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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. XIII. Capitul.
ihn selber auf, und sprach: Bin ich in diesen Hute
mehr einem Soldaten, als einem Canonico ähn-
lich? wandte sich darauf zu seinem Ertz-Bischoff,
und sprach: Wir gebieten euch bey der Treue, da-
mit ihr Uns verhafftet seyd, daß ihr eure Clerisey
reformiret, und die Mißbräuche mit den Kleidern,
Schuhen, Haaren, und dergleichen abschaffet; wo
nicht, so wollen Wir ihre Praebenden nehmen, und
unserm Fisco zuschlagen, damit sie besser angewandt
werden. S. Paralipomena Conradi Ursbergen-
sis de Carolo IV.
Der alte Hof- und Staats-
Mann, Guevarra, der zu den Zeiten Caroli V. Rö-
mischen Käysers gelebt, meldet in seiner Beschrei-
bung des Hof- und Land-Lebens, daß man viel
Frauen auf dem Lande fände, welche so eitel und
närrisch wären, daß sie sich gegen die Bauern so
kostbar schmückten und putzten, als wenn sie einer
grossen Dame bey Hofe Visite geben wolten.

§. 6. Es ist lächerlich, daß die meisten Menschen
mit ihren prächtigen Kleidern so prahlen, da doch
alle ihre Kostbarkeiten, damit sie sich so viel wissen,
entweder aus der Erde und aus dem Schlamm,
oder von den Thieren entlehnet. Also ist z. E. die
Seide, damit ich nur derselben vorietzt Erwehnung
thue, ein gezeugtes Wesen eines heßlichen Wurms,
und gleichwohl die angenehmste Weyde, worauf
sich der menschliche Pracht sättiget, aber auch auf
selbiger den Ruin so nahe hat, als ein Seidenwurm
in seinem Gespinste. Wenn nunmehr Adam mit
seiner Eva wieder in die Welt kommen solten, so

dürffte

II. Theil. XIII. Capitul.
ihn ſelber auf, und ſprach: Bin ich in dieſen Hute
mehr einem Soldaten, als einem Canonico aͤhn-
lich? wandte ſich darauf zu ſeinem Ertz-Biſchoff,
und ſprach: Wir gebieten euch bey der Treue, da-
mit ihr Uns verhafftet ſeyd, daß ihr eure Cleriſey
reformiret, und die Mißbraͤuche mit den Kleidern,
Schuhen, Haaren, und dergleichen abſchaffet; wo
nicht, ſo wollen Wir ihre Præbenden nehmen, und
unſerm Fiſco zuſchlagen, damit ſie beſſer angewandt
werden. S. Paralipomena Conradi Ursbergen-
ſis de Carolo IV.
Der alte Hof- und Staats-
Mann, Guevarra, der zu den Zeiten Caroli V. Roͤ-
miſchen Kaͤyſers gelebt, meldet in ſeiner Beſchrei-
bung des Hof- und Land-Lebens, daß man viel
Frauen auf dem Lande faͤnde, welche ſo eitel und
naͤrriſch waͤren, daß ſie ſich gegen die Bauern ſo
koſtbar ſchmuͤckten und putzten, als wenn ſie einer
groſſen Dame bey Hofe Viſite geben wolten.

§. 6. Es iſt laͤcherlich, daß die meiſten Menſchen
mit ihren praͤchtigen Kleidern ſo prahlen, da doch
alle ihre Koſtbarkeiten, damit ſie ſich ſo viel wiſſen,
entweder aus der Erde und aus dem Schlamm,
oder von den Thieren entlehnet. Alſo iſt z. E. die
Seide, damit ich nur derſelben vorietzt Erwehnung
thue, ein gezeugtes Weſen eines heßlichen Wurms,
und gleichwohl die angenehmſte Weyde, worauf
ſich der menſchliche Pracht ſaͤttiget, aber auch auf
ſelbiger den Ruin ſo nahe hat, als ein Seidenwurm
in ſeinem Geſpinſte. Wenn nunmehr Adam mit
ſeiner Eva wieder in die Welt kommen ſolten, ſo

duͤrffte
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[546/0566] II. Theil. XIII. Capitul. ihn ſelber auf, und ſprach: Bin ich in dieſen Hute mehr einem Soldaten, als einem Canonico aͤhn- lich? wandte ſich darauf zu ſeinem Ertz-Biſchoff, und ſprach: Wir gebieten euch bey der Treue, da- mit ihr Uns verhafftet ſeyd, daß ihr eure Cleriſey reformiret, und die Mißbraͤuche mit den Kleidern, Schuhen, Haaren, und dergleichen abſchaffet; wo nicht, ſo wollen Wir ihre Præbenden nehmen, und unſerm Fiſco zuſchlagen, damit ſie beſſer angewandt werden. S. Paralipomena Conradi Ursbergen- ſis de Carolo IV. Der alte Hof- und Staats- Mann, Guevarra, der zu den Zeiten Caroli V. Roͤ- miſchen Kaͤyſers gelebt, meldet in ſeiner Beſchrei- bung des Hof- und Land-Lebens, daß man viel Frauen auf dem Lande faͤnde, welche ſo eitel und naͤrriſch waͤren, daß ſie ſich gegen die Bauern ſo koſtbar ſchmuͤckten und putzten, als wenn ſie einer groſſen Dame bey Hofe Viſite geben wolten. §. 6. Es iſt laͤcherlich, daß die meiſten Menſchen mit ihren praͤchtigen Kleidern ſo prahlen, da doch alle ihre Koſtbarkeiten, damit ſie ſich ſo viel wiſſen, entweder aus der Erde und aus dem Schlamm, oder von den Thieren entlehnet. Alſo iſt z. E. die Seide, damit ich nur derſelben vorietzt Erwehnung thue, ein gezeugtes Weſen eines heßlichen Wurms, und gleichwohl die angenehmſte Weyde, worauf ſich der menſchliche Pracht ſaͤttiget, aber auch auf ſelbiger den Ruin ſo nahe hat, als ein Seidenwurm in ſeinem Geſpinſte. Wenn nunmehr Adam mit ſeiner Eva wieder in die Welt kommen ſolten, ſo duͤrffte

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/566>, abgerufen am 22.11.2024.