Kirchen zugleich mit öffentliche Kirchen, welche nicht allein von der Hof-Gemeinde, sondern auch von der Stadt-Gemeinde mit besucht werden; an andern findet man nur kleine Schloß-Capellen, die bloß vor den Gottesdienst der Durchlauchtigsten Herrschafft und der Hofstatt gewidmet sind. Zu- weilen muß der Priester in der Stadt zugleich mit bey Hofe predigen; an vielen Höfen aber ist ein eigener Hof- und Schloß-Prediger bestellt, der gar offters in einem ansehnlichen Range steht, und an einigen Orten über die Fürstlichen Cammer-Jun- cker placirt wird. An grossen Höfen findet man zwey biß drey Hof-Prediger, und über diese noch einen besondern Ober-Hof-Prediger.
§. 11. Wo GOtt und sein Wort geliebt und hochgehalten wird, so pflegen nicht allein die Fürst- lichen Personen selbst der Predigt des Sonn- und Fest-Tages Vormittags und Nachmittags mit beyzuwohnen, sondern auch die Wochen-Predig- ten und Bethstunden mit zu besuchen, und genau Achtung zu geben, daß kein eintziger von ihren Be- dienten, zumahl von Cavalieren, ohne erhebliche Ursache aus der Kirche bleiben möge.
§. 12. Wie löblich ist es doch, wenn man in ei- nigen alten und neuen Fürstlichen Hof-Ordnun- gen findet, daß, so bald des Sommers und Win- ters in die Kirche eingeläutet wird, der Hof- oder Hauß-Marschall samt den Cavaliers, Pagen, La- queyen und andern Hof-Gesinde, sich vor dem Fürstlichen Gemach einfinden, und mit in die Kir-
che
I. Theil. V. Capitul.
Kirchen zugleich mit oͤffentliche Kirchen, welche nicht allein von der Hof-Gemeinde, ſondern auch von der Stadt-Gemeinde mit beſucht werden; an andern findet man nur kleine Schloß-Capellen, die bloß vor den Gottesdienſt der Durchlauchtigſten Herrſchafft und der Hofſtatt gewidmet ſind. Zu- weilen muß der Prieſter in der Stadt zugleich mit bey Hofe predigen; an vielen Hoͤfen aber iſt ein eigener Hof- und Schloß-Prediger beſtellt, der gar offters in einem anſehnlichen Range ſteht, und an einigen Orten uͤber die Fuͤrſtlichen Cammer-Jun- cker placirt wird. An groſſen Hoͤfen findet man zwey biß drey Hof-Prediger, und uͤber dieſe noch einen beſondern Ober-Hof-Prediger.
§. 11. Wo GOtt und ſein Wort geliebt und hochgehalten wird, ſo pflegen nicht allein die Fuͤrſt- lichen Perſonen ſelbſt der Predigt des Sonn- und Feſt-Tages Vormittags und Nachmittags mit beyzuwohnen, ſondern auch die Wochen-Predig- ten und Bethſtunden mit zu beſuchen, und genau Achtung zu geben, daß kein eintziger von ihren Be- dienten, zumahl von Cavalieren, ohne erhebliche Urſache aus der Kirche bleiben moͤge.
§. 12. Wie loͤblich iſt es doch, wenn man in ei- nigen alten und neuen Fuͤrſtlichen Hof-Ordnun- gen findet, daß, ſo bald des Sommers und Win- ters in die Kirche eingelaͤutet wird, der Hof- oder Hauß-Marſchall ſamt den Cavaliers, Pagen, La- queyen und andern Hof-Geſinde, ſich vor dem Fuͤrſtlichen Gemach einfinden, und mit in die Kir-
che
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0070"n="46"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">I.</hi> Theil. <hirendition="#aq">V.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
Kirchen zugleich mit oͤffentliche Kirchen, welche<lb/>
nicht allein von der Hof-Gemeinde, ſondern auch<lb/>
von der Stadt-Gemeinde mit beſucht werden; an<lb/>
andern findet man nur kleine Schloß-Capellen, die<lb/>
bloß vor den Gottesdienſt der Durchlauchtigſten<lb/>
Herrſchafft und der Hofſtatt gewidmet ſind. Zu-<lb/>
weilen muß der Prieſter in der Stadt zugleich mit<lb/>
bey Hofe predigen; an vielen Hoͤfen aber iſt ein<lb/>
eigener Hof- und Schloß-Prediger beſtellt, der gar<lb/>
offters in einem anſehnlichen Range ſteht, und an<lb/>
einigen Orten uͤber die Fuͤrſtlichen Cammer-Jun-<lb/>
cker <hirendition="#aq">placi</hi>rt wird. An groſſen Hoͤfen findet man<lb/>
zwey biß drey Hof-Prediger, und uͤber dieſe noch<lb/>
einen beſondern Ober-Hof-Prediger.</p><lb/><p>§. 11. Wo GOtt und ſein Wort geliebt und<lb/>
hochgehalten wird, ſo pflegen nicht allein die Fuͤrſt-<lb/>
lichen Perſonen ſelbſt der Predigt des Sonn- und<lb/>
Feſt-Tages Vormittags und Nachmittags mit<lb/>
beyzuwohnen, ſondern auch die Wochen-Predig-<lb/>
ten und Bethſtunden mit zu beſuchen, und genau<lb/>
Achtung zu geben, daß kein eintziger von ihren Be-<lb/>
dienten, zumahl von <hirendition="#aq">Cavalier</hi>en, ohne erhebliche<lb/>
Urſache aus der Kirche bleiben moͤge.</p><lb/><p>§. 12. Wie loͤblich iſt es doch, wenn man in ei-<lb/>
nigen alten und neuen Fuͤrſtlichen Hof-Ordnun-<lb/>
gen findet, daß, ſo bald des Sommers und Win-<lb/>
ters in die Kirche eingelaͤutet wird, der Hof- oder<lb/>
Hauß-Marſchall ſamt den <hirendition="#aq">Cavaliers, Pagen, La-<lb/>
queyen</hi> und andern Hof-Geſinde, ſich vor dem<lb/>
Fuͤrſtlichen Gemach einfinden, und mit in die Kir-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">che</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[46/0070]
I. Theil. V. Capitul.
Kirchen zugleich mit oͤffentliche Kirchen, welche
nicht allein von der Hof-Gemeinde, ſondern auch
von der Stadt-Gemeinde mit beſucht werden; an
andern findet man nur kleine Schloß-Capellen, die
bloß vor den Gottesdienſt der Durchlauchtigſten
Herrſchafft und der Hofſtatt gewidmet ſind. Zu-
weilen muß der Prieſter in der Stadt zugleich mit
bey Hofe predigen; an vielen Hoͤfen aber iſt ein
eigener Hof- und Schloß-Prediger beſtellt, der gar
offters in einem anſehnlichen Range ſteht, und an
einigen Orten uͤber die Fuͤrſtlichen Cammer-Jun-
cker placirt wird. An groſſen Hoͤfen findet man
zwey biß drey Hof-Prediger, und uͤber dieſe noch
einen beſondern Ober-Hof-Prediger.
§. 11. Wo GOtt und ſein Wort geliebt und
hochgehalten wird, ſo pflegen nicht allein die Fuͤrſt-
lichen Perſonen ſelbſt der Predigt des Sonn- und
Feſt-Tages Vormittags und Nachmittags mit
beyzuwohnen, ſondern auch die Wochen-Predig-
ten und Bethſtunden mit zu beſuchen, und genau
Achtung zu geben, daß kein eintziger von ihren Be-
dienten, zumahl von Cavalieren, ohne erhebliche
Urſache aus der Kirche bleiben moͤge.
§. 12. Wie loͤblich iſt es doch, wenn man in ei-
nigen alten und neuen Fuͤrſtlichen Hof-Ordnun-
gen findet, daß, ſo bald des Sommers und Win-
ters in die Kirche eingelaͤutet wird, der Hof- oder
Hauß-Marſchall ſamt den Cavaliers, Pagen, La-
queyen und andern Hof-Geſinde, ſich vor dem
Fuͤrſtlichen Gemach einfinden, und mit in die Kir-
che
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/70>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.