Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

IV. Theil. III. Capitul.
besondere Ordnungen gesetzt, und sie mit mancher-
ley vorher gantz unbekandt gewesenen Gebräuchen
vermehrt. Sind in einer Sache Gesetze und
Ordnungen nöthig gewesen, so ist es gewiß bey die-
sen ritterlichen Exercitiis, bey denen eine ungeheure
Menge Leute zusammen kommen, die theils durch
das hitzige Geträncke, theils durch brennende Ehr-
Begierde, oder vielmehr Ehr-Geitz und Hoch-
muth, theils durch Rachgierde ihr Müthgen an
ihren Gegnern zu kühlen, ja ich möchte auch wohl
sagen, durch die Liebe vor das Frauenzimmer an-
geflammt worden, und gar leicht zu einer Unord-
nung haben gebracht werden können.

§. 3. Der Ort, wo man vor Zeiten dergleichen
Ritter-Spiele gehalten, muste eine in dem Reich
gelegene Stadt seyn, die zu diesen Ubungen be-
quem, wo Quatier in Menge zu erlangen, wo
Lebens-Mittel wohl zu bekommen, und bey der
die Hin- und Her-Reisen mit Sicherheit anzustel-
len waren. Vor andern Städten in Teutschland
sind wegen der Geschichte der Ritter-Spiele,
Merseburg, Nürnberg, Worms, Straßburg und
Braunschweig bekandt und berühmt worden.

§. 4. Die Kayser und Fürsten in Teutschland
legten bey Anstellung der Turniere mancherley
Endzwecke zum Grund. Sie wolten hiedurch
junge Cavaliers zu den Krieges Metier desto ge-
schickter machen, und in beständigen Exercitio,
auch zu Friedens-Zeiten erhalten, weil dieses in
den damahligen Zeiten die beste Profession war,

sie

IV. Theil. III. Capitul.
beſondere Ordnungen geſetzt, und ſie mit mancher-
ley vorher gantz unbekandt geweſenen Gebraͤuchen
vermehrt. Sind in einer Sache Geſetze und
Ordnungen noͤthig geweſen, ſo iſt es gewiß bey die-
ſen ritterlichen Exercitiis, bey denen eine ungeheure
Menge Leute zuſammen kommen, die theils durch
das hitzige Getraͤncke, theils durch brennende Ehr-
Begierde, oder vielmehr Ehr-Geitz und Hoch-
muth, theils durch Rachgierde ihr Muͤthgen an
ihren Gegnern zu kuͤhlen, ja ich moͤchte auch wohl
ſagen, durch die Liebe vor das Frauenzimmer an-
geflammt worden, und gar leicht zu einer Unord-
nung haben gebracht werden koͤnnen.

§. 3. Der Ort, wo man vor Zeiten dergleichen
Ritter-Spiele gehalten, muſte eine in dem Reich
gelegene Stadt ſeyn, die zu dieſen Ubungen be-
quem, wo Quatier in Menge zu erlangen, wo
Lebens-Mittel wohl zu bekommen, und bey der
die Hin- und Her-Reiſen mit Sicherheit anzuſtel-
len waren. Vor andern Staͤdten in Teutſchland
ſind wegen der Geſchichte der Ritter-Spiele,
Merſeburg, Nuͤrnberg, Worms, Straßburg und
Braunſchweig bekandt und beruͤhmt worden.

§. 4. Die Kayſer und Fuͤrſten in Teutſchland
legten bey Anſtellung der Turniere mancherley
Endzwecke zum Grund. Sie wolten hiedurch
junge Cavaliers zu den Krieges Metier deſto ge-
ſchickter machen, und in beſtaͤndigen Exercitio,
auch zu Friedens-Zeiten erhalten, weil dieſes in
den damahligen Zeiten die beſte Profeſſion war,

ſie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0776" n="752"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Theil. <hi rendition="#aq">III.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
be&#x017F;ondere Ordnungen ge&#x017F;etzt, und &#x017F;ie mit mancher-<lb/>
ley vorher gantz unbekandt gewe&#x017F;enen Gebra&#x0364;uchen<lb/>
vermehrt. Sind in einer Sache Ge&#x017F;etze und<lb/>
Ordnungen no&#x0364;thig gewe&#x017F;en, &#x017F;o i&#x017F;t es gewiß bey die-<lb/>
&#x017F;en ritterlichen <hi rendition="#aq">Exercitiis,</hi> bey denen eine ungeheure<lb/>
Menge Leute zu&#x017F;ammen kommen, die theils durch<lb/>
das hitzige Getra&#x0364;ncke, theils durch brennende Ehr-<lb/>
Begierde, oder vielmehr Ehr-Geitz und Hoch-<lb/>
muth, theils durch Rachgierde ihr Mu&#x0364;thgen an<lb/>
ihren Gegnern zu ku&#x0364;hlen, ja ich mo&#x0364;chte auch wohl<lb/>
&#x017F;agen, durch die Liebe vor das Frauenzimmer an-<lb/>
geflammt worden, und gar leicht zu einer Unord-<lb/>
nung haben gebracht werden ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
          <p>§. 3. Der Ort, wo man vor Zeiten dergleichen<lb/>
Ritter-Spiele gehalten, mu&#x017F;te eine in dem Reich<lb/>
gelegene Stadt &#x017F;eyn, die zu die&#x017F;en Ubungen be-<lb/>
quem, wo <hi rendition="#aq">Quatier</hi> in Menge zu erlangen, wo<lb/>
Lebens-Mittel wohl zu bekommen, und bey der<lb/>
die Hin- und Her-Rei&#x017F;en mit Sicherheit anzu&#x017F;tel-<lb/>
len waren. Vor andern Sta&#x0364;dten in Teut&#x017F;chland<lb/>
&#x017F;ind wegen der Ge&#x017F;chichte der Ritter-Spiele,<lb/>
Mer&#x017F;eburg, Nu&#x0364;rnberg, Worms, Straßburg und<lb/>
Braun&#x017F;chweig bekandt und beru&#x0364;hmt worden.</p><lb/>
          <p>§. 4. Die Kay&#x017F;er und Fu&#x0364;r&#x017F;ten in Teut&#x017F;chland<lb/>
legten bey An&#x017F;tellung der Turniere mancherley<lb/>
Endzwecke zum Grund. Sie wolten hiedurch<lb/>
junge <hi rendition="#aq">Cavaliers</hi> zu den Krieges <hi rendition="#aq">Metier</hi> de&#x017F;to ge-<lb/>
&#x017F;chickter machen, und in be&#x017F;ta&#x0364;ndigen <hi rendition="#aq">Exercitio,</hi><lb/>
auch zu Friedens-Zeiten erhalten, weil die&#x017F;es in<lb/>
den damahligen Zeiten die be&#x017F;te <hi rendition="#aq">Profe&#x017F;&#x017F;ion</hi> war,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ie</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[752/0776] IV. Theil. III. Capitul. beſondere Ordnungen geſetzt, und ſie mit mancher- ley vorher gantz unbekandt geweſenen Gebraͤuchen vermehrt. Sind in einer Sache Geſetze und Ordnungen noͤthig geweſen, ſo iſt es gewiß bey die- ſen ritterlichen Exercitiis, bey denen eine ungeheure Menge Leute zuſammen kommen, die theils durch das hitzige Getraͤncke, theils durch brennende Ehr- Begierde, oder vielmehr Ehr-Geitz und Hoch- muth, theils durch Rachgierde ihr Muͤthgen an ihren Gegnern zu kuͤhlen, ja ich moͤchte auch wohl ſagen, durch die Liebe vor das Frauenzimmer an- geflammt worden, und gar leicht zu einer Unord- nung haben gebracht werden koͤnnen. §. 3. Der Ort, wo man vor Zeiten dergleichen Ritter-Spiele gehalten, muſte eine in dem Reich gelegene Stadt ſeyn, die zu dieſen Ubungen be- quem, wo Quatier in Menge zu erlangen, wo Lebens-Mittel wohl zu bekommen, und bey der die Hin- und Her-Reiſen mit Sicherheit anzuſtel- len waren. Vor andern Staͤdten in Teutſchland ſind wegen der Geſchichte der Ritter-Spiele, Merſeburg, Nuͤrnberg, Worms, Straßburg und Braunſchweig bekandt und beruͤhmt worden. §. 4. Die Kayſer und Fuͤrſten in Teutſchland legten bey Anſtellung der Turniere mancherley Endzwecke zum Grund. Sie wolten hiedurch junge Cavaliers zu den Krieges Metier deſto ge- ſchickter machen, und in beſtaͤndigen Exercitio, auch zu Friedens-Zeiten erhalten, weil dieſes in den damahligen Zeiten die beſte Profeſſion war, ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/776
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 752. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/776>, abgerufen am 22.11.2024.