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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von Geburth u. Tauffe Fürstl. Kinder.
kommen wieder an ihre Stelle. Ja man hat in
der alten und neuen Historie unterschiedene Exem-
pel, daß öffters diejenigen, die vor einigen Jahren
noch so starck und besetzt gewesen, nach Verfliessung
einer kurtzen Zeit, wenn es göttliche Regierung so
beschlossen, ihrem Untergang gantz nahe kommen.
Bißweilen ist auch wohl eine und die andere miß-
träuische oder sonst irrige Meynung, wenn die
Hoch-Fürstlichen Eltern in den Gedancken gestan-
den, als ob sie mit einer allzu starcken Anzahl der
Leibes-Erben von GOtt geseegnet worden, auf ei-
ne oder die andere Weise von GOtt gestrafft wor-
den. Der Märckische Historicus, Nicolaus Len-
tinger,
meldet in seinen Commentariis P. VII. f. 12.
bey Erwehnung der Stadt Ratenau, daß, als an-
no
1318. 19 Marggrafen auf einem gewissen Ber-
ge bey Ratenau, welcher daher noch der Marggra-
fen-Berg genannt würde, zusammen kommen, und
sich über die Vermehrung, und das daraus zu be-
sorgende Unvermögen ihrer Familie unter einander
beklagt, so wäre es geschehen, daß sie alle binnen
zwey Jahren erloschen. Fürst Magnus zu Anhalt
war hierinnen anderer Meynung, er schrieb a. 1516
an Fürst Ernsts Gemahlin, Frau Margaretham,
die sich ebenfalls wegen der gar zu vielen Kinder
beklaget hatte, ein Trost-Schreiben, worinnen un-
ter andern folgende Worte enthalten waren: Der
Schatz der heiligen Ehe, nemlich die Kinder, ma-
chen zwar viel Unruhe, weil aber sonst keine Ruhe
allhier auf Erden, so ist das eine seelige Arbeit, mit

den
L 4

Von Geburth u. Tauffe Fuͤrſtl. Kinder.
kommen wieder an ihre Stelle. Ja man hat in
der alten und neuen Hiſtorie unterſchiedene Exem-
pel, daß oͤffters diejenigen, die vor einigen Jahren
noch ſo ſtarck und beſetzt geweſen, nach Verflieſſung
einer kurtzen Zeit, wenn es goͤttliche Regierung ſo
beſchloſſen, ihrem Untergang gantz nahe kommen.
Bißweilen iſt auch wohl eine und die andere miß-
traͤuiſche oder ſonſt irrige Meynung, wenn die
Hoch-Fuͤrſtlichen Eltern in den Gedancken geſtan-
den, als ob ſie mit einer allzu ſtarcken Anzahl der
Leibes-Erben von GOtt geſeegnet worden, auf ei-
ne oder die andere Weiſe von GOtt geſtrafft wor-
den. Der Maͤrckiſche Hiſtoricus, Nicolaus Len-
tinger,
meldet in ſeinen Commentariis P. VII. f. 12.
bey Erwehnung der Stadt Ratenau, daß, als an-
no
1318. 19 Marggrafen auf einem gewiſſen Ber-
ge bey Ratenau, welcher daher noch der Marggra-
fen-Berg genannt wuͤrde, zuſammen kommen, und
ſich uͤber die Vermehrung, und das daraus zu be-
ſorgende Unvermoͤgen ihrer Familie unter einander
beklagt, ſo waͤre es geſchehen, daß ſie alle binnen
zwey Jahren erloſchen. Fuͤrſt Magnus zu Anhalt
war hierinnen anderer Meynung, er ſchrieb a. 1516
an Fuͤrſt Ernſts Gemahlin, Frau Margaretham,
die ſich ebenfalls wegen der gar zu vielen Kinder
beklaget hatte, ein Troſt-Schreiben, worinnen un-
ter andern folgende Worte enthalten waren: Der
Schatz der heiligen Ehe, nemlich die Kinder, ma-
chen zwar viel Unruhe, weil aber ſonſt keine Ruhe
allhier auf Erden, ſo iſt das eine ſeelige Arbeit, mit

den
L 4
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[167/0191] Von Geburth u. Tauffe Fuͤrſtl. Kinder. kommen wieder an ihre Stelle. Ja man hat in der alten und neuen Hiſtorie unterſchiedene Exem- pel, daß oͤffters diejenigen, die vor einigen Jahren noch ſo ſtarck und beſetzt geweſen, nach Verflieſſung einer kurtzen Zeit, wenn es goͤttliche Regierung ſo beſchloſſen, ihrem Untergang gantz nahe kommen. Bißweilen iſt auch wohl eine und die andere miß- traͤuiſche oder ſonſt irrige Meynung, wenn die Hoch-Fuͤrſtlichen Eltern in den Gedancken geſtan- den, als ob ſie mit einer allzu ſtarcken Anzahl der Leibes-Erben von GOtt geſeegnet worden, auf ei- ne oder die andere Weiſe von GOtt geſtrafft wor- den. Der Maͤrckiſche Hiſtoricus, Nicolaus Len- tinger, meldet in ſeinen Commentariis P. VII. f. 12. bey Erwehnung der Stadt Ratenau, daß, als an- no 1318. 19 Marggrafen auf einem gewiſſen Ber- ge bey Ratenau, welcher daher noch der Marggra- fen-Berg genannt wuͤrde, zuſammen kommen, und ſich uͤber die Vermehrung, und das daraus zu be- ſorgende Unvermoͤgen ihrer Familie unter einander beklagt, ſo waͤre es geſchehen, daß ſie alle binnen zwey Jahren erloſchen. Fuͤrſt Magnus zu Anhalt war hierinnen anderer Meynung, er ſchrieb a. 1516 an Fuͤrſt Ernſts Gemahlin, Frau Margaretham, die ſich ebenfalls wegen der gar zu vielen Kinder beklaget hatte, ein Troſt-Schreiben, worinnen un- ter andern folgende Worte enthalten waren: Der Schatz der heiligen Ehe, nemlich die Kinder, ma- chen zwar viel Unruhe, weil aber ſonſt keine Ruhe allhier auf Erden, ſo iſt das eine ſeelige Arbeit, mit den L 4

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/191>, abgerufen am 21.11.2024.