Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Theil. XVI. Capitul.
gewöhnlichen Geschenck, beschweren sollen. Jn
Ansehung der Invitation lasse ers bey der gewöhn-
lichen Observanz, die Gevatter-Briefe lasse er, nach
dem Unterschied der Personen, an die sie gerichtet
werden, mit Beobachtung der nöthigen Curialien,
vernünfftig stylisiren, er überschicke solche durch
diejenigen Personen, wie es an einem jeden Orte
Herkommens, und an Höhere durch seinen Laquay.
Bey denen Hohen erkundige er sich vorher, ob er
wohl Erlaubniß habe, sie hierzu zu invitiren, und er-
suche sie bey persönlicher Aufwartung selbst, ob sie
ihm die Gnade erzeigen, und diese Mühwaltung
über sich nehmen wollen.

§. 19. Was die Tractamente anbetrifft, die er
seinen Gevattern vorsetzen will, so ist es weder denen
natürlichen Rechten noch den göttlichen Geboten
zuwider, daß er auch bey dieser Zeit, nach vollbrach-
ter heiligen Handlung, seinen Vorgesetzten und Pa-
tronis,
oder auch seinen wahren guten Freunden,
nach Beschaffenheit seiner Einkünffte, an Speisen
und Geträncke etwas vorsetzt, und ihnen auch wohl
ein reichliches und delicates Mahl, als sonst ge-
wöhnlich, anrichten läst; es muß aber alles in den
Augen des allgegenwärtigen und allsehenden GOt-
tes geschehen, alles unmäßige Fressen und Sauffen,
daraus vor die Seele, vor die Gesundheit, vor die
Güter und vor die Ehre, mancherley unordentliches
Wesen entstehet, ist, wie zu aller Zeit, als in inson-
derheit bey diesem Tauff-Essen, zu vermeiden.
Noch besser aber ists, wenn diese Tauff-Handlung

in

II. Theil. XVI. Capitul.
gewoͤhnlichen Geſchenck, beſchweren ſollen. Jn
Anſehung der Invitation laſſe ers bey der gewoͤhn-
lichen Obſervanz, die Gevatter-Briefe laſſe er, nach
dem Unterſchied der Perſonen, an die ſie gerichtet
werden, mit Beobachtung der noͤthigen Curialien,
vernuͤnfftig ſtyliſiren, er uͤberſchicke ſolche durch
diejenigen Perſonen, wie es an einem jeden Orte
Herkommens, und an Hoͤhere durch ſeinen Laquay.
Bey denen Hohen erkundige er ſich vorher, ob er
wohl Erlaubniß habe, ſie hierzu zu invitiren, und er-
ſuche ſie bey perſoͤnlicher Aufwartung ſelbſt, ob ſie
ihm die Gnade erzeigen, und dieſe Muͤhwaltung
uͤber ſich nehmen wollen.

§. 19. Was die Tractamente anbetrifft, die er
ſeinen Gevattern vorſetzen will, ſo iſt es weder denen
natuͤrlichen Rechten noch den goͤttlichen Geboten
zuwider, daß er auch bey dieſer Zeit, nach vollbrach-
ter heiligen Handlung, ſeinen Vorgeſetzten und Pa-
tronis,
oder auch ſeinen wahren guten Freunden,
nach Beſchaffenheit ſeiner Einkuͤnffte, an Speiſen
und Getraͤncke etwas vorſetzt, und ihnen auch wohl
ein reichliches und delicates Mahl, als ſonſt ge-
woͤhnlich, anrichten laͤſt; es muß aber alles in den
Augen des allgegenwaͤrtigen und allſehenden GOt-
tes geſchehen, alles unmaͤßige Freſſen und Sauffen,
daraus vor die Seele, vor die Geſundheit, vor die
Guͤter und vor die Ehre, mancherley unordentliches
Weſen entſtehet, iſt, wie zu aller Zeit, als in inſon-
derheit bey dieſem Tauff-Eſſen, zu vermeiden.
Noch beſſer aber iſts, wenn dieſe Tauff-Handlung

in
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0656" n="636"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Theil. <hi rendition="#aq">XVI.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
gewo&#x0364;hnlichen Ge&#x017F;chenck, be&#x017F;chweren &#x017F;ollen. Jn<lb/>
An&#x017F;ehung der <hi rendition="#aq">Invitation</hi> la&#x017F;&#x017F;e ers bey der gewo&#x0364;hn-<lb/>
lichen <hi rendition="#aq">Ob&#x017F;ervanz,</hi> die Gevatter-Briefe la&#x017F;&#x017F;e er, nach<lb/>
dem Unter&#x017F;chied der Per&#x017F;onen, an die &#x017F;ie gerichtet<lb/>
werden, mit Beobachtung der no&#x0364;thigen <hi rendition="#aq">Curiali</hi>en,<lb/>
vernu&#x0364;nfftig <hi rendition="#aq">&#x017F;tyli&#x017F;i</hi>ren, er u&#x0364;ber&#x017F;chicke &#x017F;olche durch<lb/>
diejenigen Per&#x017F;onen, wie es an einem jeden Orte<lb/>
Herkommens, und an Ho&#x0364;here durch &#x017F;einen <hi rendition="#aq">Laquay.</hi><lb/>
Bey denen Hohen erkundige er &#x017F;ich vorher, ob er<lb/>
wohl Erlaubniß habe, &#x017F;ie hierzu zu <hi rendition="#aq">inviti</hi>ren, und er-<lb/>
&#x017F;uche &#x017F;ie bey per&#x017F;o&#x0364;nlicher Aufwartung &#x017F;elb&#x017F;t, ob &#x017F;ie<lb/>
ihm die Gnade erzeigen, und die&#x017F;e Mu&#x0364;hwaltung<lb/>
u&#x0364;ber &#x017F;ich nehmen wollen.</p><lb/>
        <p>§. 19. Was die <hi rendition="#aq">Tractamen</hi>te anbetrifft, die er<lb/>
&#x017F;einen Gevattern vor&#x017F;etzen will, &#x017F;o i&#x017F;t es weder denen<lb/>
natu&#x0364;rlichen Rechten noch den go&#x0364;ttlichen Geboten<lb/>
zuwider, daß er auch bey die&#x017F;er Zeit, nach vollbrach-<lb/>
ter heiligen Handlung, &#x017F;einen Vorge&#x017F;etzten und <hi rendition="#aq">Pa-<lb/>
tronis,</hi> oder auch &#x017F;einen wahren guten Freunden,<lb/>
nach Be&#x017F;chaffenheit &#x017F;einer Einku&#x0364;nffte, an Spei&#x017F;en<lb/>
und Getra&#x0364;ncke etwas vor&#x017F;etzt, und ihnen auch wohl<lb/>
ein reichliches und <hi rendition="#aq">delicates</hi> Mahl, als &#x017F;on&#x017F;t ge-<lb/>
wo&#x0364;hnlich, anrichten la&#x0364;&#x017F;t; es muß aber alles in den<lb/>
Augen des allgegenwa&#x0364;rtigen und all&#x017F;ehenden GOt-<lb/>
tes ge&#x017F;chehen, alles unma&#x0364;ßige Fre&#x017F;&#x017F;en und Sauffen,<lb/>
daraus vor die Seele, vor die Ge&#x017F;undheit, vor die<lb/>
Gu&#x0364;ter und vor die Ehre, mancherley unordentliches<lb/>
We&#x017F;en ent&#x017F;tehet, i&#x017F;t, wie zu aller Zeit, als in in&#x017F;on-<lb/>
derheit bey die&#x017F;em Tauff-E&#x017F;&#x017F;en, zu vermeiden.<lb/>
Noch be&#x017F;&#x017F;er aber i&#x017F;ts, wenn die&#x017F;e Tauff-Handlung<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">in</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[636/0656] II. Theil. XVI. Capitul. gewoͤhnlichen Geſchenck, beſchweren ſollen. Jn Anſehung der Invitation laſſe ers bey der gewoͤhn- lichen Obſervanz, die Gevatter-Briefe laſſe er, nach dem Unterſchied der Perſonen, an die ſie gerichtet werden, mit Beobachtung der noͤthigen Curialien, vernuͤnfftig ſtyliſiren, er uͤberſchicke ſolche durch diejenigen Perſonen, wie es an einem jeden Orte Herkommens, und an Hoͤhere durch ſeinen Laquay. Bey denen Hohen erkundige er ſich vorher, ob er wohl Erlaubniß habe, ſie hierzu zu invitiren, und er- ſuche ſie bey perſoͤnlicher Aufwartung ſelbſt, ob ſie ihm die Gnade erzeigen, und dieſe Muͤhwaltung uͤber ſich nehmen wollen. §. 19. Was die Tractamente anbetrifft, die er ſeinen Gevattern vorſetzen will, ſo iſt es weder denen natuͤrlichen Rechten noch den goͤttlichen Geboten zuwider, daß er auch bey dieſer Zeit, nach vollbrach- ter heiligen Handlung, ſeinen Vorgeſetzten und Pa- tronis, oder auch ſeinen wahren guten Freunden, nach Beſchaffenheit ſeiner Einkuͤnffte, an Speiſen und Getraͤncke etwas vorſetzt, und ihnen auch wohl ein reichliches und delicates Mahl, als ſonſt ge- woͤhnlich, anrichten laͤſt; es muß aber alles in den Augen des allgegenwaͤrtigen und allſehenden GOt- tes geſchehen, alles unmaͤßige Freſſen und Sauffen, daraus vor die Seele, vor die Geſundheit, vor die Guͤter und vor die Ehre, mancherley unordentliches Weſen entſtehet, iſt, wie zu aller Zeit, als in inſon- derheit bey dieſem Tauff-Eſſen, zu vermeiden. Noch beſſer aber iſts, wenn dieſe Tauff-Handlung in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/656
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 636. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/656>, abgerufen am 25.11.2024.