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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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III. Theil. X. Capitul.
manchen Regenten, dem seine schmeichlerischen Un-
terthanen den Nahmen des Großen beygelegt, vor
nichts als vor einen grossen Tyrannen und berühm-
ten Räuber ansehen.

§. 3. Wo die Liebe bey der Regierung der gros-
sen Herren nicht das Steuer-Ruder führet, da
kommen alle Handlungen der Unterthanen, die sie
bey gewissen öffentlichen Landes-Solennitäten par
Ceremonie
vornehmen, und dadurch sie ihre De-
votion
erzeigen sollen und wollen, sehr gezwungen
und kaltsinnig heraus. Hier muß alles anbefoh-
len werden auf was vor Art sie die Herrschafft be-
ehren und ihre Liebe an Tag legen sollen, weil sonst
vieles nachbleiben würde. Es geschicht auch wohl,
daß sie auf die wiederhohlten Ordren und Befehle
ihre Vorstellungen thun, wie es unmöglich sey, die-
ses oder jenes zu thun, und bitten, daß sie mit die-
sem oder jenem Ansinnen möchten verschonet wer-
den. Es ist lächerlich, wenn man in den Geschich-
ten bißweilen lieset, daß den Unterthanen anbefoh-
len worden, wie sie bey dieser oder jener Gelegen-
heit das Vivat mit heller Stimme ausruffen, oder
ein freywillig Praesent ihrer Herrschafft überbrin-
gen sollen, und sie sich doch noch wohl bey beyden
Fällen schwürig erzeiget.

§. 4. Devote Unterthanen thun aus einem eige-
nen und freywilligen Triebe mehr, als von ihnen
könte gefordert werden. Kommen ihre Landes-
Fürsten in ihre Städte, so übergeben deren Ein-
wohner nicht allein, dem Ceremoniel nach, die

Schlüssel

III. Theil. X. Capitul.
manchen Regenten, dem ſeine ſchmeichleriſchen Un-
terthanen den Nahmen des Großen beygelegt, vor
nichts als vor einen groſſen Tyrannen und beruͤhm-
ten Raͤuber anſehen.

§. 3. Wo die Liebe bey der Regierung der groſ-
ſen Herren nicht das Steuer-Ruder fuͤhret, da
kommen alle Handlungen der Unterthanen, die ſie
bey gewiſſen oͤffentlichen Landes-Solennitaͤten par
Ceremonie
vornehmen, und dadurch ſie ihre De-
votion
erzeigen ſollen und wollen, ſehr gezwungen
und kaltſinnig heraus. Hier muß alles anbefoh-
len werden auf was vor Art ſie die Herrſchafft be-
ehren und ihre Liebe an Tag legen ſollen, weil ſonſt
vieles nachbleiben wuͤrde. Es geſchicht auch wohl,
daß ſie auf die wiederhohlten Ordren und Befehle
ihre Vorſtellungen thun, wie es unmoͤglich ſey, die-
ſes oder jenes zu thun, und bitten, daß ſie mit die-
ſem oder jenem Anſinnen moͤchten verſchonet wer-
den. Es iſt laͤcherlich, wenn man in den Geſchich-
ten bißweilen lieſet, daß den Unterthanen anbefoh-
len worden, wie ſie bey dieſer oder jener Gelegen-
heit das Vivat mit heller Stimme ausruffen, oder
ein freywillig Præſent ihrer Herrſchafft uͤberbrin-
gen ſollen, und ſie ſich doch noch wohl bey beyden
Faͤllen ſchwuͤrig erzeiget.

§. 4. Devote Unterthanen thun aus einem eige-
nen und freywilligen Triebe mehr, als von ihnen
koͤnte gefordert werden. Kommen ihre Landes-
Fuͤrſten in ihre Staͤdte, ſo uͤbergeben deren Ein-
wohner nicht allein, dem Ceremoniel nach, die

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[726/0750] III. Theil. X. Capitul. manchen Regenten, dem ſeine ſchmeichleriſchen Un- terthanen den Nahmen des Großen beygelegt, vor nichts als vor einen groſſen Tyrannen und beruͤhm- ten Raͤuber anſehen. §. 3. Wo die Liebe bey der Regierung der groſ- ſen Herren nicht das Steuer-Ruder fuͤhret, da kommen alle Handlungen der Unterthanen, die ſie bey gewiſſen oͤffentlichen Landes-Solennitaͤten par Ceremonie vornehmen, und dadurch ſie ihre De- votion erzeigen ſollen und wollen, ſehr gezwungen und kaltſinnig heraus. Hier muß alles anbefoh- len werden auf was vor Art ſie die Herrſchafft be- ehren und ihre Liebe an Tag legen ſollen, weil ſonſt vieles nachbleiben wuͤrde. Es geſchicht auch wohl, daß ſie auf die wiederhohlten Ordren und Befehle ihre Vorſtellungen thun, wie es unmoͤglich ſey, die- ſes oder jenes zu thun, und bitten, daß ſie mit die- ſem oder jenem Anſinnen moͤchten verſchonet wer- den. Es iſt laͤcherlich, wenn man in den Geſchich- ten bißweilen lieſet, daß den Unterthanen anbefoh- len worden, wie ſie bey dieſer oder jener Gelegen- heit das Vivat mit heller Stimme ausruffen, oder ein freywillig Præſent ihrer Herrſchafft uͤberbrin- gen ſollen, und ſie ſich doch noch wohl bey beyden Faͤllen ſchwuͤrig erzeiget. §. 4. Devote Unterthanen thun aus einem eige- nen und freywilligen Triebe mehr, als von ihnen koͤnte gefordert werden. Kommen ihre Landes- Fuͤrſten in ihre Staͤdte, ſo uͤbergeben deren Ein- wohner nicht allein, dem Ceremoniel nach, die Schluͤſſel

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 726. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/750>, abgerufen am 22.11.2024.