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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. XV. Capitul.
Hochzeit-Tage, wenn sie vorhero ledigen Stan-
des gewesen, ist eine gar bekante Sache; es ist aber
auch gewiß, daß vieles, so vernünfftigen Leuten, und
sonderlich Christen unanständig ist, dabey vorgeht.
Einige freche Junggesellen handthieren bey diesen
häubeln mit den Bräuten auf eine freche und unbe-
scheidene Weise; so stellen sich auch einige Bräute
bey Ubernehmung dieses weiblichen Netzes höchst
ungeberdig an; wenn manche ihre Jungfräuliche
Keuschheit so tapffer vertheidigt, als den Crantz,
und wider alle Anfälle solche Anstalten machten, so
wäre es besser. Manche Narrentheidungen und
schandbare Worte, so Christen nicht geziemen, wer-
den so wohl bey den Häubeln, als bey Uberbrin-
gung des gewöhnlichen Stroh-Crantzes vorge-
bracht, insonderheit unter dem Pöbel. Bey den
Höhern pflegt vielmahls ein junger Cavalier, der
ein guter Redner ist, bey dem Stroh-Crantze eine
artige und wohlausgearbeitete Rede zu halten, und
ein sich hieher schickendes Thema auf eine schertz-
haffte, jedoch manierliche und unschuldige Weise,
auszuführen.

§. 33. Die Hochzeit-Carmina, darinnen ge-
meiniglich der Cupido auf eine öffters abge-
schmackte sündliche Weise herhalten muß, sind so
gemein, daß viel Leute in den Gedancken ste-
hen, es könte keine Hochzeit mit Ehren celebrirt
werden, wenn nicht ein Carmen dabey gedruckt
worden. Daß sie von den heydnischen Griechen
und Römern ihren ältesten Ursprung herleiten, ist

wohl

II. Theil. XV. Capitul.
Hochzeit-Tage, wenn ſie vorhero ledigen Stan-
des geweſen, iſt eine gar bekante Sache; es iſt aber
auch gewiß, daß vieles, ſo vernuͤnfftigen Leuten, und
ſonderlich Chriſten unanſtaͤndig iſt, dabey vorgeht.
Einige freche Junggeſellen handthieren bey dieſen
haͤubeln mit den Braͤuten auf eine freche und unbe-
ſcheidene Weiſe; ſo ſtellen ſich auch einige Braͤute
bey Ubernehmung dieſes weiblichen Netzes hoͤchſt
ungeberdig an; wenn manche ihre Jungfraͤuliche
Keuſchheit ſo tapffer vertheidigt, als den Crantz,
und wider alle Anfaͤlle ſolche Anſtalten machten, ſo
waͤre es beſſer. Manche Narrentheidungen und
ſchandbare Worte, ſo Chriſten nicht geziemen, wer-
den ſo wohl bey den Haͤubeln, als bey Uberbrin-
gung des gewoͤhnlichen Stroh-Crantzes vorge-
bracht, inſonderheit unter dem Poͤbel. Bey den
Hoͤhern pflegt vielmahls ein junger Cavalier, der
ein guter Redner iſt, bey dem Stroh-Crantze eine
artige und wohlausgearbeitete Rede zu halten, und
ein ſich hieher ſchickendes Thema auf eine ſchertz-
haffte, jedoch manierliche und unſchuldige Weiſe,
auszufuͤhren.

§. 33. Die Hochzeit-Carmina, darinnen ge-
meiniglich der Cupido auf eine oͤffters abge-
ſchmackte ſuͤndliche Weiſe herhalten muß, ſind ſo
gemein, daß viel Leute in den Gedancken ſte-
hen, es koͤnte keine Hochzeit mit Ehren celebrirt
werden, wenn nicht ein Carmen dabey gedruckt
worden. Daß ſie von den heydniſchen Griechen
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[616/0636] II. Theil. XV. Capitul. Hochzeit-Tage, wenn ſie vorhero ledigen Stan- des geweſen, iſt eine gar bekante Sache; es iſt aber auch gewiß, daß vieles, ſo vernuͤnfftigen Leuten, und ſonderlich Chriſten unanſtaͤndig iſt, dabey vorgeht. Einige freche Junggeſellen handthieren bey dieſen haͤubeln mit den Braͤuten auf eine freche und unbe- ſcheidene Weiſe; ſo ſtellen ſich auch einige Braͤute bey Ubernehmung dieſes weiblichen Netzes hoͤchſt ungeberdig an; wenn manche ihre Jungfraͤuliche Keuſchheit ſo tapffer vertheidigt, als den Crantz, und wider alle Anfaͤlle ſolche Anſtalten machten, ſo waͤre es beſſer. Manche Narrentheidungen und ſchandbare Worte, ſo Chriſten nicht geziemen, wer- den ſo wohl bey den Haͤubeln, als bey Uberbrin- gung des gewoͤhnlichen Stroh-Crantzes vorge- bracht, inſonderheit unter dem Poͤbel. Bey den Hoͤhern pflegt vielmahls ein junger Cavalier, der ein guter Redner iſt, bey dem Stroh-Crantze eine artige und wohlausgearbeitete Rede zu halten, und ein ſich hieher ſchickendes Thema auf eine ſchertz- haffte, jedoch manierliche und unſchuldige Weiſe, auszufuͤhren. §. 33. Die Hochzeit-Carmina, darinnen ge- meiniglich der Cupido auf eine oͤffters abge- ſchmackte ſuͤndliche Weiſe herhalten muß, ſind ſo gemein, daß viel Leute in den Gedancken ſte- hen, es koͤnte keine Hochzeit mit Ehren celebrirt werden, wenn nicht ein Carmen dabey gedruckt worden. Daß ſie von den heydniſchen Griechen und Roͤmern ihren aͤlteſten Urſprung herleiten, iſt wohl

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 616. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/636>, abgerufen am 22.11.2024.