sich zur Christlichen Religion zu erst bekehret hat. Nicht weniger ist dieses eine Tändeley, die von den Belehnungen, von den Tituln und Wapen herge- nommen, damit die Fürsten oder Republicken von den Päbsten beehret werden. Die von den Päb- sten auf diese Art nicht begünstiget, sind öffters so mächtig und ansehnlich als die andern. Die Rö- mische Kirche hat gar wohl gethan, daß sie sich ge- gen ihre Wohlthäter erkenntlicher erwiesen als ge- gen die übrigen, es können aber die Rechte des Drittenmanns hiedurch nicht verletzt werden.
§. 4. Die überwiegende Gewalt, da ein Volck das andere an Macht und Ansehen übertrifft, giebt einen grössern Ausschlag als der Wille des Pabsts, oder das Alter. Die Republick Genua ist wohl unstreitig eine ältere Republick als Holland, und der Pabst dürffte ihr wohl lieber favorisiren, inzwi- schen muß sie doch dieser den Vorzug lassen, weil sie ihr an Macht und Gewalt weit überlegen. Es giebt dieses nicht allein ein Momentum mit ab, wenn eine Puissance überhaupt an Ländereyen mächtiger, sondern auch, wenn ein grosser Herr zu dieser oder jener Zeit durch die starcken Armeen, die er auf den Beinen hat, durch die vielen Geld- Summen, die er sich gesammlet, und durch die vie- len Siege die er über seine Feinde erhalten, sich formidable gemacht. Die andern Potentaten haben vor einen solchen gleich mehr Consideration, und geben ihm und seinen Gesandten im Range nach, so viel als möglich. Jst aber ein Potentat
sehr
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Von Rang u. Præcedenz groſſer Herren.
ſich zur Chriſtlichen Religion zu erſt bekehret hat. Nicht weniger iſt dieſes eine Taͤndeley, die von den Belehnungen, von den Tituln und Wapen herge- nommen, damit die Fuͤrſten oder Republicken von den Paͤbſten beehret werden. Die von den Paͤb- ſten auf dieſe Art nicht beguͤnſtiget, ſind oͤffters ſo maͤchtig und anſehnlich als die andern. Die Roͤ- miſche Kirche hat gar wohl gethan, daß ſie ſich ge- gen ihre Wohlthaͤter erkenntlicher erwieſen als ge- gen die uͤbrigen, es koͤnnen aber die Rechte des Drittenmanns hiedurch nicht verletzt werden.
§. 4. Die uͤberwiegende Gewalt, da ein Volck das andere an Macht und Anſehen uͤbertrifft, giebt einen groͤſſern Ausſchlag als der Wille des Pabſts, oder das Alter. Die Republick Genua iſt wohl unſtreitig eine aͤltere Republick als Holland, und der Pabſt duͤrffte ihr wohl lieber favoriſiren, inzwi- ſchen muß ſie doch dieſer den Vorzug laſſen, weil ſie ihr an Macht und Gewalt weit uͤberlegen. Es giebt dieſes nicht allein ein Momentum mit ab, wenn eine Puiſſance uͤberhaupt an Laͤndereyen maͤchtiger, ſondern auch, wenn ein groſſer Herr zu dieſer oder jener Zeit durch die ſtarcken Armeen, die er auf den Beinen hat, durch die vielen Geld- Summen, die er ſich geſammlet, und durch die vie- len Siege die er uͤber ſeine Feinde erhalten, ſich formidable gemacht. Die andern Potentaten haben vor einen ſolchen gleich mehr Conſideration, und geben ihm und ſeinen Geſandten im Range nach, ſo viel als moͤglich. Jſt aber ein Potentat
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Von Rang u. Præcedenz groſſer Herren.
ſich zur Chriſtlichen Religion zu erſt bekehret hat.
Nicht weniger iſt dieſes eine Taͤndeley, die von den
Belehnungen, von den Tituln und Wapen herge-
nommen, damit die Fuͤrſten oder Republicken von
den Paͤbſten beehret werden. Die von den Paͤb-
ſten auf dieſe Art nicht beguͤnſtiget, ſind oͤffters ſo
maͤchtig und anſehnlich als die andern. Die Roͤ-
miſche Kirche hat gar wohl gethan, daß ſie ſich ge-
gen ihre Wohlthaͤter erkenntlicher erwieſen als ge-
gen die uͤbrigen, es koͤnnen aber die Rechte des
Drittenmanns hiedurch nicht verletzt werden.
§. 4. Die uͤberwiegende Gewalt, da ein Volck
das andere an Macht und Anſehen uͤbertrifft, giebt
einen groͤſſern Ausſchlag als der Wille des Pabſts,
oder das Alter. Die Republick Genua iſt wohl
unſtreitig eine aͤltere Republick als Holland, und
der Pabſt duͤrffte ihr wohl lieber favoriſiren, inzwi-
ſchen muß ſie doch dieſer den Vorzug laſſen, weil
ſie ihr an Macht und Gewalt weit uͤberlegen. Es
giebt dieſes nicht allein ein Momentum mit ab,
wenn eine Puiſſance uͤberhaupt an Laͤndereyen
maͤchtiger, ſondern auch, wenn ein groſſer Herr zu
dieſer oder jener Zeit durch die ſtarcken Armeen,
die er auf den Beinen hat, durch die vielen Geld-
Summen, die er ſich geſammlet, und durch die vie-
len Siege die er uͤber ſeine Feinde erhalten, ſich
formidable gemacht. Die andern Potentaten
haben vor einen ſolchen gleich mehr Conſideration,
und geben ihm und ſeinen Geſandten im Range
nach, ſo viel als moͤglich. Jſt aber ein Potentat
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/365>, abgerufen am 24.11.2024.
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