wenn manche Frau von geringer Extraction, in der Kleidung der grösten Minister-Frau nichts nach- giebt, zu ihrer Bedienung aber eine Magd hinter sich treten hat. Es ist auch nichts seltzames, daß die von niedern Stande, einigen Höhern an Einkünff- ten völlig gleich, und sie auch wohl gar bißweilen übertreffen; Jnzwischen können sie dennoch mit aller ihrer Pracht, darinnen sie den Höhern nachahmen, diejenigen Praerogativen nicht erlangen, die einem höhern Stande oder Character eigenthümlich sind. Es dienet ihnen mehr zu ihrer Bekränckung und Mortification, wenn sie bey ihrem äußerl. Wesen dem Höhern ähnlich sind, zugleich die Begierde be- sitzen, dasjenige zu seyn und zu bedeuten, was sie scheinen, und dennoch weder von den Geringern, noch weniger von ihres gleichen und dem Höhern, den Rang, die Titulationen und andere Ehren- Bezeugungen überkommen, die sie sich wohl wünschen.
§. 17. Die Moden-Sucht richtet viel und man- cherley Unheil an. Ein großer Theil der Men- schen wird durch dieses Laster in die äußerste Ar- muth gestürtzet. So bald manch eiteles und Mo- den-süchtiges Frauenzimmer hört, daß eine gewisse Farbe nicht mehr nach der Mode seyn soll, so kan sie das Kleid nicht mehr vor Augen sehen, sie schickt es auf den Trödel, verkaufft es um ein Spott-Geld, und schafft sich wieder ein anders, biß endlich der Mangel des Geldes ihre Moden-Sucht einschrän- cket; wenn diese lasterhafften vernehmen, daß das
Silber-
Von der Mode.
wenn manche Frau von geringer Extraction, in der Kleidung der groͤſten Miniſter-Frau nichts nach- giebt, zu ihrer Bedienung aber eine Magd hinter ſich treten hat. Es iſt auch nichts ſeltzames, daß die von niedern Stande, einigen Hoͤhern an Einkuͤnff- ten voͤllig gleich, und ſie auch wohl gar bißweilen uͤbertreffen; Jnzwiſchen koͤnnen ſie dennoch mit aller ihrer Pracht, darinnen ſie den Hoͤhern nachahmen, diejenigen Prærogativen nicht erlangen, die einem hoͤhern Stande oder Character eigenthuͤmlich ſind. Es dienet ihnen mehr zu ihrer Bekraͤnckung und Mortification, wenn ſie bey ihrem aͤußerl. Weſen dem Hoͤhern aͤhnlich ſind, zugleich die Begierde be- ſitzen, dasjenige zu ſeyn und zu bedeuten, was ſie ſcheinen, und dennoch weder von den Geringern, noch weniger von ihres gleichen und dem Hoͤhern, den Rang, die Titulationen und andere Ehren- Bezeugungen uͤberkommen, die ſie ſich wohl wuͤnſchen.
§. 17. Die Moden-Sucht richtet viel und man- cherley Unheil an. Ein großer Theil der Men- ſchen wird durch dieſes Laſter in die aͤußerſte Ar- muth geſtuͤrtzet. So bald manch eiteles und Mo- den-ſuͤchtiges Frauenzimmer hoͤrt, daß eine gewiſſe Farbe nicht mehr nach der Mode ſeyn ſoll, ſo kan ſie das Kleid nicht mehr vor Augen ſehen, ſie ſchickt es auf den Troͤdel, verkaufft es um ein Spott-Geld, und ſchafft ſich wieder ein anders, biß endlich der Mangel des Geldes ihre Moden-Sucht einſchraͤn- cket; wenn dieſe laſterhafften vernehmen, daß das
Silber-
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Von der Mode.
wenn manche Frau von geringer Extraction, in der
Kleidung der groͤſten Miniſter-Frau nichts nach-
giebt, zu ihrer Bedienung aber eine Magd hinter
ſich treten hat. Es iſt auch nichts ſeltzames, daß die
von niedern Stande, einigen Hoͤhern an Einkuͤnff-
ten voͤllig gleich, und ſie auch wohl gar bißweilen
uͤbertreffen; Jnzwiſchen koͤnnen ſie dennoch mit aller
ihrer Pracht, darinnen ſie den Hoͤhern nachahmen,
diejenigen Prærogativen nicht erlangen, die einem
hoͤhern Stande oder Character eigenthuͤmlich ſind.
Es dienet ihnen mehr zu ihrer Bekraͤnckung und
Mortification, wenn ſie bey ihrem aͤußerl. Weſen
dem Hoͤhern aͤhnlich ſind, zugleich die Begierde be-
ſitzen, dasjenige zu ſeyn und zu bedeuten, was ſie
ſcheinen, und dennoch weder von den Geringern,
noch weniger von ihres gleichen und dem Hoͤhern,
den Rang, die Titulationen und andere Ehren-
Bezeugungen uͤberkommen, die ſie ſich wohl
wuͤnſchen.
§. 17. Die Moden-Sucht richtet viel und man-
cherley Unheil an. Ein großer Theil der Men-
ſchen wird durch dieſes Laſter in die aͤußerſte Ar-
muth geſtuͤrtzet. So bald manch eiteles und Mo-
den-ſuͤchtiges Frauenzimmer hoͤrt, daß eine gewiſſe
Farbe nicht mehr nach der Mode ſeyn ſoll, ſo kan ſie
das Kleid nicht mehr vor Augen ſehen, ſie ſchickt es
auf den Troͤdel, verkaufft es um ein Spott-Geld,
und ſchafft ſich wieder ein anders, biß endlich der
Mangel des Geldes ihre Moden-Sucht einſchraͤn-
cket; wenn dieſe laſterhafften vernehmen, daß das
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/67>, abgerufen am 27.11.2024.
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