mäß; theils, weil sie an sich gewahr werden, daß ih- nen bey ihrer Auferziehung eines und das andere er- mangelt, und sie ihre Printzen zu einem höhern Grad der Vollkommenheit bringen wollen; theils auch weil sie spühren, daß ihre Printzen von einem gantz andern Naturell, und sie also ihre Neigungen nicht beherrschen noch übermeistern können.
§. 6. Es ist sehr wohl gethan, wenn es die Hoch- Fürstlichen Eltern nicht allein auf die Sorgfalt ih- rer Informatorum und Hofmeister ankommen las- sen, sondern sich selbst angelegen seyn lassen die Auf- erziehung ihrer Fürstlichen Jugend zu besorgen, und deren Ober-Aufseher zu seyn, sie auch von Kindes- Beinen an zu aller Furcht, Ehrerbietung und Ge- horsam gegen sie anhalten. Bey dem Römischen König Josepho war die Auferziehung wegen der Aufsicht der Kayserlichen Frau Mutter so scharff, daß, als die Kayserin noch damit fortfuhr, da Jose- phus schon zu Augspurg zum Römischen König ge- crönet worden, der Printz einmahl ungedultig dar- über werden wolte, und sagte, es schickte sich dieses Tractament keinesweges vor ein zum andern mahl gecröntes Haupt. S. des curieusen Bücher-Ca- binets VI. Eingang p. 878.
§. 7. Weil einige grosse Herren wohl wissen, daß ihren Kindern von der Wiege an, das Hoch-Fürst- liche Wesen mehr als zu sehr im Kopff stecket, so wollen sie durchaus nicht haben, daß ihre Printzen vor der Zeit ihren Hoch-Fürstlichen Stand auf eine solche Weise sollen kennen lernen, dadurch sie
zu
N 3
Von Auferziehung der Fuͤrſtl. Printzen.
maͤß; theils, weil ſie an ſich gewahr werden, daß ih- nen bey ihrer Auferziehung eines und das andere er- mangelt, und ſie ihre Printzen zu einem hoͤhern Grad der Vollkommenheit bringen wollen; theils auch weil ſie ſpuͤhren, daß ihre Printzen von einem gantz andern Naturell, und ſie alſo ihre Neigungen nicht beherrſchen noch uͤbermeiſtern koͤnnen.
§. 6. Es iſt ſehr wohl gethan, wenn es die Hoch- Fuͤrſtlichen Eltern nicht allein auf die Sorgfalt ih- rer Informatorum und Hofmeiſter ankommen laſ- ſen, ſondern ſich ſelbſt angelegen ſeyn laſſen die Auf- erziehung ihrer Fuͤrſtlichen Jugend zu beſorgen, und deren Ober-Aufſeher zu ſeyn, ſie auch von Kindes- Beinen an zu aller Furcht, Ehrerbietung und Ge- horſam gegen ſie anhalten. Bey dem Roͤmiſchen Koͤnig Joſepho war die Auferziehung wegen der Aufſicht der Kayſerlichen Frau Mutter ſo ſcharff, daß, als die Kayſerin noch damit fortfuhr, da Joſe- phus ſchon zu Augſpurg zum Roͤmiſchen Koͤnig ge- croͤnet worden, der Printz einmahl ungedultig dar- uͤber werden wolte, und ſagte, es ſchickte ſich dieſes Tractament keinesweges vor ein zum andern mahl gecroͤntes Haupt. S. des curieuſen Buͤcher-Ca- binets VI. Eingang p. 878.
§. 7. Weil einige groſſe Herren wohl wiſſen, daß ihren Kindern von der Wiege an, das Hoch-Fuͤrſt- liche Weſen mehr als zu ſehr im Kopff ſtecket, ſo wollen ſie durchaus nicht haben, daß ihre Printzen vor der Zeit ihren Hoch-Fuͤrſtlichen Stand auf eine ſolche Weiſe ſollen kennen lernen, dadurch ſie
zu
N 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0221"n="197"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von Auferziehung der Fuͤrſtl. Printzen.</hi></fw><lb/>
maͤß; theils, weil ſie an ſich gewahr werden, daß ih-<lb/>
nen bey ihrer Auferziehung eines und das andere er-<lb/>
mangelt, und ſie ihre Printzen zu einem hoͤhern Grad<lb/>
der Vollkommenheit bringen wollen; theils auch<lb/>
weil ſie ſpuͤhren, daß ihre Printzen von einem gantz<lb/>
andern <hirendition="#aq">Naturell,</hi> und ſie alſo ihre Neigungen nicht<lb/>
beherrſchen noch uͤbermeiſtern koͤnnen.</p><lb/><p>§. 6. Es iſt ſehr wohl gethan, wenn es die Hoch-<lb/>
Fuͤrſtlichen Eltern nicht allein auf die Sorgfalt ih-<lb/>
rer <hirendition="#aq">Informatorum</hi> und Hofmeiſter ankommen laſ-<lb/>ſen, ſondern ſich ſelbſt angelegen ſeyn laſſen die Auf-<lb/>
erziehung ihrer Fuͤrſtlichen Jugend zu beſorgen, und<lb/>
deren Ober-Aufſeher zu ſeyn, ſie auch von Kindes-<lb/>
Beinen an zu aller Furcht, Ehrerbietung und Ge-<lb/>
horſam gegen ſie anhalten. Bey dem Roͤmiſchen<lb/>
Koͤnig <hirendition="#aq">Joſepho</hi> war die Auferziehung wegen der<lb/>
Aufſicht der Kayſerlichen Frau Mutter ſo ſcharff,<lb/>
daß, als die Kayſerin noch damit fortfuhr, da <hirendition="#aq">Joſe-<lb/>
phus</hi>ſchon zu Augſpurg zum Roͤmiſchen Koͤnig ge-<lb/>
croͤnet worden, der Printz einmahl ungedultig dar-<lb/>
uͤber werden wolte, und ſagte, es ſchickte ſich dieſes<lb/><hirendition="#aq">Tractament</hi> keinesweges vor ein zum andern mahl<lb/>
gecroͤntes Haupt. S. des <hirendition="#aq">curieuſ</hi>en Buͤcher-Ca-<lb/>
binets <hirendition="#aq">VI.</hi> Eingang <hirendition="#aq">p.</hi> 878.</p><lb/><p>§. 7. Weil einige groſſe Herren wohl wiſſen, daß<lb/>
ihren Kindern von der Wiege an, das Hoch-Fuͤrſt-<lb/>
liche Weſen mehr als zu ſehr im Kopff ſtecket, ſo<lb/>
wollen ſie durchaus nicht haben, daß ihre Printzen<lb/>
vor der Zeit ihren Hoch-Fuͤrſtlichen Stand auf<lb/>
eine ſolche Weiſe ſollen kennen lernen, dadurch ſie<lb/><fwplace="bottom"type="sig">N 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">zu</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[197/0221]
Von Auferziehung der Fuͤrſtl. Printzen.
maͤß; theils, weil ſie an ſich gewahr werden, daß ih-
nen bey ihrer Auferziehung eines und das andere er-
mangelt, und ſie ihre Printzen zu einem hoͤhern Grad
der Vollkommenheit bringen wollen; theils auch
weil ſie ſpuͤhren, daß ihre Printzen von einem gantz
andern Naturell, und ſie alſo ihre Neigungen nicht
beherrſchen noch uͤbermeiſtern koͤnnen.
§. 6. Es iſt ſehr wohl gethan, wenn es die Hoch-
Fuͤrſtlichen Eltern nicht allein auf die Sorgfalt ih-
rer Informatorum und Hofmeiſter ankommen laſ-
ſen, ſondern ſich ſelbſt angelegen ſeyn laſſen die Auf-
erziehung ihrer Fuͤrſtlichen Jugend zu beſorgen, und
deren Ober-Aufſeher zu ſeyn, ſie auch von Kindes-
Beinen an zu aller Furcht, Ehrerbietung und Ge-
horſam gegen ſie anhalten. Bey dem Roͤmiſchen
Koͤnig Joſepho war die Auferziehung wegen der
Aufſicht der Kayſerlichen Frau Mutter ſo ſcharff,
daß, als die Kayſerin noch damit fortfuhr, da Joſe-
phus ſchon zu Augſpurg zum Roͤmiſchen Koͤnig ge-
croͤnet worden, der Printz einmahl ungedultig dar-
uͤber werden wolte, und ſagte, es ſchickte ſich dieſes
Tractament keinesweges vor ein zum andern mahl
gecroͤntes Haupt. S. des curieuſen Buͤcher-Ca-
binets VI. Eingang p. 878.
§. 7. Weil einige groſſe Herren wohl wiſſen, daß
ihren Kindern von der Wiege an, das Hoch-Fuͤrſt-
liche Weſen mehr als zu ſehr im Kopff ſtecket, ſo
wollen ſie durchaus nicht haben, daß ihre Printzen
vor der Zeit ihren Hoch-Fuͤrſtlichen Stand auf
eine ſolche Weiſe ſollen kennen lernen, dadurch ſie
zu
N 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/221>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.