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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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I. Theil. XII. Capitul.
schafften unterrichten. S. den XVI. Eingang des
Bücher-Cabinets p. 8. Ob nun zwar eine solche
Gelehrsamkeit, die nur auf eine historische Erkennt-
niß mancherley Meynungen, auf unnütze Subtilitä-
ten, auf ein leeres Wörter-kennen, und auf das
blosse Gedächtniß-Werck ankommt, einen grossen
Herrn im geringsten nicht anständig, so gereicht es
doch einem Landes-Herrn zu besondern Nutzen, ei-
genem Vergnügen und grosser Hochachtung, die
er sich bey den Ausländern, bey seinen eigenen Die-
nern und Unterthanen erwecket, wenn er aus man-
cherley Wissenschafften sich diejenigen Lehrsätze,
die in die Staats-Wissenschafft einen Einfluß ha-
ben, bekandt gemacht, und insonderheit diejenigen
Wissenschafften, die mit der Regier-Kunst noth-
wendig verbunden seyn müssen, gründlich studiret.
Es ist Land und Leuten so wohl daran gelegen,
wenn ein Landes-Herr verständig und weise als
fromm und tugendhafft ist.

§. 16. Nachdem nun viel Regenten der alten
und neuen Zeiten dieses zur Gnüge erkandt, so ha-
ben sie auch ihre Printzen in ihrer zarten Jugend zu
mancherley Studiis u. Wissenschafften anhalten las-
sen. Als einige Hofleute den theuren Churfürsten zu
Sachsen, Johannem dem Beständigen vermahn-
ten, er solte aus seinen Söhnen keine Studenten
und Schreiber machen, sondern sie zur Jagt und
ritterlichen Ubungen anführen lassen; so antwor-
tete er ihnen: es lernet sich so wohl von selbst, wie
man zwey Beine über ein Pferd hängen, des Fein-

des

I. Theil. XII. Capitul.
ſchafften unterrichten. S. den XVI. Eingang des
Buͤcher-Cabinets p. 8. Ob nun zwar eine ſolche
Gelehrſamkeit, die nur auf eine hiſtoriſche Erkennt-
niß mancherley Meynungen, auf unnuͤtze Subtilitaͤ-
ten, auf ein leeres Woͤrter-kennen, und auf das
bloſſe Gedaͤchtniß-Werck ankommt, einen groſſen
Herrn im geringſten nicht anſtaͤndig, ſo gereicht es
doch einem Landes-Herrn zu beſondern Nutzen, ei-
genem Vergnuͤgen und groſſer Hochachtung, die
er ſich bey den Auslaͤndern, bey ſeinen eigenen Die-
nern und Unterthanen erwecket, wenn er aus man-
cherley Wiſſenſchafften ſich diejenigen Lehrſaͤtze,
die in die Staats-Wiſſenſchafft einen Einfluß ha-
ben, bekandt gemacht, und inſonderheit diejenigen
Wiſſenſchafften, die mit der Regier-Kunſt noth-
wendig verbunden ſeyn muͤſſen, gruͤndlich ſtudiret.
Es iſt Land und Leuten ſo wohl daran gelegen,
wenn ein Landes-Herr verſtaͤndig und weiſe als
fromm und tugendhafft iſt.

§. 16. Nachdem nun viel Regenten der alten
und neuen Zeiten dieſes zur Gnuͤge erkandt, ſo ha-
ben ſie auch ihre Printzen in ihrer zarten Jugend zu
mancherley Studiis u. Wiſſenſchafften anhalten laſ-
ſen. Als einige Hofleute den theuren Churfuͤrſten zu
Sachſen, Johannem dem Beſtaͤndigen vermahn-
ten, er ſolte aus ſeinen Soͤhnen keine Studenten
und Schreiber machen, ſondern ſie zur Jagt und
ritterlichen Ubungen anfuͤhren laſſen; ſo antwor-
tete er ihnen: es lernet ſich ſo wohl von ſelbſt, wie
man zwey Beine uͤber ein Pferd haͤngen, des Fein-

des
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[204/0228] I. Theil. XII. Capitul. ſchafften unterrichten. S. den XVI. Eingang des Buͤcher-Cabinets p. 8. Ob nun zwar eine ſolche Gelehrſamkeit, die nur auf eine hiſtoriſche Erkennt- niß mancherley Meynungen, auf unnuͤtze Subtilitaͤ- ten, auf ein leeres Woͤrter-kennen, und auf das bloſſe Gedaͤchtniß-Werck ankommt, einen groſſen Herrn im geringſten nicht anſtaͤndig, ſo gereicht es doch einem Landes-Herrn zu beſondern Nutzen, ei- genem Vergnuͤgen und groſſer Hochachtung, die er ſich bey den Auslaͤndern, bey ſeinen eigenen Die- nern und Unterthanen erwecket, wenn er aus man- cherley Wiſſenſchafften ſich diejenigen Lehrſaͤtze, die in die Staats-Wiſſenſchafft einen Einfluß ha- ben, bekandt gemacht, und inſonderheit diejenigen Wiſſenſchafften, die mit der Regier-Kunſt noth- wendig verbunden ſeyn muͤſſen, gruͤndlich ſtudiret. Es iſt Land und Leuten ſo wohl daran gelegen, wenn ein Landes-Herr verſtaͤndig und weiſe als fromm und tugendhafft iſt. §. 16. Nachdem nun viel Regenten der alten und neuen Zeiten dieſes zur Gnuͤge erkandt, ſo ha- ben ſie auch ihre Printzen in ihrer zarten Jugend zu mancherley Studiis u. Wiſſenſchafften anhalten laſ- ſen. Als einige Hofleute den theuren Churfuͤrſten zu Sachſen, Johannem dem Beſtaͤndigen vermahn- ten, er ſolte aus ſeinen Soͤhnen keine Studenten und Schreiber machen, ſondern ſie zur Jagt und ritterlichen Ubungen anfuͤhren laſſen; ſo antwor- tete er ihnen: es lernet ſich ſo wohl von ſelbſt, wie man zwey Beine uͤber ein Pferd haͤngen, des Fein- des

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/228>, abgerufen am 22.11.2024.