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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von der Mode.
die doch aber auch nach dem Unterscheid der Leute
unterschieden seyn. Einige thun es aus einer un-
mäßigen Liebe den Höhern zu gefallen, sie wollen
durch diese Nachahmung ihre Hochachtung, ihre
Verwunderung und ihren Gehorsam gegen die Hö-
hern an Tag legen. Andere lencket der Hoch-
muth, sie vermeynen hiedurch einen Theil der Glück-
seligkeit, den die Höhern besitzen, zu erlangen, wenn
sie es ihnen in einem und dem andern gleich thun, sie
wollen sich von den Geringern absondern, und sich
bey ihnen in besonder Ansehen setzen. Noch ande-
re stehen in denen, obwohl irrigen Gedancken, daß
diejenigen, die andere an Reichthum und Macht
übertreffen, sie auch nothwendig an Weißheit und
Klugheit übertreffen müsten, und daß also alle ihre
Handlungen lauter Meisterstücke der Weißheit
wären, die von andern Leuten als Richtschnuren
müsten angesehen werden. Bey vielen vereinigen
sich alle diese Bewegungs-Gründe zusammen.

§. 14. Es ist eine grosse Thorheit, daß der gröste
Theil der Geringern, eine so unmäßige Begierde
hat, den Höhern bey ihren Moden nachzuahmen.
Sie wollen sich hiedurch Zufriedenheit zuwege brin-
gen, vermehren aber meistentheils ihre Unruhe, in-
dem sie den Endzweck, den sie sich hiebey vorgesetzt,
gar selten erreichen. So bald die Höhern gewahr
werden, daß eine Mode allgemein worden, das ist,
unter den Pöbel, und unter die gantz Geringen ge-
kommen, sobald werden sie der Mode, die ihnen
erstlich so gefällig gewesen, überdrüßig, und sind auf

eine

Von der Mode.
die doch aber auch nach dem Unterſcheid der Leute
unterſchieden ſeyn. Einige thun es aus einer un-
maͤßigen Liebe den Hoͤhern zu gefallen, ſie wollen
durch dieſe Nachahmung ihre Hochachtung, ihre
Verwunderung und ihren Gehorſam gegen die Hoͤ-
hern an Tag legen. Andere lencket der Hoch-
muth, ſie vermeynen hiedurch einen Theil der Gluͤck-
ſeligkeit, den die Hoͤhern beſitzen, zu erlangen, wenn
ſie es ihnen in einem und dem andern gleich thun, ſie
wollen ſich von den Geringern abſondern, und ſich
bey ihnen in beſonder Anſehen ſetzen. Noch ande-
re ſtehen in denen, obwohl irrigen Gedancken, daß
diejenigen, die andere an Reichthum und Macht
uͤbertreffen, ſie auch nothwendig an Weißheit und
Klugheit uͤbertreffen muͤſten, und daß alſo alle ihre
Handlungen lauter Meiſterſtuͤcke der Weißheit
waͤren, die von andern Leuten als Richtſchnuren
muͤſten angeſehen werden. Bey vielen vereinigen
ſich alle dieſe Bewegungs-Gruͤnde zuſammen.

§. 14. Es iſt eine groſſe Thorheit, daß der groͤſte
Theil der Geringern, eine ſo unmaͤßige Begierde
hat, den Hoͤhern bey ihren Moden nachzuahmen.
Sie wollen ſich hiedurch Zufriedenheit zuwege brin-
gen, vermehren aber meiſtentheils ihre Unruhe, in-
dem ſie den Endzweck, den ſie ſich hiebey vorgeſetzt,
gar ſelten erreichen. So bald die Hoͤhern gewahr
werden, daß eine Mode allgemein worden, das iſt,
unter den Poͤbel, und unter die gantz Geringen ge-
kommen, ſobald werden ſie der Mode, die ihnen
erſtlich ſo gefaͤllig geweſen, uͤberdruͤßig, und ſind auf

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[43/0063] Von der Mode. die doch aber auch nach dem Unterſcheid der Leute unterſchieden ſeyn. Einige thun es aus einer un- maͤßigen Liebe den Hoͤhern zu gefallen, ſie wollen durch dieſe Nachahmung ihre Hochachtung, ihre Verwunderung und ihren Gehorſam gegen die Hoͤ- hern an Tag legen. Andere lencket der Hoch- muth, ſie vermeynen hiedurch einen Theil der Gluͤck- ſeligkeit, den die Hoͤhern beſitzen, zu erlangen, wenn ſie es ihnen in einem und dem andern gleich thun, ſie wollen ſich von den Geringern abſondern, und ſich bey ihnen in beſonder Anſehen ſetzen. Noch ande- re ſtehen in denen, obwohl irrigen Gedancken, daß diejenigen, die andere an Reichthum und Macht uͤbertreffen, ſie auch nothwendig an Weißheit und Klugheit uͤbertreffen muͤſten, und daß alſo alle ihre Handlungen lauter Meiſterſtuͤcke der Weißheit waͤren, die von andern Leuten als Richtſchnuren muͤſten angeſehen werden. Bey vielen vereinigen ſich alle dieſe Bewegungs-Gruͤnde zuſammen. §. 14. Es iſt eine groſſe Thorheit, daß der groͤſte Theil der Geringern, eine ſo unmaͤßige Begierde hat, den Hoͤhern bey ihren Moden nachzuahmen. Sie wollen ſich hiedurch Zufriedenheit zuwege brin- gen, vermehren aber meiſtentheils ihre Unruhe, in- dem ſie den Endzweck, den ſie ſich hiebey vorgeſetzt, gar ſelten erreichen. So bald die Hoͤhern gewahr werden, daß eine Mode allgemein worden, das iſt, unter den Poͤbel, und unter die gantz Geringen ge- kommen, ſobald werden ſie der Mode, die ihnen erſtlich ſo gefaͤllig geweſen, uͤberdruͤßig, und ſind auf eine

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/63>, abgerufen am 23.11.2024.