nach dem letzten Reichs-Tage vorgefallen, und wie des Vaterlandes Zustand beschaffen seyn möchte. So hätten auch die Stände nachzufra- gen, wie die Reichs-Räthe ihre Rathschläge ge- fast, zu Jhro Majestät guten Vergnügung, des Reichs Wohlseyn, der Verbesserung ihrer selbst, und zu ihrer wahren Ehre und beständigen Ruhm.
§. 5. Die convocirten Reichs-Stände pfle- gen denn den Tag und die Zeit, wenn ihnen solch Ausschreiben zukommt, accurat aufzuzeichnen, und dann nach Gelegenheit selbst in Person oder durch einen Gevollmächtigten zu erscheinen. Werden sie durch etwas verhindert so führen sie die Ursa- chen an, die sie von der persönlichen Erscheinung zurück halten. Jn Pohlen stellen sich die meisten von Adel, welche Mittel haben, sich prächtig aufzu- führen, mit Weib und Kindern ein, zu keinem an- dern Ende, als daß sie andere wollen sehen, und sich auch selbst sehen lassen. Hauteville macht in sei- ner Beschreibung des Königreichs Pohlen eine ar- tige Anmerckung über die Pohlnischen Reichs- Täge, er sagt: Die Pohlen wendeten mehr Zeit auf schmausen und banquetiren, als auf die Ange- legenheit des Staats, sie dächten niemahls eher an die Ursachen, um welcher willen sie zusammen gekommen, als biß sie kein Geld mehr hätten, da- vor sie hungarischen Wein kauffen könten. Doch dieses hat nicht allein in Pohlen statt, sondern auch an andern Orten, es könte hier und da bey derglei-
chen
Von den Reichs- und Land-Taͤgen.
nach dem letzten Reichs-Tage vorgefallen, und wie des Vaterlandes Zuſtand beſchaffen ſeyn moͤchte. So haͤtten auch die Staͤnde nachzufra- gen, wie die Reichs-Raͤthe ihre Rathſchlaͤge ge- faſt, zu Jhro Majeſtaͤt guten Vergnuͤgung, des Reichs Wohlſeyn, der Verbeſſerung ihrer ſelbſt, und zu ihrer wahren Ehre und beſtaͤndigen Ruhm.
§. 5. Die convocirten Reichs-Staͤnde pfle- gen denn den Tag und die Zeit, wenn ihnen ſolch Ausſchreiben zukommt, accurat aufzuzeichnen, und dann nach Gelegenheit ſelbſt in Perſon oder durch einen Gevollmaͤchtigten zu erſcheinen. Werden ſie durch etwas verhindert ſo fuͤhren ſie die Urſa- chen an, die ſie von der perſoͤnlichen Erſcheinung zuruͤck halten. Jn Pohlen ſtellen ſich die meiſten von Adel, welche Mittel haben, ſich praͤchtig aufzu- fuͤhren, mit Weib und Kindern ein, zu keinem an- dern Ende, als daß ſie andere wollen ſehen, und ſich auch ſelbſt ſehen laſſen. Hauteville macht in ſei- ner Beſchreibung des Koͤnigreichs Pohlen eine ar- tige Anmerckung uͤber die Pohlniſchen Reichs- Taͤge, er ſagt: Die Pohlen wendeten mehr Zeit auf ſchmauſen und banquetiren, als auf die Ange- legenheit des Staats, ſie daͤchten niemahls eher an die Urſachen, um welcher willen ſie zuſammen gekommen, als biß ſie kein Geld mehr haͤtten, da- vor ſie hungariſchen Wein kauffen koͤnten. Doch dieſes hat nicht allein in Pohlen ſtatt, ſondern auch an andern Orten, es koͤnte hier und da bey derglei-
chen
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Von den Reichs- und Land-Taͤgen.
nach dem letzten Reichs-Tage vorgefallen, und
wie des Vaterlandes Zuſtand beſchaffen ſeyn
moͤchte. So haͤtten auch die Staͤnde nachzufra-
gen, wie die Reichs-Raͤthe ihre Rathſchlaͤge ge-
faſt, zu Jhro Majeſtaͤt guten Vergnuͤgung, des
Reichs Wohlſeyn, der Verbeſſerung ihrer ſelbſt,
und zu ihrer wahren Ehre und beſtaͤndigen
Ruhm.
§. 5. Die convocirten Reichs-Staͤnde pfle-
gen denn den Tag und die Zeit, wenn ihnen ſolch
Ausſchreiben zukommt, accurat aufzuzeichnen, und
dann nach Gelegenheit ſelbſt in Perſon oder durch
einen Gevollmaͤchtigten zu erſcheinen. Werden
ſie durch etwas verhindert ſo fuͤhren ſie die Urſa-
chen an, die ſie von der perſoͤnlichen Erſcheinung
zuruͤck halten. Jn Pohlen ſtellen ſich die meiſten
von Adel, welche Mittel haben, ſich praͤchtig aufzu-
fuͤhren, mit Weib und Kindern ein, zu keinem an-
dern Ende, als daß ſie andere wollen ſehen, und ſich
auch ſelbſt ſehen laſſen. Hauteville macht in ſei-
ner Beſchreibung des Koͤnigreichs Pohlen eine ar-
tige Anmerckung uͤber die Pohlniſchen Reichs-
Taͤge, er ſagt: Die Pohlen wendeten mehr Zeit
auf ſchmauſen und banquetiren, als auf die Ange-
legenheit des Staats, ſie daͤchten niemahls eher
an die Urſachen, um welcher willen ſie zuſammen
gekommen, als biß ſie kein Geld mehr haͤtten, da-
vor ſie hungariſchen Wein kauffen koͤnten. Doch
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 685. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/709>, abgerufen am 22.11.2024.
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