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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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II. Theil. III. Capitul.

§. 23. Nachdem die Principalen und Puissamcen
in guten Vernehmen mit einander stehen, oder
auch nachdem sie etwas negociren, so dem Hofe
an dem sie abgeschickt werden, vortheilhafft und
rühmlich ist, nach dem wird ihnen auch an demsel-
ben Hofe mehr oder weniger honorifique begeg-
net. Also wird ihnen an manchem Hofe eine
extraordinaire Ehre angethan, wenn sie z. E.
einen sehr avantageusen Allianz-Tractat schlüssen.

§. 24. Sie praetendiren meistentheils an Cere-
moniell
en dasjenige, was ihnen oder ihren Vor-
fahren ehedem begegnet, sie bekommen aber auch
gar öffters die Replique, es wäre damahls aus Un-
wissenheit geschehen. Wollen sie sich auf dasje-
nige beruffen, was den andern, die mit ihnen in
gleicher Dignitaet stehen, zugetheilt worden, so wird
etwan eine nahe Bluts-Freundschafft, die hierin-
nen einen Unterschied zu wege brächte, vorgeschützt,
oder man sührt auch an, daß man ihnen bey einer
andern Occasion dasjenige, was man ihnen bey
jenen Fall zu viel gegeben, wieder genommen
hätte.

§. 25. Die Residenten der höhern Puissancen
haben offters Rang-Streit mit den Envoyes
der geringern, und verlangen eben das auch wohl
bißweilen noch mehr als sie. Daferne ein Hof,
einen Ambassadeur eines Hofes, der mit den an-
dern in gleicher Dignitaet steht, im Range mehr fa-
vorisi
rt, so pflegt der andere Hof hernach nicht ei-
nen Ambassadeur, sondern nur einen Envoye ab-

zuschi-
II. Theil. III. Capitul.

§. 23. Nachdem die Principalen und Puiſſamcen
in guten Vernehmen mit einander ſtehen, oder
auch nachdem ſie etwas negociren, ſo dem Hofe
an dem ſie abgeſchickt werden, vortheilhafft und
ruͤhmlich iſt, nach dem wird ihnen auch an demſel-
ben Hofe mehr oder weniger honorifique begeg-
net. Alſo wird ihnen an manchem Hofe eine
extraordinaire Ehre angethan, wenn ſie z. E.
einen ſehr avantageuſen Allianz-Tractat ſchluͤſſen.

§. 24. Sie prætendiren meiſtentheils an Cere-
moniell
en dasjenige, was ihnen oder ihren Vor-
fahren ehedem begegnet, ſie bekommen aber auch
gar oͤffters die Replique, es waͤre damahls aus Un-
wiſſenheit geſchehen. Wollen ſie ſich auf dasje-
nige beruffen, was den andern, die mit ihnen in
gleicher Dignitæt ſtehen, zugetheilt worden, ſo wird
etwan eine nahe Bluts-Freundſchafft, die hierin-
nen einen Unterſchied zu wege braͤchte, vorgeſchuͤtzt,
oder man ſuͤhrt auch an, daß man ihnen bey einer
andern Occaſion dasjenige, was man ihnen bey
jenen Fall zu viel gegeben, wieder genommen
haͤtte.

§. 25. Die Reſidenten der hoͤhern Puiſſancen
haben offters Rang-Streit mit den Envoyés
der geringern, und verlangen eben das auch wohl
bißweilen noch mehr als ſie. Daferne ein Hof,
einen Ambaſſadeur eines Hofes, der mit den an-
dern in gleicher Dignitæt ſteht, im Range mehr fa-
voriſi
rt, ſo pflegt der andere Hof hernach nicht ei-
nen Ambaſſadeur, ſondern nur einen Envoyé ab-

zuſchi-
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[390/0414] II. Theil. III. Capitul. §. 23. Nachdem die Principalen und Puiſſamcen in guten Vernehmen mit einander ſtehen, oder auch nachdem ſie etwas negociren, ſo dem Hofe an dem ſie abgeſchickt werden, vortheilhafft und ruͤhmlich iſt, nach dem wird ihnen auch an demſel- ben Hofe mehr oder weniger honorifique begeg- net. Alſo wird ihnen an manchem Hofe eine extraordinaire Ehre angethan, wenn ſie z. E. einen ſehr avantageuſen Allianz-Tractat ſchluͤſſen. §. 24. Sie prætendiren meiſtentheils an Cere- moniellen dasjenige, was ihnen oder ihren Vor- fahren ehedem begegnet, ſie bekommen aber auch gar oͤffters die Replique, es waͤre damahls aus Un- wiſſenheit geſchehen. Wollen ſie ſich auf dasje- nige beruffen, was den andern, die mit ihnen in gleicher Dignitæt ſtehen, zugetheilt worden, ſo wird etwan eine nahe Bluts-Freundſchafft, die hierin- nen einen Unterſchied zu wege braͤchte, vorgeſchuͤtzt, oder man ſuͤhrt auch an, daß man ihnen bey einer andern Occaſion dasjenige, was man ihnen bey jenen Fall zu viel gegeben, wieder genommen haͤtte. §. 25. Die Reſidenten der hoͤhern Puiſſancen haben offters Rang-Streit mit den Envoyés der geringern, und verlangen eben das auch wohl bißweilen noch mehr als ſie. Daferne ein Hof, einen Ambaſſadeur eines Hofes, der mit den an- dern in gleicher Dignitæt ſteht, im Range mehr fa- voriſirt, ſo pflegt der andere Hof hernach nicht ei- nen Ambaſſadeur, ſondern nur einen Envoyé ab- zuſchi-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/414>, abgerufen am 22.11.2024.