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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von dem Tafel-Ceremoniel.
schall in das Tafel-Gemach voran zu gehen; zu-
weilen kommen auch noch über den Hof-Marschall
zwey vornehme Hof-Ministri mit Marschalls-
Stäben.

§. 21. Die ietzigen Speise-Ordnungen, und die
Aufsätze der Trachten, sind von den Zeiten der
grauen Vorfahren gar sehr unterschieden. Jetzund
haben manche vom bürgerlichen Stande bey ihren
solennen Gastereyen mehr Gerichte auf ihren Ti-
schen, als vor ein hundert oder ein paar hundert
Jahren Fürstliche Personen auf ihren Tafeln.
Die alten Geschichtschreiber melden, daß es auf
dem Begängniß Hertzogs Albrechts zu Sachsen,
der anno 1500. gestorben, und in der Dom-Kir-
che zu Meissen begraben worden, sehr prächtig zu-
gegangen, indem die Fürstlichen Tische den ersten
Abend mit 13, und den andern Abend mit 16 Ge-
richten gespeiset worden. Die andern Tische, an
welchen die Aebte, Grafen, Herren, Prälaten,
Jungfrauen und Frauen gesessen, wären den ersten
Abend mit 9, und den andern Tag mit 12 Spei-
sen besetzt gewesen. Das Geträncke aber auf al-
len diesen Tischen hätte in Reynfahl, süssen Wein,
zweyerley schlechten Weinen, und einerley Bier
bestanden.

§. 22. Heutiges Tages werden bey grossen So-
len nit
äten auf die Fürstlichen Tafeln wohl 80, 90,
100 ja über hundert Speisen aufgesetzt. Die un-
terschiedene Gänge werden mit den mancherley
Confituren wohl drey- biß viermahl verändert,

und
G 2

Von dem Tafel-Ceremoniel.
ſchall in das Tafel-Gemach voran zu gehen; zu-
weilen kommen auch noch uͤber den Hof-Marſchall
zwey vornehme Hof-Miniſtri mit Marſchalls-
Staͤben.

§. 21. Die ietzigen Speiſe-Ordnungen, und die
Aufſaͤtze der Trachten, ſind von den Zeiten der
grauen Vorfahren gar ſehr unterſchieden. Jetzund
haben manche vom buͤrgerlichen Stande bey ihren
ſolennen Gaſtereyen mehr Gerichte auf ihren Ti-
ſchen, als vor ein hundert oder ein paar hundert
Jahren Fuͤrſtliche Perſonen auf ihren Tafeln.
Die alten Geſchichtſchreiber melden, daß es auf
dem Begaͤngniß Hertzogs Albrechts zu Sachſen,
der anno 1500. geſtorben, und in der Dom-Kir-
che zu Meiſſen begraben worden, ſehr praͤchtig zu-
gegangen, indem die Fuͤrſtlichen Tiſche den erſten
Abend mit 13, und den andern Abend mit 16 Ge-
richten geſpeiſet worden. Die andern Tiſche, an
welchen die Aebte, Grafen, Herren, Praͤlaten,
Jungfrauen und Frauen geſeſſen, waͤren den erſten
Abend mit 9, und den andern Tag mit 12 Spei-
ſen beſetzt geweſen. Das Getraͤncke aber auf al-
len dieſen Tiſchen haͤtte in Reynfahl, ſuͤſſen Wein,
zweyerley ſchlechten Weinen, und einerley Bier
beſtanden.

§. 22. Heutiges Tages werden bey groſſen So-
len nit
aͤten auf die Fuͤrſtlichen Tafeln wohl 80, 90,
100 ja uͤber hundert Speiſen aufgeſetzt. Die un-
terſchiedene Gaͤnge werden mit den mancherley
Confituren wohl drey- biß viermahl veraͤndert,

und
G 2
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[99/0123] Von dem Tafel-Ceremoniel. ſchall in das Tafel-Gemach voran zu gehen; zu- weilen kommen auch noch uͤber den Hof-Marſchall zwey vornehme Hof-Miniſtri mit Marſchalls- Staͤben. §. 21. Die ietzigen Speiſe-Ordnungen, und die Aufſaͤtze der Trachten, ſind von den Zeiten der grauen Vorfahren gar ſehr unterſchieden. Jetzund haben manche vom buͤrgerlichen Stande bey ihren ſolennen Gaſtereyen mehr Gerichte auf ihren Ti- ſchen, als vor ein hundert oder ein paar hundert Jahren Fuͤrſtliche Perſonen auf ihren Tafeln. Die alten Geſchichtſchreiber melden, daß es auf dem Begaͤngniß Hertzogs Albrechts zu Sachſen, der anno 1500. geſtorben, und in der Dom-Kir- che zu Meiſſen begraben worden, ſehr praͤchtig zu- gegangen, indem die Fuͤrſtlichen Tiſche den erſten Abend mit 13, und den andern Abend mit 16 Ge- richten geſpeiſet worden. Die andern Tiſche, an welchen die Aebte, Grafen, Herren, Praͤlaten, Jungfrauen und Frauen geſeſſen, waͤren den erſten Abend mit 9, und den andern Tag mit 12 Spei- ſen beſetzt geweſen. Das Getraͤncke aber auf al- len dieſen Tiſchen haͤtte in Reynfahl, ſuͤſſen Wein, zweyerley ſchlechten Weinen, und einerley Bier beſtanden. §. 22. Heutiges Tages werden bey groſſen So- len nitaͤten auf die Fuͤrſtlichen Tafeln wohl 80, 90, 100 ja uͤber hundert Speiſen aufgeſetzt. Die un- terſchiedene Gaͤnge werden mit den mancherley Confituren wohl drey- biß viermahl veraͤndert, und G 2

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/123>, abgerufen am 22.11.2024.