ten, die aber wohl den allerwenigsten bekandt ist. Ein mehrers von dieser odieusen Materie anzufüh- ren, achte vor unnöthig.
§. 9. Bey denen von höherm Stande kommt bißweilen das Matrimonium morganaticum vor, das ist eine solche Verbindung, die von einer Per- son höhern Standes mit einer aus geringern Stan- de, jedoch Lebenslang, und vermittelst Priesterlicher Trauung, geschlossen wird, mit dem ausdrücklichen Pacto, daß die Frau und die aus dieser Ehe erzeug- ten Kinder nicht in allen Stücken, so wohl bey Leb- zeiten des Mannes und Vaters, als auch nach sei- nem Tode, der Titulatur, den Gütern und Vermö- gen nach, die Würckungen der bürgerlichen Rechte, die sonst den andern Weibern und Kindern gewöhn- lich sind, geniessen, sondern mit demjenigen, was ih- nen hierunter bestimmt und ausgesetzt worden, und was die Frau bey ihrer getroffenen Verabredung beliebet, zufrieden seyn wollen und sollen. Jch will jetzund nicht deren Ursprung aus den Lehen-Rechten anführen, auch die juristischen Anmerckungen, so die Rechts-Lehrer hierüber machen, nicht beyfügen, es ist diese Materie in Dissertationen und Tractaten mehr als zu weitläufftig abgehandelt; sondern nur gedencken, daß dergleichen eheliche Contracten ge- meiner werden könten und solten. Jnsgemein wer- den diese Heyrathen im Teutschen die Heyrathen zur lincken Hand genennet, weil die höhern Perso- nen, so diese Ehe schliessen, sich die geringern zum Un- terschied gemeiniglich an die lincke Hand trauen las-
sen.
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Von der Verehlichung.
ten, die aber wohl den allerwenigſten bekandt iſt. Ein mehrers von dieſer odieuſen Materie anzufuͤh- ren, achte vor unnoͤthig.
§. 9. Bey denen von hoͤherm Stande kommt bißweilen das Matrimonium morganaticum vor, das iſt eine ſolche Verbindung, die von einer Per- ſon hoͤhern Standes mit einer aus geringern Stan- de, jedoch Lebenslang, und vermittelſt Prieſterlicher Trauung, geſchloſſen wird, mit dem ausdruͤcklichen Pacto, daß die Frau und die aus dieſer Ehe erzeug- ten Kinder nicht in allen Stuͤcken, ſo wohl bey Leb- zeiten des Mannes und Vaters, als auch nach ſei- nem Tode, der Titulatur, den Guͤtern und Vermoͤ- gen nach, die Wuͤrckungen der buͤrgerlichen Rechte, die ſonſt den andern Weibern und Kindern gewoͤhn- lich ſind, genieſſen, ſondern mit demjenigen, was ih- nen hierunter beſtimmt und ausgeſetzt worden, und was die Frau bey ihrer getroffenen Verabredung beliebet, zufrieden ſeyn wollen und ſollen. Jch will jetzund nicht deren Urſprung aus den Lehen-Rechten anfuͤhren, auch die juriſtiſchen Anmerckungen, ſo die Rechts-Lehrer hieruͤber machen, nicht beyfuͤgen, es iſt dieſe Materie in Diſſertationen und Tractaten mehr als zu weitlaͤufftig abgehandelt; ſondern nur gedencken, daß dergleichen eheliche Contracten ge- meiner werden koͤnten und ſolten. Jnsgemein wer- den dieſe Heyrathen im Teutſchen die Heyrathen zur lincken Hand genennet, weil die hoͤhern Perſo- nen, ſo dieſe Ehe ſchlieſſen, ſich die geringern zum Un- terſchied gemeiniglich an die lincke Hand trauen laſ-
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Von der Verehlichung.
ten, die aber wohl den allerwenigſten bekandt iſt.
Ein mehrers von dieſer odieuſen Materie anzufuͤh-
ren, achte vor unnoͤthig.
§. 9. Bey denen von hoͤherm Stande kommt
bißweilen das Matrimonium morganaticum vor,
das iſt eine ſolche Verbindung, die von einer Per-
ſon hoͤhern Standes mit einer aus geringern Stan-
de, jedoch Lebenslang, und vermittelſt Prieſterlicher
Trauung, geſchloſſen wird, mit dem ausdruͤcklichen
Pacto, daß die Frau und die aus dieſer Ehe erzeug-
ten Kinder nicht in allen Stuͤcken, ſo wohl bey Leb-
zeiten des Mannes und Vaters, als auch nach ſei-
nem Tode, der Titulatur, den Guͤtern und Vermoͤ-
gen nach, die Wuͤrckungen der buͤrgerlichen Rechte,
die ſonſt den andern Weibern und Kindern gewoͤhn-
lich ſind, genieſſen, ſondern mit demjenigen, was ih-
nen hierunter beſtimmt und ausgeſetzt worden, und
was die Frau bey ihrer getroffenen Verabredung
beliebet, zufrieden ſeyn wollen und ſollen. Jch will
jetzund nicht deren Urſprung aus den Lehen-Rechten
anfuͤhren, auch die juriſtiſchen Anmerckungen, ſo die
Rechts-Lehrer hieruͤber machen, nicht beyfuͤgen,
es iſt dieſe Materie in Diſſertationen und Tractaten
mehr als zu weitlaͤufftig abgehandelt; ſondern nur
gedencken, daß dergleichen eheliche Contracten ge-
meiner werden koͤnten und ſolten. Jnsgemein wer-
den dieſe Heyrathen im Teutſchen die Heyrathen
zur lincken Hand genennet, weil die hoͤhern Perſo-
nen, ſo dieſe Ehe ſchlieſſen, ſich die geringern zum Un-
terſchied gemeiniglich an die lincke Hand trauen laſ-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 599. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/619>, abgerufen am 22.11.2024.
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