S. den I. Tomum des Herrn Lünigs Theatri Ce- remonialis p. 200. b.
§. 18. Jst der Wirth seinem Gast ausserhalb der Hoch-Fürstlichen Residenz nicht entgegen ge- fahren, oder entgegen geritten, so kommt er ihm auf dem Schlosse entweder unten am Wagen, oder an einer Stiegen, oder an einem gewissen Zimmer ent- gegen, nach dem Unterschied der Gleichheit, oder der Praerogativen, die einer vor dem andern hat. Es wird auch hierbey gar öffters eine Distinction ge- macht, wie weit und wie viel Schritte die regieren- den Herren selbst, oder ihre Printzen und andere Anverwandten, oder ihre Ministri, die Frembden annehmen und in ihre Zimmer führen sollen.
§. 19. Die Hoch-Fürstlichen Dames geniessen, aus honneur vor ihr Geschlecht, bey diesen und an- dern dergleichen Ceremoniellen besondere Praero- gativen. Als Jhro ietzt regierende Kayserliche Majestät, als König in Spanien, anno 1704. bey der Königin Anna in Engelland einsprach, so stun- de die Königin ein paar Schritte von der obern Stuffe, Dero der König so gleich die Juppe ergriff, und solche zu küssen Mine machte. Allein die Kö- nigin hub ihn auf, und embrassirte selbigen unter Gebung eines Kusses. Der König führte selbige hinauf bey der Hand, Jhro zur lincken Seite ge- hend, durch drey Zimmer zurück, in ihr Bett-Ge- mach, von dar er sich nach einem kurtzen Aufenthalt, unter Begleitung des Printz Georgens, in sein eigen Apartement begab. Die Gemahlin Chur-Für-
stens
Von Viſiten u. Zuſammenk. groſſer Herren.
S. den I. Tomum des Herrn Luͤnigs Theatri Ce- remonialis p. 200. b.
§. 18. Jſt der Wirth ſeinem Gaſt auſſerhalb der Hoch-Fuͤrſtlichen Reſidenz nicht entgegen ge- fahren, oder entgegen geritten, ſo kommt er ihm auf dem Schloſſe entweder unten am Wagen, oder an einer Stiegen, oder an einem gewiſſen Zimmer ent- gegen, nach dem Unterſchied der Gleichheit, oder der Prærogativen, die einer vor dem andern hat. Es wird auch hierbey gar oͤffters eine Diſtinction ge- macht, wie weit und wie viel Schritte die regieren- den Herren ſelbſt, oder ihre Printzen und andere Anverwandten, oder ihre Miniſtri, die Frembden annehmen und in ihre Zimmer fuͤhren ſollen.
§. 19. Die Hoch-Fuͤrſtlichen Dames genieſſen, aus honneur vor ihr Geſchlecht, bey dieſen und an- dern dergleichen Ceremoniellen beſondere Præro- gativen. Als Jhro ietzt regierende Kayſerliche Majeſtaͤt, als Koͤnig in Spanien, anno 1704. bey der Koͤnigin Anna in Engelland einſprach, ſo ſtun- de die Koͤnigin ein paar Schritte von der obern Stuffe, Dero der Koͤnig ſo gleich die Juppe ergriff, und ſolche zu kuͤſſen Mine machte. Allein die Koͤ- nigin hub ihn auf, und embraſſirte ſelbigen unter Gebung eines Kuſſes. Der Koͤnig fuͤhrte ſelbige hinauf bey der Hand, Jhro zur lincken Seite ge- hend, durch drey Zimmer zuruͤck, in ihr Bett-Ge- mach, von dar er ſich nach einem kurtzen Aufenthalt, unter Begleitung des Printz Georgens, in ſein eigen Apartement begab. Die Gemahlin Chur-Fuͤr-
ſtens
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0389"n="365"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von <hirendition="#aq">Viſit</hi>en u. Zuſammenk. groſſer Herren.</hi></fw><lb/>
S. den <hirendition="#aq">I. Tomum</hi> des Herrn Luͤnigs <hirendition="#aq">Theatri Ce-<lb/>
remonialis p. 200. b.</hi></p><lb/><p>§. 18. Jſt der Wirth ſeinem Gaſt auſſerhalb<lb/>
der Hoch-Fuͤrſtlichen <hirendition="#aq">Reſidenz</hi> nicht entgegen ge-<lb/>
fahren, oder entgegen geritten, ſo kommt er ihm auf<lb/>
dem Schloſſe entweder unten am Wagen, oder an<lb/>
einer Stiegen, oder an einem gewiſſen Zimmer ent-<lb/>
gegen, nach dem Unterſchied der Gleichheit, oder der<lb/><hirendition="#aq">Prærogativ</hi>en, die einer vor dem andern hat. Es<lb/>
wird auch hierbey gar oͤffters eine <hirendition="#aq">Diſtinction</hi> ge-<lb/>
macht, wie weit und wie viel Schritte die regieren-<lb/>
den Herren ſelbſt, oder ihre Printzen und andere<lb/>
Anverwandten, oder ihre <hirendition="#aq">Miniſtri,</hi> die Frembden<lb/>
annehmen und in ihre Zimmer fuͤhren ſollen.</p><lb/><p>§. 19. Die Hoch-Fuͤrſtlichen <hirendition="#aq">Dames</hi> genieſſen,<lb/>
aus <hirendition="#aq">honneur</hi> vor ihr Geſchlecht, bey dieſen und an-<lb/>
dern dergleichen <hirendition="#aq">Ceremoniell</hi>en beſondere <hirendition="#aq">Præro-<lb/>
gativ</hi>en. Als Jhro ietzt regierende Kayſerliche<lb/>
Majeſtaͤt, als Koͤnig in Spanien, <hirendition="#aq">anno</hi> 1704. bey<lb/>
der Koͤnigin <hirendition="#aq">Anna</hi> in Engelland einſprach, ſo ſtun-<lb/>
de die Koͤnigin ein paar Schritte von der obern<lb/>
Stuffe, Dero der Koͤnig ſo gleich die <hirendition="#aq">Juppe</hi> ergriff,<lb/>
und ſolche zu kuͤſſen <hirendition="#aq">Mine</hi> machte. Allein die Koͤ-<lb/>
nigin hub ihn auf, und <hirendition="#aq">embraſſi</hi>rte ſelbigen unter<lb/>
Gebung eines Kuſſes. Der Koͤnig fuͤhrte ſelbige<lb/>
hinauf bey der Hand, Jhro zur lincken Seite ge-<lb/>
hend, durch drey Zimmer zuruͤck, in ihr Bett-Ge-<lb/>
mach, von dar er ſich nach einem kurtzen Aufenthalt,<lb/>
unter Begleitung des Printz Georgens, in ſein eigen<lb/><hirendition="#aq">Apartement</hi> begab. Die Gemahlin Chur-Fuͤr-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſtens</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[365/0389]
Von Viſiten u. Zuſammenk. groſſer Herren.
S. den I. Tomum des Herrn Luͤnigs Theatri Ce-
remonialis p. 200. b.
§. 18. Jſt der Wirth ſeinem Gaſt auſſerhalb
der Hoch-Fuͤrſtlichen Reſidenz nicht entgegen ge-
fahren, oder entgegen geritten, ſo kommt er ihm auf
dem Schloſſe entweder unten am Wagen, oder an
einer Stiegen, oder an einem gewiſſen Zimmer ent-
gegen, nach dem Unterſchied der Gleichheit, oder der
Prærogativen, die einer vor dem andern hat. Es
wird auch hierbey gar oͤffters eine Diſtinction ge-
macht, wie weit und wie viel Schritte die regieren-
den Herren ſelbſt, oder ihre Printzen und andere
Anverwandten, oder ihre Miniſtri, die Frembden
annehmen und in ihre Zimmer fuͤhren ſollen.
§. 19. Die Hoch-Fuͤrſtlichen Dames genieſſen,
aus honneur vor ihr Geſchlecht, bey dieſen und an-
dern dergleichen Ceremoniellen beſondere Præro-
gativen. Als Jhro ietzt regierende Kayſerliche
Majeſtaͤt, als Koͤnig in Spanien, anno 1704. bey
der Koͤnigin Anna in Engelland einſprach, ſo ſtun-
de die Koͤnigin ein paar Schritte von der obern
Stuffe, Dero der Koͤnig ſo gleich die Juppe ergriff,
und ſolche zu kuͤſſen Mine machte. Allein die Koͤ-
nigin hub ihn auf, und embraſſirte ſelbigen unter
Gebung eines Kuſſes. Der Koͤnig fuͤhrte ſelbige
hinauf bey der Hand, Jhro zur lincken Seite ge-
hend, durch drey Zimmer zuruͤck, in ihr Bett-Ge-
mach, von dar er ſich nach einem kurtzen Aufenthalt,
unter Begleitung des Printz Georgens, in ſein eigen
Apartement begab. Die Gemahlin Chur-Fuͤr-
ſtens
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/389>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.