einen Unterschied gemacht unter den weltlichen und geistlichen Würden.
§. 8. Die Päbste haben so genug mit ihrer Ti- tul-süchtigen ihnen unterworffenen Clerisey zu thun, wie sie derselben Titul vermehren. Als die Zahl und Hochmuth der Geistlichen sehr anwuchs, und ein ieder gern ein Bischoff heissen, mithin von der Jurisdiction der weltlichen Obrigkeit entlediget seyn wolte, die Zahl der Bißthümer aber nicht mehr zulangten, so kam die schöne Mode auf, daß die Päbste nur Titulatur-Bischöffe creirten, dem sie in den Ländern in welchen zwar vor diesen Biß- thümer gewesen, die aber ietzund in den Händen der Ungläubigen sich befinden, oder in partibus in- fidelium eine Kirche assignirten, z. E. zu Antiochia, Tripoli, Ephesus. Sie werden nicht allein Epi- scopi Titulares, und in partibus infidelium, son- dern auch wohl Spott-weyse Episcopi nullate- nus genennt. Dieses sind heut zu Tage die so genandten Weyh-Bischöffe oder Päbstlichen Nuntii, und dieses zu dem Ende, damit sie die Bi- schöflichen Functionen an den Orten vo sie sich aufhalten, verrichten können.
§. 9. Bißweilen finden sich auch einige unter der Römischen Geistlichkeit, die mit ihren bißherigen Dignitaeten zu frieden sind, und keine höhere ver- langen, auch wohl die ihnen angetragen, ausschla- gen, wiewohl dergleichen Exempel sehr rar sind. Also wolte Pabst Clemens XI. anno 1706 den Filepucci einen Römer zum Cardinalmachen, er
erklähr-
II. Theil. IV. Capitul.
einen Unterſchied gemacht unter den weltlichen und geiſtlichen Wuͤrden.
§. 8. Die Paͤbſte haben ſo genug mit ihrer Ti- tul-ſuͤchtigen ihnen unterworffenen Cleriſey zu thun, wie ſie derſelben Titul vermehren. Als die Zahl und Hochmuth der Geiſtlichen ſehr anwuchs, und ein ieder gern ein Biſchoff heiſſen, mithin von der Jurisdiction der weltlichen Obrigkeit entlediget ſeyn wolte, die Zahl der Bißthuͤmer aber nicht mehr zulangten, ſo kam die ſchoͤne Mode auf, daß die Paͤbſte nur Titulatur-Biſchoͤffe creirten, dem ſie in den Laͤndern in welchen zwar vor dieſen Biß- thuͤmer geweſen, die aber ietzund in den Haͤnden der Unglaͤubigen ſich befinden, oder in partibus in- fidelium eine Kirche aſſignirten, z. E. zu Antiochia, Tripoli, Epheſus. Sie werden nicht allein Epi- ſcopi Titulares, und in partibus infidelium, ſon- dern auch wohl Spott-weyſe Epiſcopi nullate- nus genennt. Dieſes ſind heut zu Tage die ſo genandten Weyh-Biſchoͤffe oder Paͤbſtlichen Nuntii, und dieſes zu dem Ende, damit ſie die Bi- ſchoͤflichen Functionen an den Orten vo ſie ſich aufhalten, verrichten koͤnnen.
§. 9. Bißweilen finden ſich auch einige unter der Roͤmiſchen Geiſtlichkeit, die mit ihren bißherigen Dignitæten zu frieden ſind, und keine hoͤhere ver- langen, auch wohl die ihnen angetragen, ausſchla- gen, wiewohl dergleichen Exempel ſehr rar ſind. Alſo wolte Pabſt Clemens XI. anno 1706 den Filepucci einen Roͤmer zum Cardinalmachen, er
erklaͤhr-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0444"n="420"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II.</hi> Theil. <hirendition="#aq">IV.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
einen Unterſchied gemacht unter den weltlichen<lb/>
und geiſtlichen Wuͤrden.</p><lb/><p>§. 8. Die Paͤbſte haben ſo genug mit ihrer <hirendition="#aq">Ti-<lb/>
tul-</hi>ſuͤchtigen ihnen unterworffenen <hirendition="#aq">Cleriſey</hi> zu thun,<lb/>
wie ſie derſelben <hirendition="#aq">Titul</hi> vermehren. Als die Zahl<lb/>
und Hochmuth der Geiſtlichen ſehr anwuchs, und<lb/>
ein ieder gern ein Biſchoff heiſſen, mithin von der<lb/><hirendition="#aq">Jurisdiction</hi> der weltlichen Obrigkeit entlediget<lb/>ſeyn wolte, die Zahl der Bißthuͤmer aber nicht mehr<lb/>
zulangten, ſo kam die ſchoͤne <hirendition="#aq">Mode</hi> auf, daß die<lb/>
Paͤbſte nur <hirendition="#aq">Titulatur-</hi>Biſchoͤffe <hirendition="#aq">crei</hi>rten, dem ſie<lb/>
in den Laͤndern in welchen zwar vor dieſen Biß-<lb/>
thuͤmer geweſen, die aber ietzund in den Haͤnden<lb/>
der Unglaͤubigen ſich befinden, oder in <hirendition="#aq">partibus in-<lb/>
fidelium</hi> eine Kirche <hirendition="#aq">aſſigni</hi>rten, z. E. zu <hirendition="#aq">Antiochia,<lb/>
Tripoli, Epheſus.</hi> Sie werden nicht allein <hirendition="#aq">Epi-<lb/>ſcopi Titulares,</hi> und in <hirendition="#aq">partibus infidelium,</hi>ſon-<lb/>
dern auch wohl Spott-weyſe <hirendition="#aq">Epiſcopi nullate-<lb/>
nus</hi> genennt. Dieſes ſind heut zu Tage die ſo<lb/>
genandten Weyh-Biſchoͤffe oder Paͤbſtlichen<lb/><hirendition="#aq">Nuntii,</hi> und dieſes zu dem Ende, damit ſie die Bi-<lb/>ſchoͤflichen <hirendition="#aq">Function</hi>en an den Orten vo ſie ſich<lb/>
aufhalten, verrichten koͤnnen.</p><lb/><p>§. 9. Bißweilen finden ſich auch einige unter der<lb/>
Roͤmiſchen Geiſtlichkeit, die mit ihren bißherigen<lb/><hirendition="#aq">Dignitæt</hi>en zu frieden ſind, und keine hoͤhere ver-<lb/>
langen, auch wohl die ihnen angetragen, ausſchla-<lb/>
gen, wiewohl dergleichen Exempel ſehr rar ſind.<lb/>
Alſo wolte Pabſt <hirendition="#aq">Clemens XI. anno</hi> 1706 den<lb/><hirendition="#aq">Filepucci</hi> einen Roͤmer zum <hirendition="#aq">Cardinal</hi>machen, er<lb/><fwplace="bottom"type="catch">erklaͤhr-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[420/0444]
II. Theil. IV. Capitul.
einen Unterſchied gemacht unter den weltlichen
und geiſtlichen Wuͤrden.
§. 8. Die Paͤbſte haben ſo genug mit ihrer Ti-
tul-ſuͤchtigen ihnen unterworffenen Cleriſey zu thun,
wie ſie derſelben Titul vermehren. Als die Zahl
und Hochmuth der Geiſtlichen ſehr anwuchs, und
ein ieder gern ein Biſchoff heiſſen, mithin von der
Jurisdiction der weltlichen Obrigkeit entlediget
ſeyn wolte, die Zahl der Bißthuͤmer aber nicht mehr
zulangten, ſo kam die ſchoͤne Mode auf, daß die
Paͤbſte nur Titulatur-Biſchoͤffe creirten, dem ſie
in den Laͤndern in welchen zwar vor dieſen Biß-
thuͤmer geweſen, die aber ietzund in den Haͤnden
der Unglaͤubigen ſich befinden, oder in partibus in-
fidelium eine Kirche aſſignirten, z. E. zu Antiochia,
Tripoli, Epheſus. Sie werden nicht allein Epi-
ſcopi Titulares, und in partibus infidelium, ſon-
dern auch wohl Spott-weyſe Epiſcopi nullate-
nus genennt. Dieſes ſind heut zu Tage die ſo
genandten Weyh-Biſchoͤffe oder Paͤbſtlichen
Nuntii, und dieſes zu dem Ende, damit ſie die Bi-
ſchoͤflichen Functionen an den Orten vo ſie ſich
aufhalten, verrichten koͤnnen.
§. 9. Bißweilen finden ſich auch einige unter der
Roͤmiſchen Geiſtlichkeit, die mit ihren bißherigen
Dignitæten zu frieden ſind, und keine hoͤhere ver-
langen, auch wohl die ihnen angetragen, ausſchla-
gen, wiewohl dergleichen Exempel ſehr rar ſind.
Alſo wolte Pabſt Clemens XI. anno 1706 den
Filepucci einen Roͤmer zum Cardinalmachen, er
erklaͤhr-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/444>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.