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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Sterben.
nicht vertragen kan, jedoch mit neugewaschenen Tü-
chern und saubern Matrazzen überdecket werden.
Er wird sein Gesichte balbjeren, die Hände sauber
abwaschen, die Zimmer mit gutem Räuchwerck
ausräuchern, und alles Geräthe, oder alle Gefässe,
die denenjenigen, so bey ihm einen Besuch abstat-
ten, einen Eckel erregen, wegsetzen, und sich fleißig
zudecken lassen, damit auf keinerley Weise etwas
unanständiges von ihm gesehen werde. Weil er
auch wohl weiß, daß viel Menschen vor den Kran-
cken und Sterbenden ein Grauen haben, so wird er
nicht leicht jemand von Fremden, wenn er nicht
weiß, daß es seine nächsten Anverwandten, oder
sonst seine liebsten und getreuesten Freunde sind, die
Hand reichen, zumahl bey ansteckenden Kranckhei-
ten, sondern ihnen sonst mit Worten und Geberden
seine Liebe, Freundschafft und Höflichkeit zu erwei-
sen suchen.

§. 17. Es würde sich in der That mancher auf
seinem Krancken- und Sterbe-Bette besser auf sei-
nen Tod zubereiten, wenn ihm nicht seine Anver-
wandten, oder Bedienten, oder auch die so genand-
ten guten Freunde, offtmahls an einer bußfertigen
und gläubigen Zubereitung mehr hinderlich als be-
förderlich wären. Jhrer viele, wenn sie zumahl
mercken, daß er nicht gerne sterben will, machen ihm
den Zustand der Kranckheit viel leichter, und stellen
sie ihm nicht so gefährlich vor, sie sind wohl un-
willig, wenn der Medicus nicht gut trösten will, oder
wenn der Beicht-Vater ihm von dem Tode viel

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T t 3

Vom Sterben.
nicht vertragen kan, jedoch mit neugewaſchenen Tuͤ-
chern und ſaubern Matrazzen uͤberdecket werden.
Er wird ſein Geſichte balbjeren, die Haͤnde ſauber
abwaſchen, die Zimmer mit gutem Raͤuchwerck
ausraͤuchern, und alles Geraͤthe, oder alle Gefaͤſſe,
die denenjenigen, ſo bey ihm einen Beſuch abſtat-
ten, einen Eckel erregen, wegſetzen, und ſich fleißig
zudecken laſſen, damit auf keinerley Weiſe etwas
unanſtaͤndiges von ihm geſehen werde. Weil er
auch wohl weiß, daß viel Menſchen vor den Kran-
cken und Sterbenden ein Grauen haben, ſo wird er
nicht leicht jemand von Fremden, wenn er nicht
weiß, daß es ſeine naͤchſten Anverwandten, oder
ſonſt ſeine liebſten und getreueſten Freunde ſind, die
Hand reichen, zumahl bey anſteckenden Kranckhei-
ten, ſondern ihnen ſonſt mit Worten und Geberden
ſeine Liebe, Freundſchafft und Hoͤflichkeit zu erwei-
ſen ſuchen.

§. 17. Es wuͤrde ſich in der That mancher auf
ſeinem Krancken- und Sterbe-Bette beſſer auf ſei-
nen Tod zubereiten, wenn ihm nicht ſeine Anver-
wandten, oder Bedienten, oder auch die ſo genand-
ten guten Freunde, offtmahls an einer bußfertigen
und glaͤubigen Zubereitung mehr hinderlich als be-
foͤrderlich waͤren. Jhrer viele, wenn ſie zumahl
mercken, daß er nicht gerne ſterben will, machen ihm
den Zuſtand der Kranckheit viel leichter, und ſtellen
ſie ihm nicht ſo gefaͤhrlich vor, ſie ſind wohl un-
willig, wenn der Medicus nicht gut troͤſten will, oder
wenn der Beicht-Vater ihm von dem Tode viel

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[661/0681] Vom Sterben. nicht vertragen kan, jedoch mit neugewaſchenen Tuͤ- chern und ſaubern Matrazzen uͤberdecket werden. Er wird ſein Geſichte balbjeren, die Haͤnde ſauber abwaſchen, die Zimmer mit gutem Raͤuchwerck ausraͤuchern, und alles Geraͤthe, oder alle Gefaͤſſe, die denenjenigen, ſo bey ihm einen Beſuch abſtat- ten, einen Eckel erregen, wegſetzen, und ſich fleißig zudecken laſſen, damit auf keinerley Weiſe etwas unanſtaͤndiges von ihm geſehen werde. Weil er auch wohl weiß, daß viel Menſchen vor den Kran- cken und Sterbenden ein Grauen haben, ſo wird er nicht leicht jemand von Fremden, wenn er nicht weiß, daß es ſeine naͤchſten Anverwandten, oder ſonſt ſeine liebſten und getreueſten Freunde ſind, die Hand reichen, zumahl bey anſteckenden Kranckhei- ten, ſondern ihnen ſonſt mit Worten und Geberden ſeine Liebe, Freundſchafft und Hoͤflichkeit zu erwei- ſen ſuchen. §. 17. Es wuͤrde ſich in der That mancher auf ſeinem Krancken- und Sterbe-Bette beſſer auf ſei- nen Tod zubereiten, wenn ihm nicht ſeine Anver- wandten, oder Bedienten, oder auch die ſo genand- ten guten Freunde, offtmahls an einer bußfertigen und glaͤubigen Zubereitung mehr hinderlich als be- foͤrderlich waͤren. Jhrer viele, wenn ſie zumahl mercken, daß er nicht gerne ſterben will, machen ihm den Zuſtand der Kranckheit viel leichter, und ſtellen ſie ihm nicht ſo gefaͤhrlich vor, ſie ſind wohl un- willig, wenn der Medicus nicht gut troͤſten will, oder wenn der Beicht-Vater ihm von dem Tode viel vorpre- T t 3

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 661. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/681>, abgerufen am 22.11.2024.