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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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I. Theil. XIX. Capitul.
sen Tod keine öffentlichen Freuden-Bezeigungen
spühren lassen möchte. S. Europäische Fama
II.
Theil p. 739.

§. 5. Die schwartze und weisse Farbe ist wohl
zu allen Zeiten unter den moralisirten Völckern vor
die Trauer-Farbe angesehen worden. An dem
Königlichen Frantzösischen Hofe pflegt der König
in Violet zu trauern, und hat man es als etwas be-
sonders angesehen, daß Ludwig XII. den Tod sei-
ner Gemahlin Annae in schwartzer Kleidung be-
trauert, ingleichen daß König Ludwig XIV., als er
des Cromwels Tod erfahren, schwartz einher gan-
gen. S. Beomanns Notit. Dignit. Illustr. Diss. VI.
Die Königin in Franckreich trauert in Castanien-
braun so lange ihr Gemahl lebet, in weiß aber,
wenn derselbe verstorben, und so lange sie leben.

§. 6. Bey dem Begräbniß eines Doge zu Ve-
nedig erscheinet der Senat in rother Kleidung, eine
Farbe die sonst gar wenig trauriges an sich hat.
Man thut aber solches zu weisen, daß, ob zwar ihr
Hertzog sterblich, dennoch die Republic ewig, und
keiner Aenderung unterworffen sey. Welche Ewig-
keit des Regiments in dem Mittel des Senats zu su-
chen, von welchen die Wohlfarth des ihm unter-
worffenen Volcks dependirte, und stünde es nur
Privat-Personen, nicht aber dem gemeinen Wesen
zu, zu weinen. Ja sie wollen lieber ihrer Ehr-Be-
gierde, als der hergebrachten Ehrerbietung gegen
die Todten, ein Genügen thun, indem sie es ihrem
hohen Ansehen verkleinerlich halten, sie öffentlich

zu

I. Theil. XIX. Capitul.
ſen Tod keine oͤffentlichen Freuden-Bezeigungen
ſpuͤhren laſſen moͤchte. S. Europaͤiſche Fama
II.
Theil p. 739.

§. 5. Die ſchwartze und weiſſe Farbe iſt wohl
zu allen Zeiten unter den moraliſirten Voͤlckern vor
die Trauer-Farbe angeſehen worden. An dem
Koͤniglichen Frantzoͤſiſchen Hofe pflegt der Koͤnig
in Violet zu trauern, und hat man es als etwas be-
ſonders angeſehen, daß Ludwig XII. den Tod ſei-
ner Gemahlin Annæ in ſchwartzer Kleidung be-
trauert, ingleichen daß Koͤnig Ludwig XIV., als er
des Cromwels Tod erfahren, ſchwartz einher gan-
gen. S. Beomanns Notit. Dignit. Illuſtr. Diſſ. VI.
Die Koͤnigin in Franckreich trauert in Caſtanien-
braun ſo lange ihr Gemahl lebet, in weiß aber,
wenn derſelbe verſtorben, und ſo lange ſie leben.

§. 6. Bey dem Begraͤbniß eines Doge zu Ve-
nedig erſcheinet der Senat in rother Kleidung, eine
Farbe die ſonſt gar wenig trauriges an ſich hat.
Man thut aber ſolches zu weiſen, daß, ob zwar ihr
Hertzog ſterblich, dennoch die Republic ewig, und
keiner Aenderung unterworffen ſey. Welche Ewig-
keit des Regiments in dem Mittel des Senats zu ſu-
chen, von welchen die Wohlfarth des ihm unter-
worffenen Volcks dependirte, und ſtuͤnde es nur
Privat-Perſonen, nicht aber dem gemeinen Weſen
zu, zu weinen. Ja ſie wollen lieber ihrer Ehr-Be-
gierde, als der hergebrachten Ehrerbietung gegen
die Todten, ein Genuͤgen thun, indem ſie es ihrem
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[330/0354] I. Theil. XIX. Capitul. ſen Tod keine oͤffentlichen Freuden-Bezeigungen ſpuͤhren laſſen moͤchte. S. Europaͤiſche Fama II. Theil p. 739. §. 5. Die ſchwartze und weiſſe Farbe iſt wohl zu allen Zeiten unter den moraliſirten Voͤlckern vor die Trauer-Farbe angeſehen worden. An dem Koͤniglichen Frantzoͤſiſchen Hofe pflegt der Koͤnig in Violet zu trauern, und hat man es als etwas be- ſonders angeſehen, daß Ludwig XII. den Tod ſei- ner Gemahlin Annæ in ſchwartzer Kleidung be- trauert, ingleichen daß Koͤnig Ludwig XIV., als er des Cromwels Tod erfahren, ſchwartz einher gan- gen. S. Beomanns Notit. Dignit. Illuſtr. Diſſ. VI. Die Koͤnigin in Franckreich trauert in Caſtanien- braun ſo lange ihr Gemahl lebet, in weiß aber, wenn derſelbe verſtorben, und ſo lange ſie leben. §. 6. Bey dem Begraͤbniß eines Doge zu Ve- nedig erſcheinet der Senat in rother Kleidung, eine Farbe die ſonſt gar wenig trauriges an ſich hat. Man thut aber ſolches zu weiſen, daß, ob zwar ihr Hertzog ſterblich, dennoch die Republic ewig, und keiner Aenderung unterworffen ſey. Welche Ewig- keit des Regiments in dem Mittel des Senats zu ſu- chen, von welchen die Wohlfarth des ihm unter- worffenen Volcks dependirte, und ſtuͤnde es nur Privat-Perſonen, nicht aber dem gemeinen Weſen zu, zu weinen. Ja ſie wollen lieber ihrer Ehr-Be- gierde, als der hergebrachten Ehrerbietung gegen die Todten, ein Genuͤgen thun, indem ſie es ihrem hohen Anſehen verkleinerlich halten, ſie oͤffentlich zu

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/354>, abgerufen am 25.11.2024.