Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

Bild:
<< vorherige Seite



dacht seyn, daß die Handwercks-Meister ihren
Lehr-Jungen das Handwerck oder Kunst treu-
lich und gründlich lernten, und die es nicht thä-
ten, solten aus der Zunfft gestossen werden, in-
dem dem gemeinen Wesen dran gelegen, daß
Handwercks-Verständige, und nicht Stüm-
pler aufferzogen werden. Welche Meister
den Handwerck nicht fleißig oblägen, sondern
mit Müßiggehen und Sauffen die Zeit zu
brächten, solten billich auch mit Straffe angese-
hen werden. Die nicht gute Waaren, und
nicht auf solche Weise, wie es angeordnet, son-
dern gefälscht verfertigten, solten das erstemahl
derselben verlustig seyn, das andere mahl noch
mit härterer Straffe angesehen werden.

§. 18. Bey dem Loßzehlen gehet bey vielen
Handwerckern so viel unchristliches, unver-
nünfftiges, auch Nahrung-verhinderliches We-
sen vor, das nicht zu beschreiben. Der Alt-
Gesell kleidet sich auf eine seltsame Art an, und
nimmt nicht allein allerhand einem Christen un-
anständige Possen für, sondern hält auch einen
närrischen Sermon, und tractiret darbey den-
jenigen, der zum Gesellen gemacht wird, sehr
übel. Bey diesen Solennitäten gehen die Ge-
sellen müßig, die, so zusehen, sind auch müßig, in
dem Hause, da es geschiehet, wird gleichfalls
nicht gearbeitet, und das Volck auf denen

Stras-
X x x 4



dacht ſeyn, daß die Handwercks-Meiſter ihren
Lehr-Jungen das Handwerck oder Kunſt treu-
lich und gruͤndlich lernten, und die es nicht thaͤ-
ten, ſolten aus der Zunfft geſtoſſen werden, in-
dem dem gemeinen Weſen dran gelegen, daß
Handwercks-Verſtaͤndige, und nicht Stuͤm-
pler aufferzogen werden. Welche Meiſter
den Handwerck nicht fleißig oblaͤgen, ſondern
mit Muͤßiggehen und Sauffen die Zeit zu
braͤchten, ſolten billich auch mit Straffe angeſe-
hen werden. Die nicht gute Waaren, und
nicht auf ſolche Weiſe, wie es angeordnet, ſon-
dern gefaͤlſcht verfertigten, ſolten das erſtemahl
derſelben verluſtig ſeyn, das andere mahl noch
mit haͤrterer Straffe angeſehen werden.

§. 18. Bey dem Loßzehlen gehet bey vielen
Handwerckern ſo viel unchriſtliches, unver-
nuͤnfftiges, auch Nahrung-verhinderliches We-
ſen vor, das nicht zu beſchreiben. Der Alt-
Geſell kleidet ſich auf eine ſeltſame Art an, und
nim̃t nicht allein allerhand einem Chriſten un-
anſtaͤndige Poſſen fuͤr, ſondern haͤlt auch einen
naͤrriſchen Sermon, und tractiret darbey den-
jenigen, der zum Geſellen gemacht wird, ſehr
uͤbel. Bey dieſen Solennitaͤten gehen die Ge-
ſellen muͤßig, die, ſo zuſehen, ſind auch muͤßig, in
dem Hauſe, da es geſchiehet, wird gleichfalls
nicht gearbeitet, und das Volck auf denen

Straſ-
X x x 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f1083" n="1063"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> dacht &#x017F;eyn, daß die Handwercks-Mei&#x017F;ter ihren<lb/>
Lehr-Jungen das Handwerck oder Kun&#x017F;t treu-<lb/>
lich und gru&#x0364;ndlich lernten, und die es nicht tha&#x0364;-<lb/>
ten, &#x017F;olten aus der Zunfft ge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en werden, in-<lb/>
dem dem gemeinen We&#x017F;en dran gelegen, daß<lb/>
Handwercks-Ver&#x017F;ta&#x0364;ndige, und nicht Stu&#x0364;m-<lb/>
pler aufferzogen werden. Welche Mei&#x017F;ter<lb/>
den Handwerck nicht fleißig obla&#x0364;gen, &#x017F;ondern<lb/>
mit Mu&#x0364;ßiggehen und Sauffen die Zeit zu<lb/>
bra&#x0364;chten, &#x017F;olten billich auch mit Straffe ange&#x017F;e-<lb/>
hen werden. Die nicht gute Waaren, und<lb/>
nicht auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e, wie es angeordnet, &#x017F;on-<lb/>
dern gefa&#x0364;l&#x017F;cht verfertigten, &#x017F;olten das er&#x017F;temahl<lb/>
der&#x017F;elben verlu&#x017F;tig &#x017F;eyn, das andere mahl noch<lb/>
mit ha&#x0364;rterer Straffe ange&#x017F;ehen werden.</p><lb/>
        <p>§. 18. Bey dem Loßzehlen gehet bey vielen<lb/>
Handwerckern &#x017F;o viel unchri&#x017F;tliches, unver-<lb/>
nu&#x0364;nfftiges, auch Nahrung-verhinderliches We-<lb/>
&#x017F;en vor, das nicht zu be&#x017F;chreiben. Der Alt-<lb/>
Ge&#x017F;ell kleidet &#x017F;ich auf eine &#x017F;elt&#x017F;ame Art an, und<lb/>
nim&#x0303;t nicht allein allerhand einem Chri&#x017F;ten un-<lb/>
an&#x017F;ta&#x0364;ndige Po&#x017F;&#x017F;en fu&#x0364;r, &#x017F;ondern ha&#x0364;lt auch einen<lb/>
na&#x0364;rri&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Sermon,</hi> und <hi rendition="#aq">tracti</hi>ret darbey den-<lb/>
jenigen, der zum Ge&#x017F;ellen gemacht wird, &#x017F;ehr<lb/>
u&#x0364;bel. Bey die&#x017F;en <hi rendition="#aq">Solenni</hi>ta&#x0364;ten gehen die Ge-<lb/>
&#x017F;ellen mu&#x0364;ßig, die, &#x017F;o zu&#x017F;ehen, &#x017F;ind auch mu&#x0364;ßig, in<lb/>
dem Hau&#x017F;e, da es ge&#x017F;chiehet, wird gleichfalls<lb/>
nicht gearbeitet, und das Volck auf denen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X x x 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Stra&#x017F;-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1063/1083] dacht ſeyn, daß die Handwercks-Meiſter ihren Lehr-Jungen das Handwerck oder Kunſt treu- lich und gruͤndlich lernten, und die es nicht thaͤ- ten, ſolten aus der Zunfft geſtoſſen werden, in- dem dem gemeinen Weſen dran gelegen, daß Handwercks-Verſtaͤndige, und nicht Stuͤm- pler aufferzogen werden. Welche Meiſter den Handwerck nicht fleißig oblaͤgen, ſondern mit Muͤßiggehen und Sauffen die Zeit zu braͤchten, ſolten billich auch mit Straffe angeſe- hen werden. Die nicht gute Waaren, und nicht auf ſolche Weiſe, wie es angeordnet, ſon- dern gefaͤlſcht verfertigten, ſolten das erſtemahl derſelben verluſtig ſeyn, das andere mahl noch mit haͤrterer Straffe angeſehen werden. §. 18. Bey dem Loßzehlen gehet bey vielen Handwerckern ſo viel unchriſtliches, unver- nuͤnfftiges, auch Nahrung-verhinderliches We- ſen vor, das nicht zu beſchreiben. Der Alt- Geſell kleidet ſich auf eine ſeltſame Art an, und nim̃t nicht allein allerhand einem Chriſten un- anſtaͤndige Poſſen fuͤr, ſondern haͤlt auch einen naͤrriſchen Sermon, und tractiret darbey den- jenigen, der zum Geſellen gemacht wird, ſehr uͤbel. Bey dieſen Solennitaͤten gehen die Ge- ſellen muͤßig, die, ſo zuſehen, ſind auch muͤßig, in dem Hauſe, da es geſchiehet, wird gleichfalls nicht gearbeitet, und das Volck auf denen Straſ- X x x 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1083
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1063. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1083>, abgerufen am 23.11.2024.