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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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I. Theil. III. Capitul.

§. 8. Ob sich schon die unmäßige Begierde nach
grössern Tituln bey allerhand Fällen äussert, so er-
weiset sie sich doch nirgends mehr, als wenn die Be-
nennung des Standes, oder der Bedienung, vor
vielen Leuten abgelesen, oder sonst vermeldet und
kund werden soll. Es erfahren dieses insonderheit
die Herren Geistlichen, bey Haltung der Leich-Pre-
digten, bey den Aufgebothen, und bey andern öf-
fentlichen Abkündigungen, da sie bißweilen die Ti-
tulatur
en nicht so prächtig einrichten können, als die
andern verlangen, oder sie ihnen die Vorschrifften
hierzu ertheilen. Es wäre besser, wenn manche
Priester, aus Eigennutz der thörichten Begierde der
Menschen, auf der Cantzel nicht so schmeichelten, als
wohl zu geschehen pflegt. Es entstehet hieraus
manche Unordnung. Wunder-seltzam läst es,
wenn sie die Titul auch biß auf die Seligkeit erstre-
cken, und die Seligkeit, nach Proportion des Stan-
des, der Ehren-Stelle, auch wohl bißweilen der
Einkünffte, die der Verstorbene hinterlassen, der
Direction, die sie von den Erben vor die Leichen-
Predigt, der Vermuthung nach, zu hoffen haben,
und der Hochachtung, die sie vor dem Verstorbe-
nen gehabt, austheilen wollen. Einige von dem
höchsten Stande, nennen sich Höchstseligst, andere
Hochselig, noch andere Wohlselig; der gemeine
Mann aber muß bloß mit Selig vorlieb nehmen;
Manche wollen, sie in Christmildesten Andencken
erhalten, andere in Gottseligen, noch andere in seli-
gen Andencken, u. s. w.

§. 9.
I. Theil. III. Capitul.

§. 8. Ob ſich ſchon die unmaͤßige Begierde nach
groͤſſern Tituln bey allerhand Faͤllen aͤuſſert, ſo er-
weiſet ſie ſich doch nirgends mehr, als wenn die Be-
nennung des Standes, oder der Bedienung, vor
vielen Leuten abgeleſen, oder ſonſt vermeldet und
kund werden ſoll. Es erfahren dieſes inſonderheit
die Herren Geiſtlichen, bey Haltung der Leich-Pre-
digten, bey den Aufgebothen, und bey andern oͤf-
fentlichen Abkuͤndigungen, da ſie bißweilen die Ti-
tulatur
en nicht ſo praͤchtig einrichten koͤnnen, als die
andern verlangen, oder ſie ihnen die Vorſchrifften
hierzu ertheilen. Es waͤre beſſer, wenn manche
Prieſter, aus Eigennutz der thoͤrichten Begierde der
Menſchen, auf der Cantzel nicht ſo ſchmeichelten, als
wohl zu geſchehen pflegt. Es entſtehet hieraus
manche Unordnung. Wunder-ſeltzam laͤſt es,
wenn ſie die Titul auch biß auf die Seligkeit erſtre-
cken, und die Seligkeit, nach Proportion des Stan-
des, der Ehren-Stelle, auch wohl bißweilen der
Einkuͤnffte, die der Verſtorbene hinterlaſſen, der
Direction, die ſie von den Erben vor die Leichen-
Predigt, der Vermuthung nach, zu hoffen haben,
und der Hochachtung, die ſie vor dem Verſtorbe-
nen gehabt, austheilen wollen. Einige von dem
hoͤchſten Stande, nennen ſich Hoͤchſtſeligſt, andere
Hochſelig, noch andere Wohlſelig; der gemeine
Mann aber muß bloß mit Selig vorlieb nehmen;
Manche wollen, ſie in Chriſtmildeſten Andencken
erhalten, andere in Gottſeligen, noch andere in ſeli-
gen Andencken, u. ſ. w.

§. 9.
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[60/0080] I. Theil. III. Capitul. §. 8. Ob ſich ſchon die unmaͤßige Begierde nach groͤſſern Tituln bey allerhand Faͤllen aͤuſſert, ſo er- weiſet ſie ſich doch nirgends mehr, als wenn die Be- nennung des Standes, oder der Bedienung, vor vielen Leuten abgeleſen, oder ſonſt vermeldet und kund werden ſoll. Es erfahren dieſes inſonderheit die Herren Geiſtlichen, bey Haltung der Leich-Pre- digten, bey den Aufgebothen, und bey andern oͤf- fentlichen Abkuͤndigungen, da ſie bißweilen die Ti- tulaturen nicht ſo praͤchtig einrichten koͤnnen, als die andern verlangen, oder ſie ihnen die Vorſchrifften hierzu ertheilen. Es waͤre beſſer, wenn manche Prieſter, aus Eigennutz der thoͤrichten Begierde der Menſchen, auf der Cantzel nicht ſo ſchmeichelten, als wohl zu geſchehen pflegt. Es entſtehet hieraus manche Unordnung. Wunder-ſeltzam laͤſt es, wenn ſie die Titul auch biß auf die Seligkeit erſtre- cken, und die Seligkeit, nach Proportion des Stan- des, der Ehren-Stelle, auch wohl bißweilen der Einkuͤnffte, die der Verſtorbene hinterlaſſen, der Direction, die ſie von den Erben vor die Leichen- Predigt, der Vermuthung nach, zu hoffen haben, und der Hochachtung, die ſie vor dem Verſtorbe- nen gehabt, austheilen wollen. Einige von dem hoͤchſten Stande, nennen ſich Hoͤchſtſeligſt, andere Hochſelig, noch andere Wohlſelig; der gemeine Mann aber muß bloß mit Selig vorlieb nehmen; Manche wollen, ſie in Chriſtmildeſten Andencken erhalten, andere in Gottſeligen, noch andere in ſeli- gen Andencken, u. ſ. w. §. 9.

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/80>, abgerufen am 23.11.2024.