res trugen ihr das Schwerdt und den gildenen Schlüssel vor. Sie satzte sich auf den Thron, und ihr Nachfolger Printz Carl Gustav nicht weit von ihr.
§. 67. Nachdem nun das Abdanckungs-Instru- ment abgelesen, ließ sie sich ihres Königlichen Or- nats nach und nach entkleiden, der Reichs-Cantzler nahm ihr den Reichs-Apffel, der Reichs-Admiral den Scepter, und der Reichs-Trost die Crone, die drey Aufwärter zogen ihr den Rock aus, welchen die Hof-Leute in tausend Stücken zurissen, weil ein iedweder etwas davon haben wolte. Wie sie gantz entkleidet, stund sie in blossen Haaren, in weissen silbernen Tobin, hielt eine bewegliche Rede an die Stände, zehlte sie von ihren Gehorsam loß, und verwieß sie an den Printzen. Der Schluß ihrer Valet-Rede war folgender: Jhr wisset dieses wohl, und ohne Zweiffel werdet ihrs glauben, es bestehe die allergröste Bezeugung und Bestätigung meines Willens darinnen, wenn ich sage, daß ich zu allen Zeiten eine Christina seyn und bleiben werde.
§. 68. Hierauf hielt wieder einer von den Reichs-Ständen eine sehr bewegliche Gegen- Rede, beklagte die vor sie betrübte Entschliessung der Königin, danckte vor ihre Regierung, und vor die neu-getroffene gute Wahl. Sie stieg vom Thron herunter, ließ die vornehmsten von den vier Ständen zum Valet, zum Hand-Kuß, redete den Printzen mit einer wohlgesetzten Rede an, gra- tulirte ihm zur Crone, und empfohl ihm das Wohl
der
III. Theil. VI. Capitul.
res trugen ihr das Schwerdt und den gildenen Schluͤſſel vor. Sie ſatzte ſich auf den Thron, und ihr Nachfolger Printz Carl Guſtav nicht weit von ihr.
§. 67. Nachdem nun das Abdanckungs-Inſtru- ment abgeleſen, ließ ſie ſich ihres Koͤniglichen Or- nats nach und nach entkleiden, der Reichs-Cantzler nahm ihr den Reichs-Apffel, der Reichs-Admiral den Scepter, und der Reichs-Troſt die Crone, die drey Aufwaͤrter zogen ihr den Rock aus, welchen die Hof-Leute in tauſend Stuͤcken zuriſſen, weil ein iedweder etwas davon haben wolte. Wie ſie gantz entkleidet, ſtund ſie in bloſſen Haaren, in weiſſen ſilbernen Tobin, hielt eine bewegliche Rede an die Staͤnde, zehlte ſie von ihren Gehorſam loß, und verwieß ſie an den Printzen. Der Schluß ihrer Valet-Rede war folgender: Jhr wiſſet dieſes wohl, und ohne Zweiffel werdet ihrs glauben, es beſtehe die allergroͤſte Bezeugung und Beſtaͤtigung meines Willens darinnen, wenn ich ſage, daß ich zu allen Zeiten eine Chriſtina ſeyn und bleiben werde.
§. 68. Hierauf hielt wieder einer von den Reichs-Staͤnden eine ſehr bewegliche Gegen- Rede, beklagte die vor ſie betruͤbte Entſchlieſſung der Koͤnigin, danckte vor ihre Regierung, und vor die neu-getroffene gute Wahl. Sie ſtieg vom Thron herunter, ließ die vornehmſten von den vier Staͤnden zum Valet, zum Hand-Kuß, redete den Printzen mit einer wohlgeſetzten Rede an, gra- tulirte ihm zur Crone, und empfohl ihm das Wohl
der
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III. Theil. VI. Capitul.
res trugen ihr das Schwerdt und den gildenen
Schluͤſſel vor. Sie ſatzte ſich auf den Thron, und
ihr Nachfolger Printz Carl Guſtav nicht weit von
ihr.
§. 67. Nachdem nun das Abdanckungs-Inſtru-
ment abgeleſen, ließ ſie ſich ihres Koͤniglichen Or-
nats nach und nach entkleiden, der Reichs-Cantzler
nahm ihr den Reichs-Apffel, der Reichs-Admiral
den Scepter, und der Reichs-Troſt die Crone, die
drey Aufwaͤrter zogen ihr den Rock aus, welchen
die Hof-Leute in tauſend Stuͤcken zuriſſen, weil ein
iedweder etwas davon haben wolte. Wie ſie gantz
entkleidet, ſtund ſie in bloſſen Haaren, in weiſſen
ſilbernen Tobin, hielt eine bewegliche Rede an die
Staͤnde, zehlte ſie von ihren Gehorſam loß, und
verwieß ſie an den Printzen. Der Schluß ihrer
Valet-Rede war folgender: Jhr wiſſet dieſes wohl,
und ohne Zweiffel werdet ihrs glauben, es beſtehe
die allergroͤſte Bezeugung und Beſtaͤtigung meines
Willens darinnen, wenn ich ſage, daß ich zu allen
Zeiten eine Chriſtina ſeyn und bleiben werde.
§. 68. Hierauf hielt wieder einer von den
Reichs-Staͤnden eine ſehr bewegliche Gegen-
Rede, beklagte die vor ſie betruͤbte Entſchlieſſung
der Koͤnigin, danckte vor ihre Regierung, und vor
die neu-getroffene gute Wahl. Sie ſtieg vom
Thron herunter, ließ die vornehmſten von den vier
Staͤnden zum Valet, zum Hand-Kuß, redete
den Printzen mit einer wohlgeſetzten Rede an, gra-
tulirte ihm zur Crone, und empfohl ihm das Wohl
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 656. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/680>, abgerufen am 22.11.2024.
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