tern und Herrschafften reicher als die andern, und sie sind an Königlichen und Churfürstlichen Hö- fen anwesend, so werden gemeiniglich die ältern den jüngern vorgezogen.
§. 18. Wie die Praecedenz-Streitigkeiten unter den Europäischen Puissancen in Europa und unter den Fürsten des heiligen Römischen Reichs in Teutschland der allgemeinen Ruhe und Wohl- farth nachtheilig, ist mehr als zu bekandt. So lange dieselben ventilirt werden, und sich kein Temperament ausgefunden, werden die allge- meinen Angelegenheiten ausgesetzt, und das gute Vernehmen gehemmt und unterbrochen. So offt als eine neue Handlung vorfällt, die zu unter- nehmen wäre, so offt ist wieder ein neu Hinder- niß, und ein neuer Auffenthalt, immassen der Rang und Vorzug nicht allein in Vorgehen und Vorsitzen, sondern auch in Vorstimmen, Vor- schreiben, und Sigilliren in Betrachtung gezogen wird.
§. 19. Es geschicht nicht selten, daß die Be- dienten, in Verfassung des Ranges ihrer Herr- schafften, hitziger sind als die Herren selbst, zu- mahl solche, die von keinen sonderlichen Nachsin- nen. Anno 1696 begab sich in Pariß unter ei- nigen Kutschern, die in einer engen Strasse ein- ander nicht ausweichen, und dadurch den Re- spect ihrer Herrschafften mainteniren wolten, ein seltzamer Rang-Streit. Sie begegneten einan- der, und weil keiner dem andern ausweichen wolte,
so
Von Rang u. Præcedenz groſſer Herren.
tern und Herrſchafften reicher als die andern, und ſie ſind an Koͤniglichen und Churfuͤrſtlichen Hoͤ- fen anweſend, ſo werden gemeiniglich die aͤltern den juͤngern vorgezogen.
§. 18. Wie die Præcedenz-Streitigkeiten unter den Europaͤiſchen Puiſſancen in Europa und unter den Fuͤrſten des heiligen Roͤmiſchen Reichs in Teutſchland der allgemeinen Ruhe und Wohl- farth nachtheilig, iſt mehr als zu bekandt. So lange dieſelben ventilirt werden, und ſich kein Temperament ausgefunden, werden die allge- meinen Angelegenheiten ausgeſetzt, und das gute Vernehmen gehemmt und unterbrochen. So offt als eine neue Handlung vorfaͤllt, die zu unter- nehmen waͤre, ſo offt iſt wieder ein neu Hinder- niß, und ein neuer Auffenthalt, immaſſen der Rang und Vorzug nicht allein in Vorgehen und Vorſitzen, ſondern auch in Vorſtimmen, Vor- ſchreiben, und Sigilliren in Betrachtung gezogen wird.
§. 19. Es geſchicht nicht ſelten, daß die Be- dienten, in Verfaſſung des Ranges ihrer Herr- ſchafften, hitziger ſind als die Herren ſelbſt, zu- mahl ſolche, die von keinen ſonderlichen Nachſin- nen. Anno 1696 begab ſich in Pariß unter ei- nigen Kutſchern, die in einer engen Straſſe ein- ander nicht ausweichen, und dadurch den Re- ſpect ihrer Herrſchafften mainteniren wolten, ein ſeltzamer Rang-Streit. Sie begegneten einan- der, und weil keiner dem andern ausweichen wolte,
ſo
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Von Rang u. Præcedenz groſſer Herren.
tern und Herrſchafften reicher als die andern, und
ſie ſind an Koͤniglichen und Churfuͤrſtlichen Hoͤ-
fen anweſend, ſo werden gemeiniglich die aͤltern
den juͤngern vorgezogen.
§. 18. Wie die Præcedenz-Streitigkeiten
unter den Europaͤiſchen Puiſſancen in Europa und
unter den Fuͤrſten des heiligen Roͤmiſchen Reichs
in Teutſchland der allgemeinen Ruhe und Wohl-
farth nachtheilig, iſt mehr als zu bekandt. So
lange dieſelben ventilirt werden, und ſich kein
Temperament ausgefunden, werden die allge-
meinen Angelegenheiten ausgeſetzt, und das gute
Vernehmen gehemmt und unterbrochen. So
offt als eine neue Handlung vorfaͤllt, die zu unter-
nehmen waͤre, ſo offt iſt wieder ein neu Hinder-
niß, und ein neuer Auffenthalt, immaſſen der
Rang und Vorzug nicht allein in Vorgehen und
Vorſitzen, ſondern auch in Vorſtimmen, Vor-
ſchreiben, und Sigilliren in Betrachtung gezogen
wird.
§. 19. Es geſchicht nicht ſelten, daß die Be-
dienten, in Verfaſſung des Ranges ihrer Herr-
ſchafften, hitziger ſind als die Herren ſelbſt, zu-
mahl ſolche, die von keinen ſonderlichen Nachſin-
nen. Anno 1696 begab ſich in Pariß unter ei-
nigen Kutſchern, die in einer engen Straſſe ein-
ander nicht ausweichen, und dadurch den Re-
ſpect ihrer Herrſchafften mainteniren wolten, ein
ſeltzamer Rang-Streit. Sie begegneten einan-
der, und weil keiner dem andern ausweichen wolte,
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/373>, abgerufen am 24.11.2024.
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