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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von Schloß- u. Zimmer-Ceremoniellen.
furth geführet worden aus den Kayserlichen Zim-
mern weg. Es ist dieses eine Revenge, die von dem
Triebe der menschlichen Natur entspringt, dieweil
niemand gerne die Bilder derjenigen lieben, oder in
seinem Zimmer leiden will, die uns alles gebrandte
Hertzleid angethan.

§. 43. Der zu Kaysers Leopoldi Zeiten be-
rühmte Minister am Kayserlichen Hofe, Fürst
Lobkowiz, ersann eine seltzame Meublirung, als er
in eine Ungnade gefallen, und bey diesem seinem Un-
glück so wenig die Freyheit als Unschuld verlohren.
Er ließ sich ein Zimmer zurichten, welches die Helff-
te mit Tapeten und mehrern Fürstlichen Meublen
ausgezieret war, die andere Helffte aber die schlech-
teste Vorstellung einer Bauer-Hütte an Tag leg-
te; er erklährte sich dabey, gegen alle, die ihn besuch-
ten, daß er an solchem Ort seines vorigen und ietzi-
gen Zustandes am besten eingedenck seyn könte. S.
das Leben des Kaysers Leopoldi, p. 249.

§. 44. Grosse Herren finden bißweilen an man-
chen Gegenden auf dem Lande einen besondern Ge-
fallen, und erbauen sich nicht nur zu ihrem Plaisir
an denselben Orten prächtige Schlösser und schöne
Land- und Lust-Häuser, sondern sie befehlen auch
ihren hohen Ministris und vornehmsten Hof- und
Kriegs-Officianten an, daß sie sich ebenfalls da-
selbst anbauen müssen, theils, damit sie dieselben
iederzeit um sich haben, wenn sie ihres Raths, oder
ihrer übrigen Dienste benöthiget, theils auch, daß
hiedurch diejenigen Oerter, die sie gerne wollen an-

gebauet
F 2

Von Schloß- u. Zimmer-Ceremoniellen.
furth gefuͤhret worden aus den Kayſerlichen Zim-
mern weg. Es iſt dieſes eine Revenge, die von dem
Triebe der menſchlichen Natur entſpringt, dieweil
niemand gerne die Bilder derjenigen lieben, oder in
ſeinem Zimmer leiden will, die uns alles gebrandte
Hertzleid angethan.

§. 43. Der zu Kayſers Leopoldi Zeiten be-
ruͤhmte Miniſter am Kayſerlichen Hofe, Fuͤrſt
Lobkowiz, erſann eine ſeltzame Meublirung, als er
in eine Ungnade gefallen, und bey dieſem ſeinem Un-
gluͤck ſo wenig die Freyheit als Unſchuld verlohren.
Er ließ ſich ein Zimmer zurichten, welches die Helff-
te mit Tapeten und mehrern Fuͤrſtlichen Meublen
ausgezieret war, die andere Helffte aber die ſchlech-
teſte Vorſtellung einer Bauer-Huͤtte an Tag leg-
te; er erklaͤhrte ſich dabey, gegen alle, die ihn beſuch-
ten, daß er an ſolchem Ort ſeines vorigen und ietzi-
gen Zuſtandes am beſten eingedenck ſeyn koͤnte. S.
das Leben des Kayſers Leopoldi, p. 249.

§. 44. Groſſe Herren finden bißweilen an man-
chen Gegenden auf dem Lande einen beſondern Ge-
fallen, und erbauen ſich nicht nur zu ihrem Plaiſir
an denſelben Orten praͤchtige Schloͤſſer und ſchoͤne
Land- und Luſt-Haͤuſer, ſondern ſie befehlen auch
ihren hohen Miniſtris und vornehmſten Hof- und
Kriegs-Officianten an, daß ſie ſich ebenfalls da-
ſelbſt anbauen muͤſſen, theils, damit ſie dieſelben
iederzeit um ſich haben, wenn ſie ihres Raths, oder
ihrer uͤbrigen Dienſte benoͤthiget, theils auch, daß
hiedurch diejenigen Oerter, die ſie gerne wollen an-

gebauet
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[83/0107] Von Schloß- u. Zimmer-Ceremoniellen. furth gefuͤhret worden aus den Kayſerlichen Zim- mern weg. Es iſt dieſes eine Revenge, die von dem Triebe der menſchlichen Natur entſpringt, dieweil niemand gerne die Bilder derjenigen lieben, oder in ſeinem Zimmer leiden will, die uns alles gebrandte Hertzleid angethan. §. 43. Der zu Kayſers Leopoldi Zeiten be- ruͤhmte Miniſter am Kayſerlichen Hofe, Fuͤrſt Lobkowiz, erſann eine ſeltzame Meublirung, als er in eine Ungnade gefallen, und bey dieſem ſeinem Un- gluͤck ſo wenig die Freyheit als Unſchuld verlohren. Er ließ ſich ein Zimmer zurichten, welches die Helff- te mit Tapeten und mehrern Fuͤrſtlichen Meublen ausgezieret war, die andere Helffte aber die ſchlech- teſte Vorſtellung einer Bauer-Huͤtte an Tag leg- te; er erklaͤhrte ſich dabey, gegen alle, die ihn beſuch- ten, daß er an ſolchem Ort ſeines vorigen und ietzi- gen Zuſtandes am beſten eingedenck ſeyn koͤnte. S. das Leben des Kayſers Leopoldi, p. 249. §. 44. Groſſe Herren finden bißweilen an man- chen Gegenden auf dem Lande einen beſondern Ge- fallen, und erbauen ſich nicht nur zu ihrem Plaiſir an denſelben Orten praͤchtige Schloͤſſer und ſchoͤne Land- und Luſt-Haͤuſer, ſondern ſie befehlen auch ihren hohen Miniſtris und vornehmſten Hof- und Kriegs-Officianten an, daß ſie ſich ebenfalls da- ſelbſt anbauen muͤſſen, theils, damit ſie dieſelben iederzeit um ſich haben, wenn ſie ihres Raths, oder ihrer uͤbrigen Dienſte benoͤthiget, theils auch, daß hiedurch diejenigen Oerter, die ſie gerne wollen an- gebauet F 2

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/107>, abgerufen am 22.11.2024.