§. 9. Man muß sich in der That wundern, daß die grossen Herren in Teutschland, dem seltzamen Beginnen, und der thörichten Ehr-Begierde der Menschen, in Ansehung der Titulaturen, in den Po- licey-Ordnungen nicht fleißiger Ziel und Maaß ge- setzt, als wohl hätte geschehen können und sollen. Es hätte durch ein gehörig Einsehen, mancher Jalousie, mancher Mißgunst und Unordnung, die hieraus er- wachsen, können vorgebogen werden. Es ist aber zu vermuthen, daß in den künfftigen Zeiten vieles thörichte Wesen bey den Tituln, durch Landesherr- liche Mandata, wird abgeschafft und bestrafft wer- den, wie denn hiebey von einiger Zeit her hin und wieder einige Excesse bereits abgestellet worden. Also liessen Jhro Königl. Majestät in Pohlen und Chur-Fürstl. Durchlauchtigkeit zu Sachsen, anno 1710. im Monath May, zu Dreßden, die höchst- löbliche Verordnung ergehen, des Jnnhalts: Daß in Dero Landen, bißhero sich nicht allein die Kir- chen-Patronen, sondern auch die eingepfarrten Ge- richts-Herren, nebst denen Jhrigen, unterstanden, sich sowohl in dem allgemeinen Kirchen-Gebeth, als auch in andern Vorbitten und Dancksagungen, grosse und unzuläßige Titul beylegen zu lassen, und solche nach ihrem Gefallen anzuordnen. Alldie- weil sich aber nicht geziemen wolte, in dem Gebeth, als welches in wahrer Demuth des Hertzens ge- schehen solte, mit grossen Tituln zu prangen; Se. Königl. Majestät auch selbst, nebst Dero Königl. Hause, weder in dem allgemeinen, noch andern Ge-
bethen,
Von dem Titul-Weſen und Prædicaten.
§. 9. Man muß ſich in der That wundern, daß die groſſen Herren in Teutſchland, dem ſeltzamen Beginnen, und der thoͤrichten Ehr-Begierde der Menſchen, in Anſehung der Titulaturen, in den Po- licey-Ordnungen nicht fleißiger Ziel und Maaß ge- ſetzt, als wohl haͤtte geſchehen koͤnnen und ſollen. Es haͤtte durch ein gehoͤrig Einſehen, mancher Jalouſie, mancher Mißgunſt und Unordnung, die hieraus er- wachſen, koͤnnen vorgebogen werden. Es iſt aber zu vermuthen, daß in den kuͤnfftigen Zeiten vieles thoͤrichte Weſen bey den Tituln, durch Landesherr- liche Mandata, wird abgeſchafft und beſtrafft wer- den, wie denn hiebey von einiger Zeit her hin und wieder einige Exceſſe bereits abgeſtellet worden. Alſo lieſſen Jhro Koͤnigl. Majeſtaͤt in Pohlen und Chur-Fuͤrſtl. Durchlauchtigkeit zu Sachſen, anno 1710. im Monath May, zu Dreßden, die hoͤchſt- loͤbliche Verordnung ergehen, des Jnnhalts: Daß in Dero Landen, bißhero ſich nicht allein die Kir- chen-Patronen, ſondern auch die eingepfarrten Ge- richts-Herren, nebſt denen Jhrigen, unterſtanden, ſich ſowohl in dem allgemeinen Kirchen-Gebeth, als auch in andern Vorbitten und Danckſagungen, groſſe und unzulaͤßige Titul beylegen zu laſſen, und ſolche nach ihrem Gefallen anzuordnen. Alldie- weil ſich aber nicht geziemen wolte, in dem Gebeth, als welches in wahrer Demuth des Hertzens ge- ſchehen ſolte, mit groſſen Tituln zu prangen; Se. Koͤnigl. Majeſtaͤt auch ſelbſt, nebſt Dero Koͤnigl. Hauſe, weder in dem allgemeinen, noch andern Ge-
bethen,
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0081"n="61"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von dem <hirendition="#aq">Titul-</hi>Weſen und <hirendition="#aq">Prædicat</hi>en.</hi></fw><lb/><p>§. 9. Man muß ſich in der That wundern, daß<lb/>
die groſſen Herren in Teutſchland, dem ſeltzamen<lb/>
Beginnen, und der thoͤrichten Ehr-Begierde der<lb/>
Menſchen, in Anſehung der <hirendition="#aq">Titulatur</hi>en, in den Po-<lb/>
licey-Ordnungen nicht fleißiger Ziel und Maaß ge-<lb/>ſetzt, als wohl haͤtte geſchehen koͤnnen und ſollen. Es<lb/>
haͤtte durch ein gehoͤrig Einſehen, mancher <hirendition="#aq">Jalouſie,</hi><lb/>
mancher Mißgunſt und Unordnung, die hieraus er-<lb/>
wachſen, koͤnnen vorgebogen werden. Es iſt aber<lb/>
zu vermuthen, daß in den kuͤnfftigen Zeiten vieles<lb/>
thoͤrichte Weſen bey den <hirendition="#aq">Tituln,</hi> durch Landesherr-<lb/>
liche <hirendition="#aq">Mandata,</hi> wird abgeſchafft und beſtrafft wer-<lb/>
den, wie denn hiebey von einiger Zeit her hin und<lb/>
wieder einige <hirendition="#aq">Exceſſe</hi> bereits abgeſtellet worden.<lb/>
Alſo lieſſen Jhro Koͤnigl. Majeſtaͤt in Pohlen und<lb/>
Chur-Fuͤrſtl. Durchlauchtigkeit zu Sachſen, <hirendition="#aq">anno</hi><lb/>
1710. im Monath May, zu Dreßden, die hoͤchſt-<lb/>
loͤbliche Verordnung ergehen, des Jnnhalts: Daß<lb/>
in Dero Landen, bißhero ſich nicht allein die Kir-<lb/>
chen-<hirendition="#aq">Patron</hi>en, ſondern auch die eingepfarrten Ge-<lb/>
richts-Herren, nebſt denen Jhrigen, unterſtanden,<lb/>ſich ſowohl in dem allgemeinen Kirchen-Gebeth, als<lb/>
auch in andern Vorbitten und Danckſagungen,<lb/>
groſſe und unzulaͤßige <hirendition="#aq">Titul</hi> beylegen zu laſſen, und<lb/>ſolche nach ihrem Gefallen anzuordnen. Alldie-<lb/>
weil ſich aber nicht geziemen wolte, in dem Gebeth,<lb/>
als welches in wahrer Demuth des Hertzens ge-<lb/>ſchehen ſolte, mit groſſen <hirendition="#aq">Tituln</hi> zu prangen; Se.<lb/>
Koͤnigl. Majeſtaͤt auch ſelbſt, nebſt Dero Koͤnigl.<lb/>
Hauſe, weder in dem allgemeinen, noch andern Ge-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">bethen,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[61/0081]
Von dem Titul-Weſen und Prædicaten.
§. 9. Man muß ſich in der That wundern, daß
die groſſen Herren in Teutſchland, dem ſeltzamen
Beginnen, und der thoͤrichten Ehr-Begierde der
Menſchen, in Anſehung der Titulaturen, in den Po-
licey-Ordnungen nicht fleißiger Ziel und Maaß ge-
ſetzt, als wohl haͤtte geſchehen koͤnnen und ſollen. Es
haͤtte durch ein gehoͤrig Einſehen, mancher Jalouſie,
mancher Mißgunſt und Unordnung, die hieraus er-
wachſen, koͤnnen vorgebogen werden. Es iſt aber
zu vermuthen, daß in den kuͤnfftigen Zeiten vieles
thoͤrichte Weſen bey den Tituln, durch Landesherr-
liche Mandata, wird abgeſchafft und beſtrafft wer-
den, wie denn hiebey von einiger Zeit her hin und
wieder einige Exceſſe bereits abgeſtellet worden.
Alſo lieſſen Jhro Koͤnigl. Majeſtaͤt in Pohlen und
Chur-Fuͤrſtl. Durchlauchtigkeit zu Sachſen, anno
1710. im Monath May, zu Dreßden, die hoͤchſt-
loͤbliche Verordnung ergehen, des Jnnhalts: Daß
in Dero Landen, bißhero ſich nicht allein die Kir-
chen-Patronen, ſondern auch die eingepfarrten Ge-
richts-Herren, nebſt denen Jhrigen, unterſtanden,
ſich ſowohl in dem allgemeinen Kirchen-Gebeth, als
auch in andern Vorbitten und Danckſagungen,
groſſe und unzulaͤßige Titul beylegen zu laſſen, und
ſolche nach ihrem Gefallen anzuordnen. Alldie-
weil ſich aber nicht geziemen wolte, in dem Gebeth,
als welches in wahrer Demuth des Hertzens ge-
ſchehen ſolte, mit groſſen Tituln zu prangen; Se.
Koͤnigl. Majeſtaͤt auch ſelbſt, nebſt Dero Koͤnigl.
Hauſe, weder in dem allgemeinen, noch andern Ge-
bethen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/81>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.