jenigen, die entweder geitzig sind, oder selbst kaum ihr nothdürfftiges Auskommen haben, oder die vor- her wissen, daß es die Eltern aus eigennützigen Ab- sichten gethan, an diese heilige Handlung sehr un- gerne gehen. Es ist daher löblich, daß an unter- schiedenen Orten die Eingebinde, und alle derglei- chen Geschencke, durch öffentliche Landes-Mandata verboten worden, und wäre zu wünschen, daß sie allenthalben abgeschafft würden. Doch hierbey kan sich ein jeder helffen, daß er willig und bereit ist, diese heilige Handlung über sich zu nehmen, wenn er nemlich nichts einbindet. Diese Freygebigkeit ist freywillig, und kan niemand dazu gezwungen wer- den, sie stehet in eines jeden Gefallen. Es haben schon viel christliche und vernünfftige Leute den An- fang gemacht, und binden entweder gar nichts ein, oder statten doch ihre Geschencke an ihre Pathen zu der Zeit und auf die Weise ab, die ihnen am be- quemsten und gefälligsten. Christliche und tugend- haffte Eltern, die aus Freundschafft und gutem Ver- trauen einen zum Tauff-Zeugen erwehlen, werden im geringsten auf kein Pathen-Geschenck sehen; sind aber andere, die einen um ihres Eigennutzes willen dazu erwehlet, so ist man eben nicht verbun- den, den lasterhafften Begierden anderer Leute nach ihrem Gefallen ein Genügen zu leisten.
§. 7. Unter das unanständige Wesen, so manche Gevattern hier und da von sich blicken lassen, gehö- ret mit, wenn sie sich bey dieser hochheiligen Hand- lung, theils in Kleidung, theils in Geberden so frech
und
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Von den Gevatterſchafften.
jenigen, die entweder geitzig ſind, oder ſelbſt kaum ihr nothduͤrfftiges Auskommen haben, oder die vor- her wiſſen, daß es die Eltern aus eigennuͤtzigen Ab- ſichten gethan, an dieſe heilige Handlung ſehr un- gerne gehen. Es iſt daher loͤblich, daß an unter- ſchiedenen Orten die Eingebinde, und alle derglei- chen Geſchencke, durch oͤffentliche Landes-Mandata verboten worden, und waͤre zu wuͤnſchen, daß ſie allenthalben abgeſchafft wuͤrden. Doch hierbey kan ſich ein jeder helffen, daß er willig und bereit iſt, dieſe heilige Handlung uͤber ſich zu nehmen, wenn er nemlich nichts einbindet. Dieſe Freygebigkeit iſt freywillig, und kan niemand dazu gezwungen wer- den, ſie ſtehet in eines jeden Gefallen. Es haben ſchon viel chriſtliche und vernuͤnfftige Leute den An- fang gemacht, und binden entweder gar nichts ein, oder ſtatten doch ihre Geſchencke an ihre Pathen zu der Zeit und auf die Weiſe ab, die ihnen am be- quemſten und gefaͤlligſten. Chriſtliche und tugend- haffte Eltern, die aus Freundſchafft und gutem Ver- trauen einen zum Tauff-Zeugen erwehlen, werden im geringſten auf kein Pathen-Geſchenck ſehen; ſind aber andere, die einen um ihres Eigennutzes willen dazu erwehlet, ſo iſt man eben nicht verbun- den, den laſterhafften Begierden anderer Leute nach ihrem Gefallen ein Genuͤgen zu leiſten.
§. 7. Unter das unanſtaͤndige Weſen, ſo manche Gevattern hier und da von ſich blicken laſſen, gehoͤ- ret mit, wenn ſie ſich bey dieſer hochheiligen Hand- lung, theils in Kleidung, theils in Geberden ſo frech
und
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Von den Gevatterſchafften.
jenigen, die entweder geitzig ſind, oder ſelbſt kaum
ihr nothduͤrfftiges Auskommen haben, oder die vor-
her wiſſen, daß es die Eltern aus eigennuͤtzigen Ab-
ſichten gethan, an dieſe heilige Handlung ſehr un-
gerne gehen. Es iſt daher loͤblich, daß an unter-
ſchiedenen Orten die Eingebinde, und alle derglei-
chen Geſchencke, durch oͤffentliche Landes-Mandata
verboten worden, und waͤre zu wuͤnſchen, daß ſie
allenthalben abgeſchafft wuͤrden. Doch hierbey
kan ſich ein jeder helffen, daß er willig und bereit iſt,
dieſe heilige Handlung uͤber ſich zu nehmen, wenn
er nemlich nichts einbindet. Dieſe Freygebigkeit iſt
freywillig, und kan niemand dazu gezwungen wer-
den, ſie ſtehet in eines jeden Gefallen. Es haben
ſchon viel chriſtliche und vernuͤnfftige Leute den An-
fang gemacht, und binden entweder gar nichts ein,
oder ſtatten doch ihre Geſchencke an ihre Pathen
zu der Zeit und auf die Weiſe ab, die ihnen am be-
quemſten und gefaͤlligſten. Chriſtliche und tugend-
haffte Eltern, die aus Freundſchafft und gutem Ver-
trauen einen zum Tauff-Zeugen erwehlen, werden
im geringſten auf kein Pathen-Geſchenck ſehen;
ſind aber andere, die einen um ihres Eigennutzes
willen dazu erwehlet, ſo iſt man eben nicht verbun-
den, den laſterhafften Begierden anderer Leute
nach ihrem Gefallen ein Genuͤgen zu leiſten.
§. 7. Unter das unanſtaͤndige Weſen, ſo manche
Gevattern hier und da von ſich blicken laſſen, gehoͤ-
ret mit, wenn ſie ſich bey dieſer hochheiligen Hand-
lung, theils in Kleidung, theils in Geberden ſo frech
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 643. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/663>, abgerufen am 16.02.2025.
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