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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von dem Fürstl. Successions-Wesen.
gen worden; Mit der Zeit wurde das Recht des
Geblüthes zwar stärcker, und fast als ein Vorrecht
eines gewissen Stammes angesehen, doch gleich-
wohl noch unter dem Schein einiger freyen Wahl,
welches endlich nun gantz und gar dahinaus gedie-
hen, daß zwar ein Geblüths-Erbe noch hat mögen
übergangen werden, aber anders nicht, als wenn
an demselben ein Mangel erfunden worden, so dem
Reich, nach Gebühr und Nothwendigkeit der Zei-
ten vorzustehen, hinderlich gewesen. Solch Wahl-
Recht ist suffragium negativum genennet worden,
da nehmlich das Volck von dem Cron-Folger ur-
theilen können, ob er der Reichs-Bürde fähig, und
auf das Gegentheil ihm die Cron-Folge zu versa-
gen. Es sind auch Zeiten gewesen, da bey den al-
ten Völckern nach der Zahl Königlicher männlicher
Kinder das Reich in eben so viel Stücke und Kö-
nigreiche zutheilet, bißweilen auch die Bastarte da-
von nicht ausgeschlossen worden. Manche wol-
ten besondere Arten der Cron-Folgen einführen,
daß nemlich die jüngern Söhne zwar mit gewissen
Theilen des Reichs unter Königlichen Nahmen
und gewissen Bedingungen versehen werden, der
älteste aber das beste behalten, und auf gewisse
Maße der andern Ober-Herr seyn solte.

§. 2. Die Successions-Ordnungen werden nach
den Fundamental-Gesetzen des Reiches und Lan-
des entschieden. Gleichwie an Feststellung einer
unveränderten Erbfolge gar viel gelegen, also ist
höchst nöthig, daß, um allen Mißverstand und in-

nerliche

Von dem Fuͤrſtl. Succeſſions-Weſen.
gen worden; Mit der Zeit wurde das Recht des
Gebluͤthes zwar ſtaͤrcker, und faſt als ein Vorrecht
eines gewiſſen Stammes angeſehen, doch gleich-
wohl noch unter dem Schein einiger freyen Wahl,
welches endlich nun gantz und gar dahinaus gedie-
hen, daß zwar ein Gebluͤths-Erbe noch hat moͤgen
uͤbergangen werden, aber anders nicht, als wenn
an demſelben ein Mangel erfunden worden, ſo dem
Reich, nach Gebuͤhr und Nothwendigkeit der Zei-
ten vorzuſtehen, hinderlich geweſen. Solch Wahl-
Recht iſt ſuffragium negativum genennet worden,
da nehmlich das Volck von dem Cron-Folger ur-
theilen koͤnnen, ob er der Reichs-Buͤrde faͤhig, und
auf das Gegentheil ihm die Cron-Folge zu verſa-
gen. Es ſind auch Zeiten geweſen, da bey den al-
ten Voͤlckern nach der Zahl Koͤniglicher maͤnnlicher
Kinder das Reich in eben ſo viel Stuͤcke und Koͤ-
nigreiche zutheilet, bißweilen auch die Baſtarte da-
von nicht ausgeſchloſſen worden. Manche wol-
ten beſondere Arten der Cron-Folgen einfuͤhren,
daß nemlich die juͤngern Soͤhne zwar mit gewiſſen
Theilen des Reichs unter Koͤniglichen Nahmen
und gewiſſen Bedingungen verſehen werden, der
aͤlteſte aber das beſte behalten, und auf gewiſſe
Maße der andern Ober-Herr ſeyn ſolte.

§. 2. Die Succeſſions-Ordnungen werden nach
den Fundamental-Geſetzen des Reiches und Lan-
des entſchieden. Gleichwie an Feſtſtellung einer
unveraͤnderten Erbfolge gar viel gelegen, alſo iſt
hoͤchſt noͤthig, daß, um allen Mißverſtand und in-

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[559/0583] Von dem Fuͤrſtl. Succeſſions-Weſen. gen worden; Mit der Zeit wurde das Recht des Gebluͤthes zwar ſtaͤrcker, und faſt als ein Vorrecht eines gewiſſen Stammes angeſehen, doch gleich- wohl noch unter dem Schein einiger freyen Wahl, welches endlich nun gantz und gar dahinaus gedie- hen, daß zwar ein Gebluͤths-Erbe noch hat moͤgen uͤbergangen werden, aber anders nicht, als wenn an demſelben ein Mangel erfunden worden, ſo dem Reich, nach Gebuͤhr und Nothwendigkeit der Zei- ten vorzuſtehen, hinderlich geweſen. Solch Wahl- Recht iſt ſuffragium negativum genennet worden, da nehmlich das Volck von dem Cron-Folger ur- theilen koͤnnen, ob er der Reichs-Buͤrde faͤhig, und auf das Gegentheil ihm die Cron-Folge zu verſa- gen. Es ſind auch Zeiten geweſen, da bey den al- ten Voͤlckern nach der Zahl Koͤniglicher maͤnnlicher Kinder das Reich in eben ſo viel Stuͤcke und Koͤ- nigreiche zutheilet, bißweilen auch die Baſtarte da- von nicht ausgeſchloſſen worden. Manche wol- ten beſondere Arten der Cron-Folgen einfuͤhren, daß nemlich die juͤngern Soͤhne zwar mit gewiſſen Theilen des Reichs unter Koͤniglichen Nahmen und gewiſſen Bedingungen verſehen werden, der aͤlteſte aber das beſte behalten, und auf gewiſſe Maße der andern Ober-Herr ſeyn ſolte. §. 2. Die Succeſſions-Ordnungen werden nach den Fundamental-Geſetzen des Reiches und Lan- des entſchieden. Gleichwie an Feſtſtellung einer unveraͤnderten Erbfolge gar viel gelegen, alſo iſt hoͤchſt noͤthig, daß, um allen Mißverſtand und in- nerliche

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/583>, abgerufen am 22.11.2024.