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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von Rang-Ordn. Fürstl. Bedienten.
hen, und die Ehren-Titul sich nach eines ieden Ver-
diensten richten. Die äusserlichen Ehren-Bezei-
gungen solten mit dem Stande und der Tugend
harmoniren; so würden Rang und Titul zu Mit-
teln werden ehrliebende Gemüther aufzumuntern,
daß sie etwas nützliches zum gemeinen Besten lei-
sten würden, und die Rang-Ordnungen würden
allezeit auf diese Weise ihren guten Grund haben.
S. des Herrn Hof-Rath Wolfens Tractat vom
Gesellschafftlichen Leben der Menschen pag. 401.
Daß aber dieses nicht allenthalben beobachtet
wird, ist aus der Erfahrung mehr als zu wohl be-
kandt.

§. 3. Einige Rang-Ordnungen sind auf alle
Bedienten eines Hofes eingerichtet, andere aber
erstrecken sich nur auf die Ministros und andere
vornehme Officianten. Jene sind manchmahl so
nöthig als diese; und erzehlet der Autor des VI.
Stückes des XII. Tomi der Electorum Juris Pu-
blici,
wie ihm ein Casus bekandt, der sich an dem
Hofe eines Geistlichen Reichs-Fürsten zugetra-
gen, daß zwischen dem Hof-Gärtner und Hof-
Schneider ein Praecedentz-Streit entstanden, und
daß jener diesen die Praecedentz, welche solcher
nach der Rang-Ordnung gehabt, aus einem sol-
chen Capite quaestionirlich machen wollen, weil er
den Degen zu tragen pflegte, der Hof-Schnelder
aber nicht.

§. 4. Es wäre gut, wenn man allenthalben
nicht nur accurate und specielle Hof-Ordnun-

gen
R 3

Von Rang-Ordn. Fuͤrſtl. Bedienten.
hen, und die Ehren-Titul ſich nach eines ieden Ver-
dienſten richten. Die aͤuſſerlichen Ehren-Bezei-
gungen ſolten mit dem Stande und der Tugend
harmoniren; ſo wuͤrden Rang und Titul zu Mit-
teln werden ehrliebende Gemuͤther aufzumuntern,
daß ſie etwas nuͤtzliches zum gemeinen Beſten lei-
ſten wuͤrden, und die Rang-Ordnungen wuͤrden
allezeit auf dieſe Weiſe ihren guten Grund haben.
S. des Herrn Hof-Rath Wolfens Tractat vom
Geſellſchafftlichen Leben der Menſchen pag. 401.
Daß aber dieſes nicht allenthalben beobachtet
wird, iſt aus der Erfahrung mehr als zu wohl be-
kandt.

§. 3. Einige Rang-Ordnungen ſind auf alle
Bedienten eines Hofes eingerichtet, andere aber
erſtrecken ſich nur auf die Miniſtros und andere
vornehme Officianten. Jene ſind manchmahl ſo
noͤthig als dieſe; und erzehlet der Autor des VI.
Stuͤckes des XII. Tomi der Electorum Juris Pu-
blici,
wie ihm ein Caſus bekandt, der ſich an dem
Hofe eines Geiſtlichen Reichs-Fuͤrſten zugetra-
gen, daß zwiſchen dem Hof-Gaͤrtner und Hof-
Schneider ein Præcedentz-Streit entſtanden, und
daß jener dieſen die Præcedentz, welche ſolcher
nach der Rang-Ordnung gehabt, aus einem ſol-
chen Capite quæſtionirlich machen wollen, weil er
den Degen zu tragen pflegte, der Hof-Schnelder
aber nicht.

§. 4. Es waͤre gut, wenn man allenthalben
nicht nur accurate und ſpecielle Hof-Ordnun-

gen
R 3
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[261/0285] Von Rang-Ordn. Fuͤrſtl. Bedienten. hen, und die Ehren-Titul ſich nach eines ieden Ver- dienſten richten. Die aͤuſſerlichen Ehren-Bezei- gungen ſolten mit dem Stande und der Tugend harmoniren; ſo wuͤrden Rang und Titul zu Mit- teln werden ehrliebende Gemuͤther aufzumuntern, daß ſie etwas nuͤtzliches zum gemeinen Beſten lei- ſten wuͤrden, und die Rang-Ordnungen wuͤrden allezeit auf dieſe Weiſe ihren guten Grund haben. S. des Herrn Hof-Rath Wolfens Tractat vom Geſellſchafftlichen Leben der Menſchen pag. 401. Daß aber dieſes nicht allenthalben beobachtet wird, iſt aus der Erfahrung mehr als zu wohl be- kandt. §. 3. Einige Rang-Ordnungen ſind auf alle Bedienten eines Hofes eingerichtet, andere aber erſtrecken ſich nur auf die Miniſtros und andere vornehme Officianten. Jene ſind manchmahl ſo noͤthig als dieſe; und erzehlet der Autor des VI. Stuͤckes des XII. Tomi der Electorum Juris Pu- blici, wie ihm ein Caſus bekandt, der ſich an dem Hofe eines Geiſtlichen Reichs-Fuͤrſten zugetra- gen, daß zwiſchen dem Hof-Gaͤrtner und Hof- Schneider ein Præcedentz-Streit entſtanden, und daß jener dieſen die Præcedentz, welche ſolcher nach der Rang-Ordnung gehabt, aus einem ſol- chen Capite quæſtionirlich machen wollen, weil er den Degen zu tragen pflegte, der Hof-Schnelder aber nicht. §. 4. Es waͤre gut, wenn man allenthalben nicht nur accurate und ſpecielle Hof-Ordnun- gen R 3

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/285>, abgerufen am 25.11.2024.