§. 17. Das Ceremoniel der Kleidung muß in allen Stücken so wohl in Ansehung der Kostbar- keit, als auch wegen der Moden, Facon, Verände- rung der Kleider und andern Umständen nach, mit den übrigen, was zu der gantzen Lebens-Art gehört, in einer genauen Harmonie mit einander stehen. Einige Veränderung in Kleidern erfordert der Wohlstand, zumahl wenn sich einer seinen Um- ständen nach bey Hofe oder sonst unter der grossen Welt aufhalten muß; es ist weit manierlicher, schlechte Kleider zu tragen, und dieselben bißweilen zu verändern, als einige Jahre nach einander in ei- nem oder ein paar sehr kostbahren und magnifi- quen Kleidern einherziehen. Wie vielmahl man mit der Kleidung abwechseln soll, kan man über- haupt so eigentlich nicht sagen; Dieses beruhet theils von der unterschiedenen Beschaffenheit eines Einkünfften, theils von den Gefallen derer, nach welchen man sich hierinnen zu richten hat, und von dem Umgange derer, unter denen man sich aufhält. Jedoch bin ich der Meynung, daß ein junger Ca- valier aller Orten, auf Reisen, und an dem Orte, wo er sich beständig aufhält, zur Noth mit einer vierfachen Abwechselung der Kleider auskommen kan, als mit einem täglichen, einem schwartzen, ei- nem chamerirten, und einem schlechten mit einer guten Veste. Wer sich aber nach denjenigen, was die Eitelkeit und Thorheit eingeführt, richten will, oder an einem sehr magnifiquen Hofe in Diensten stehet, der dem Kleider-Pracht ergeben,
wird
Von der Kleidung.
§. 17. Das Ceremoniel der Kleidung muß in allen Stuͤcken ſo wohl in Anſehung der Koſtbar- keit, als auch wegen der Moden, Façon, Veraͤnde- rung der Kleider und andern Umſtaͤnden nach, mit den uͤbrigen, was zu der gantzen Lebens-Art gehoͤrt, in einer genauen Harmonie mit einander ſtehen. Einige Veraͤnderung in Kleidern erfordert der Wohlſtand, zumahl wenn ſich einer ſeinen Um- ſtaͤnden nach bey Hofe oder ſonſt unter der groſſen Welt aufhalten muß; es iſt weit manierlicher, ſchlechte Kleider zu tragen, und dieſelben bißweilen zu veraͤndern, als einige Jahre nach einander in ei- nem oder ein paar ſehr koſtbahren und magnifi- quen Kleidern einherziehen. Wie vielmahl man mit der Kleidung abwechſeln ſoll, kan man uͤber- haupt ſo eigentlich nicht ſagen; Dieſes beruhet theils von der unterſchiedenen Beſchaffenheit eines Einkuͤnfften, theils von den Gefallen derer, nach welchen man ſich hierinnen zu richten hat, und von dem Umgange derer, unter denen man ſich aufhaͤlt. Jedoch bin ich der Meynung, daß ein junger Ca- valier aller Orten, auf Reiſen, und an dem Orte, wo er ſich beſtaͤndig aufhaͤlt, zur Noth mit einer vierfachen Abwechſelung der Kleider auskommen kan, als mit einem taͤglichen, einem ſchwartzen, ei- nem chamerirten, und einem ſchlechten mit einer guten Veſte. Wer ſich aber nach denjenigen, was die Eitelkeit und Thorheit eingefuͤhrt, richten will, oder an einem ſehr magnifiquen Hofe in Dienſten ſtehet, der dem Kleider-Pracht ergeben,
wird
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0575"n="555"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von der Kleidung.</hi></fw><lb/><p>§. 17. Das <hirendition="#aq">Ceremoniel</hi> der Kleidung muß in<lb/>
allen Stuͤcken ſo wohl in Anſehung der Koſtbar-<lb/>
keit, als auch wegen der <hirendition="#aq">Mod</hi>en, <hirendition="#aq">Façon,</hi> Veraͤnde-<lb/>
rung der Kleider und andern Umſtaͤnden nach, mit<lb/>
den uͤbrigen, was zu der gantzen Lebens-Art gehoͤrt,<lb/>
in einer genauen <hirendition="#aq">Harmonie</hi> mit einander ſtehen.<lb/>
Einige Veraͤnderung in Kleidern erfordert der<lb/>
Wohlſtand, zumahl wenn ſich einer ſeinen Um-<lb/>ſtaͤnden nach bey Hofe oder ſonſt unter der groſſen<lb/>
Welt aufhalten muß; es iſt weit manierlicher,<lb/>ſchlechte Kleider zu tragen, und dieſelben bißweilen<lb/>
zu veraͤndern, als einige Jahre nach einander in ei-<lb/>
nem oder ein paar ſehr koſtbahren und <hirendition="#aq">magnifi-<lb/>
qu</hi>en Kleidern einherziehen. Wie vielmahl man<lb/>
mit der Kleidung abwechſeln ſoll, kan man uͤber-<lb/>
haupt ſo eigentlich nicht ſagen; Dieſes beruhet<lb/>
theils von der unterſchiedenen Beſchaffenheit eines<lb/>
Einkuͤnfften, theils von den Gefallen derer, nach<lb/>
welchen man ſich hierinnen zu richten hat, und von<lb/>
dem Umgange derer, unter denen man ſich aufhaͤlt.<lb/>
Jedoch bin ich der Meynung, daß ein junger <hirendition="#aq">Ca-<lb/>
valier</hi> aller Orten, auf Reiſen, und an dem Orte,<lb/>
wo er ſich beſtaͤndig aufhaͤlt, zur Noth mit einer<lb/>
vierfachen Abwechſelung der Kleider auskommen<lb/>
kan, als mit einem taͤglichen, einem ſchwartzen, ei-<lb/>
nem <hirendition="#aq">chameri</hi>rten, und einem ſchlechten mit einer<lb/>
guten <hirendition="#aq">Veſte.</hi> Wer ſich aber nach denjenigen,<lb/>
was die Eitelkeit und Thorheit eingefuͤhrt, richten<lb/>
will, oder an einem ſehr <hirendition="#aq">magnifiqu</hi>en Hofe in<lb/>
Dienſten ſtehet, der dem Kleider-Pracht ergeben,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wird</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[555/0575]
Von der Kleidung.
§. 17. Das Ceremoniel der Kleidung muß in
allen Stuͤcken ſo wohl in Anſehung der Koſtbar-
keit, als auch wegen der Moden, Façon, Veraͤnde-
rung der Kleider und andern Umſtaͤnden nach, mit
den uͤbrigen, was zu der gantzen Lebens-Art gehoͤrt,
in einer genauen Harmonie mit einander ſtehen.
Einige Veraͤnderung in Kleidern erfordert der
Wohlſtand, zumahl wenn ſich einer ſeinen Um-
ſtaͤnden nach bey Hofe oder ſonſt unter der groſſen
Welt aufhalten muß; es iſt weit manierlicher,
ſchlechte Kleider zu tragen, und dieſelben bißweilen
zu veraͤndern, als einige Jahre nach einander in ei-
nem oder ein paar ſehr koſtbahren und magnifi-
quen Kleidern einherziehen. Wie vielmahl man
mit der Kleidung abwechſeln ſoll, kan man uͤber-
haupt ſo eigentlich nicht ſagen; Dieſes beruhet
theils von der unterſchiedenen Beſchaffenheit eines
Einkuͤnfften, theils von den Gefallen derer, nach
welchen man ſich hierinnen zu richten hat, und von
dem Umgange derer, unter denen man ſich aufhaͤlt.
Jedoch bin ich der Meynung, daß ein junger Ca-
valier aller Orten, auf Reiſen, und an dem Orte,
wo er ſich beſtaͤndig aufhaͤlt, zur Noth mit einer
vierfachen Abwechſelung der Kleider auskommen
kan, als mit einem taͤglichen, einem ſchwartzen, ei-
nem chamerirten, und einem ſchlechten mit einer
guten Veſte. Wer ſich aber nach denjenigen,
was die Eitelkeit und Thorheit eingefuͤhrt, richten
will, oder an einem ſehr magnifiquen Hofe in
Dienſten ſtehet, der dem Kleider-Pracht ergeben,
wird
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/575>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.