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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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IV. Theil. VIII. Capitul.
Wirth und die Gäste auf einige Zeit den Personen
niedrigen Standes ähnlich scheinen; iedoch muß
auch bey der Tafel einige Harmonie seyn mit dem,
so durch den Wirth und seine Gäste vor dieses mahl
vorgestellt wird. Die Schüsseln und Teller sind
gemeiniglich aus seinen Porcelain, die Aufsätze
der Speisen müssen einigermaßen mit der gemei-
nen Facon übereinkommen, und die Fürstliche
Magnificence wird hier und da durch gemeine
Manieren versteckt. Bißweilen sind einige Hof-
Confituriers so künstlich, daß sie alle Banden des
gantzen Aufzuges recht wohl proportionirt, mit
gehörigen Farben illuminiren, auf gewisse Poste-
menter
stellen/ und solche hernach unter den Con-
situr
en mit anbringen.

§. 15. Bey dergleichen Wirthschaffts-Mahl-
zeiten geben sich bißweilen die höchsten Standes-
Personen Mühe, und zugleich das Plaisir den ma-
squi
rten Gästen bey der Tafel aufzuwarten, um
nach einen und dem andern mit zum Rechten zu
sehen, und die Gäste zugleich zur Frölichkeit auf-
zumuntern. Sie distinguiren auch diejenigen,
vor die sie besondere Gnade haben vor den andern,
und bringen ihnen ein Glaß Wein zu mit einer
obligeanten und gnädigen Anrede. Als anno
1678 Fürst Johann George II. zu Anhalt-Deßau
bey einer Bauer-Verkleidung am Kayserlichen
Hofe zu Wien als ein Holländischer Schiffer
erschienen, standen Jhro Kayserliche Majestät
Leopoldus von der Tafel auf, traten hinter dem

Fürsten

IV. Theil. VIII. Capitul.
Wirth und die Gaͤſte auf einige Zeit den Perſonen
niedrigen Standes aͤhnlich ſcheinen; iedoch muß
auch bey der Tafel einige Harmonie ſeyn mit dem,
ſo durch den Wirth und ſeine Gaͤſte vor dieſes mahl
vorgeſtellt wird. Die Schuͤſſeln und Teller ſind
gemeiniglich aus ſeinen Porcelain, die Aufſaͤtze
der Speiſen muͤſſen einigermaßen mit der gemei-
nen Façon uͤbereinkommen, und die Fuͤrſtliche
Magnificence wird hier und da durch gemeine
Manieren verſteckt. Bißweilen ſind einige Hof-
Confituriers ſo kuͤnſtlich, daß ſie alle Banden des
gantzen Aufzuges recht wohl proportionirt, mit
gehoͤrigen Farben illuminiren, auf gewiſſe Poſte-
menter
ſtellen/ und ſolche hernach unter den Con-
ſitur
en mit anbringen.

§. 15. Bey dergleichen Wirthſchaffts-Mahl-
zeiten geben ſich bißweilen die hoͤchſten Standes-
Perſonen Muͤhe, und zugleich das Plaiſir den ma-
ſqui
rten Gaͤſten bey der Tafel aufzuwarten, um
nach einen und dem andern mit zum Rechten zu
ſehen, und die Gaͤſte zugleich zur Froͤlichkeit auf-
zumuntern. Sie diſtinguiren auch diejenigen,
vor die ſie beſondere Gnade haben vor den andern,
und bringen ihnen ein Glaß Wein zu mit einer
obligeanten und gnaͤdigen Anrede. Als anno
1678 Fuͤrſt Johann George II. zu Anhalt-Deßau
bey einer Bauer-Verkleidung am Kayſerlichen
Hofe zu Wien als ein Hollaͤndiſcher Schiffer
erſchienen, ſtanden Jhro Kayſerliche Majeſtaͤt
Leopoldus von der Tafel auf, traten hinter dem

Fuͤrſten
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[832/0856] IV. Theil. VIII. Capitul. Wirth und die Gaͤſte auf einige Zeit den Perſonen niedrigen Standes aͤhnlich ſcheinen; iedoch muß auch bey der Tafel einige Harmonie ſeyn mit dem, ſo durch den Wirth und ſeine Gaͤſte vor dieſes mahl vorgeſtellt wird. Die Schuͤſſeln und Teller ſind gemeiniglich aus ſeinen Porcelain, die Aufſaͤtze der Speiſen muͤſſen einigermaßen mit der gemei- nen Façon uͤbereinkommen, und die Fuͤrſtliche Magnificence wird hier und da durch gemeine Manieren verſteckt. Bißweilen ſind einige Hof- Confituriers ſo kuͤnſtlich, daß ſie alle Banden des gantzen Aufzuges recht wohl proportionirt, mit gehoͤrigen Farben illuminiren, auf gewiſſe Poſte- menter ſtellen/ und ſolche hernach unter den Con- ſituren mit anbringen. §. 15. Bey dergleichen Wirthſchaffts-Mahl- zeiten geben ſich bißweilen die hoͤchſten Standes- Perſonen Muͤhe, und zugleich das Plaiſir den ma- ſquirten Gaͤſten bey der Tafel aufzuwarten, um nach einen und dem andern mit zum Rechten zu ſehen, und die Gaͤſte zugleich zur Froͤlichkeit auf- zumuntern. Sie diſtinguiren auch diejenigen, vor die ſie beſondere Gnade haben vor den andern, und bringen ihnen ein Glaß Wein zu mit einer obligeanten und gnaͤdigen Anrede. Als anno 1678 Fuͤrſt Johann George II. zu Anhalt-Deßau bey einer Bauer-Verkleidung am Kayſerlichen Hofe zu Wien als ein Hollaͤndiſcher Schiffer erſchienen, ſtanden Jhro Kayſerliche Majeſtaͤt Leopoldus von der Tafel auf, traten hinter dem Fuͤrſten

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 832. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/856>, abgerufen am 23.11.2024.