den Wohlstand; an statt, daß sie zu diesem oder oder jenem, was die Mode eingeführt, eine halbe Elle nehmen solten, nehmen sie davor anderthatbe. Andere wollen sich auf eine abgeschmackte Weise mit den so genandten Affections-Bändern oder Faveurgen, die sie von dem Frauenzimmer ge- schenckt bekommen, breit machen; jedoch, sie ma- chen sich gemeiniglich hiemit lächerlich, sie mögen auch noch so schön mit Gold und Silber gestickt, oder des Frauenzimmers verzogener Nahme darauf gesetzt seyn.
§. 29. Es ist unanständig, wenn die Manns- Personen bißweilen von dem, was sich das Frautn- zimmer zugeeignet, entlehnen, oder die Damen die Cavaliers nachahmen; als wenn die Manns-Per- sonen Fecher, oder das Frauenzimmer sich Spani- sche Röhre zulegt, und auf viel andere Weise mehr. Es ist ebenfalls seltzam, wenn einer in seiner Klei- dung etwas gantz besonderes führet, welches man bey andern Leuten nicht gewahr wird, oder einige diejenigen, von denen sie glauben, daß sie sich wohl zu kleiden wüsten, nicht allein in Erwehlung der Far- ben, sondern auch in allen Stücken bey ihrer Klei- dung blindlings nachäffen, und dabey die Beschaf- fenheit des vielfachen Unterschiedes, der zwischen ihnen und jenen ist, im geringsten in keine Betrach- tung ziehen. Sie fehlen hiebey gemeiniglich. Was diesen wohl kleidet, kleidet nicht allezeit einen andern wohl. Dieser ist in einem schlechten Kleide artiger gekleidet, und hingegen einem andern stehet das kost-
barste
N n 2
Von der Kleidung.
den Wohlſtand; an ſtatt, daß ſie zu dieſem oder oder jenem, was die Mode eingefuͤhrt, eine halbe Elle nehmen ſolten, nehmen ſie davor anderthatbe. Andere wollen ſich auf eine abgeſchmackte Weiſe mit den ſo genandten Affections-Baͤndern oder Faveurgen, die ſie von dem Frauenzimmer ge- ſchenckt bekommen, breit machen; jedoch, ſie ma- chen ſich gemeiniglich hiemit laͤcherlich, ſie moͤgen auch noch ſo ſchoͤn mit Gold und Silber geſtickt, oder des Frauenzimmers verzogener Nahme darauf geſetzt ſeyn.
§. 29. Es iſt unanſtaͤndig, wenn die Manns- Perſonen bißweilen von dem, was ſich das Frautn- zimmer zugeeignet, entlehnen, oder die Damen die Cavaliers nachahmen; als wenn die Manns-Per- ſonen Fecher, oder das Frauenzimmer ſich Spani- ſche Roͤhre zulegt, und auf viel andere Weiſe mehr. Es iſt ebenfalls ſeltzam, wenn einer in ſeiner Klei- dung etwas gantz beſonderes fuͤhret, welches man bey andern Leuten nicht gewahr wird, oder einige diejenigen, von denen ſie glauben, daß ſie ſich wohl zu kleiden wuͤſten, nicht allein in Erwehlung der Far- ben, ſondern auch in allen Stuͤcken bey ihrer Klei- dung blindlings nachaͤffen, und dabey die Beſchaf- fenheit des vielfachen Unterſchiedes, der zwiſchen ihnen und jenen iſt, im geringſten in keine Betrach- tung ziehen. Sie fehlen hiebey gemeiniglich. Was dieſen wohl kleidet, kleidet nicht allezeit einen andern wohl. Dieſer iſt in einem ſchlechten Kleide artiger gekleidet, und hingegen einem andern ſtehet das koſt-
barſte
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Von der Kleidung.
den Wohlſtand; an ſtatt, daß ſie zu dieſem oder
oder jenem, was die Mode eingefuͤhrt, eine halbe
Elle nehmen ſolten, nehmen ſie davor anderthatbe.
Andere wollen ſich auf eine abgeſchmackte Weiſe
mit den ſo genandten Affections-Baͤndern oder
Faveurgen, die ſie von dem Frauenzimmer ge-
ſchenckt bekommen, breit machen; jedoch, ſie ma-
chen ſich gemeiniglich hiemit laͤcherlich, ſie moͤgen
auch noch ſo ſchoͤn mit Gold und Silber geſtickt,
oder des Frauenzimmers verzogener Nahme darauf
geſetzt ſeyn.
§. 29. Es iſt unanſtaͤndig, wenn die Manns-
Perſonen bißweilen von dem, was ſich das Frautn-
zimmer zugeeignet, entlehnen, oder die Damen die
Cavaliers nachahmen; als wenn die Manns-Per-
ſonen Fecher, oder das Frauenzimmer ſich Spani-
ſche Roͤhre zulegt, und auf viel andere Weiſe mehr.
Es iſt ebenfalls ſeltzam, wenn einer in ſeiner Klei-
dung etwas gantz beſonderes fuͤhret, welches man
bey andern Leuten nicht gewahr wird, oder einige
diejenigen, von denen ſie glauben, daß ſie ſich wohl
zu kleiden wuͤſten, nicht allein in Erwehlung der Far-
ben, ſondern auch in allen Stuͤcken bey ihrer Klei-
dung blindlings nachaͤffen, und dabey die Beſchaf-
fenheit des vielfachen Unterſchiedes, der zwiſchen
ihnen und jenen iſt, im geringſten in keine Betrach-
tung ziehen. Sie fehlen hiebey gemeiniglich. Was
dieſen wohl kleidet, kleidet nicht allezeit einen andern
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 563. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/583>, abgerufen am 22.11.2024.
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