͤck gleichſam verbuͤſſen
muß, es mag Fehler haben oder nicht, damit es
nur keinen Vorwurff unter dem Handwerck
gebe, und man ſeines Schweiſſes auch mit ge-
nieſſe. An Statt der wunderlichen, ob gleich
bißweilen auch gar koͤſtlichen Meiſter-Stuͤ-
cken, ſolten ſie lieber einige Sorten von demjeni-
gen, was zwar bey einem ieden Handwerck und
Profeßion am ſchwerſten iſt, doch aber oͤffters
vorzu-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1068. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1088>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.