Gemach. Das Anklopffen an den Thüren ist in den Königlichen Häusern nicht erlaubt, sondern wenn sie zugemacht, und man weiß, daß die Leute oder Bedienten darinnen sind, kratzet man nur mit den Nägeln an.
§. 31. Wie man an den Höfen bey mancherley Handlungen gar sehr auf den Rang zu sehen pflegt, also werden auch bey den Zimmern gewisse Rang- Ceremonielle beobachtet, iedoch ist man in diesem Stück an einem Hofe immer accurater, als an dem andern. Die vornehmsten Bedienten, so der Herr- schafft am nächsten seyn müssen, dürffen sich auch in den Vorgemächern, die den Zimmern der Fürst- lichen Herrschafft am nächsten sind, aufhalten, da hingegen die weitern denjenigen Cavalieren gewid- met, so im Range den andern nachgehen.
§. 32. An einigen Höfen sind eigene und beson- dere Reglemens publicirt, in welchen Zimmern sich so wohl die Pagen als Cavaliers, die Frembden und Einheimischen, nach dem Unterschied ihres Stan- des und ihrer Bedienungen, dürffen finden lassen. Ob zwar die Dames fast allenthalben in den mei- sten Stücken vor den Cavalieren einen Vorzug ha- ben, so ist ihnen doch nicht an allen Höfen ohne Un- terschied erlaubt, in der ersten Antichambre ihrer Fürstin zu seyn, sondern einige müssen sich in der an- dern Antichambre aufhalten.
§. 33. An dem Kayserlichen Hofe hat man zwar zu allen Zeiten in diesem Stück eine besondere Ac- curatesse in Obacht genommen. Man hat aber
doch
Von Schloß- u. Zimmer-Ceremoniellen.
Gemach. Das Anklopffen an den Thuͤren iſt in den Koͤniglichen Haͤuſern nicht erlaubt, ſondern wenn ſie zugemacht, und man weiß, daß die Leute oder Bedienten darinnen ſind, kratzet man nur mit den Naͤgeln an.
§. 31. Wie man an den Hoͤfen bey mancherley Handlungen gar ſehr auf den Rang zu ſehen pflegt, alſo werden auch bey den Zimmern gewiſſe Rang- Ceremonielle beobachtet, iedoch iſt man in dieſem Stuͤck an einem Hofe immer accurater, als an dem andern. Die vornehmſten Bedienten, ſo der Herr- ſchafft am naͤchſten ſeyn muͤſſen, duͤrffen ſich auch in den Vorgemaͤchern, die den Zimmern der Fuͤrſt- lichen Herrſchafft am naͤchſten ſind, aufhalten, da hingegen die weitern denjenigen Cavalieren gewid- met, ſo im Range den andern nachgehen.
§. 32. An einigen Hoͤfen ſind eigene und beſon- dere Reglemens publicirt, in welchen Zimmern ſich ſo wohl die Pagen als Cavaliers, die Frembden und Einheimiſchen, nach dem Unterſchied ihres Stan- des und ihrer Bedienungen, duͤrffen finden laſſen. Ob zwar die Dames faſt allenthalben in den mei- ſten Stuͤcken vor den Cavalieren einen Vorzug ha- ben, ſo iſt ihnen doch nicht an allen Hoͤfen ohne Un- terſchied erlaubt, in der erſten Antichambre ihrer Fuͤrſtin zu ſeyn, ſondern einige muͤſſen ſich in der an- dern Antichambre aufhalten.
§. 33. An dem Kayſerlichen Hofe hat man zwar zu allen Zeiten in dieſem Stuͤck eine beſondere Ac- curateſſe in Obacht genommen. Man hat aber
doch
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Von Schloß- u. Zimmer-Ceremoniellen.
Gemach. Das Anklopffen an den Thuͤren iſt in
den Koͤniglichen Haͤuſern nicht erlaubt, ſondern
wenn ſie zugemacht, und man weiß, daß die Leute
oder Bedienten darinnen ſind, kratzet man nur mit
den Naͤgeln an.
§. 31. Wie man an den Hoͤfen bey mancherley
Handlungen gar ſehr auf den Rang zu ſehen pflegt,
alſo werden auch bey den Zimmern gewiſſe Rang-
Ceremonielle beobachtet, iedoch iſt man in dieſem
Stuͤck an einem Hofe immer accurater, als an dem
andern. Die vornehmſten Bedienten, ſo der Herr-
ſchafft am naͤchſten ſeyn muͤſſen, duͤrffen ſich auch
in den Vorgemaͤchern, die den Zimmern der Fuͤrſt-
lichen Herrſchafft am naͤchſten ſind, aufhalten, da
hingegen die weitern denjenigen Cavalieren gewid-
met, ſo im Range den andern nachgehen.
§. 32. An einigen Hoͤfen ſind eigene und beſon-
dere Reglemens publicirt, in welchen Zimmern ſich
ſo wohl die Pagen als Cavaliers, die Frembden und
Einheimiſchen, nach dem Unterſchied ihres Stan-
des und ihrer Bedienungen, duͤrffen finden laſſen.
Ob zwar die Dames faſt allenthalben in den mei-
ſten Stuͤcken vor den Cavalieren einen Vorzug ha-
ben, ſo iſt ihnen doch nicht an allen Hoͤfen ohne Un-
terſchied erlaubt, in der erſten Antichambre ihrer
Fuͤrſtin zu ſeyn, ſondern einige muͤſſen ſich in der an-
dern Antichambre aufhalten.
§. 33. An dem Kayſerlichen Hofe hat man zwar
zu allen Zeiten in dieſem Stuͤck eine beſondere Ac-
curateſſe in Obacht genommen. Man hat aber
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/101>, abgerufen am 25.11.2024.
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