Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Wohnung, von Zimmern etc.
Beschwerlichkeit im Steigen/ an Proprete und
Kostbarkeit ab, weil die Geringern immer höher
und höher logiret werden. Die Bedienten pflegen
gar öffters unten auf der Erde zu logiren; bißwei-
len aber, wenn die Gebäude an und vor sich selbst
nur ein paar Stockwercke hoch sind, und der Herr-
schafft das Steigen beschwerlich fällt, ist es auch
wohl umgekehrt. Bey denen Meublen siehet man
bißweilen auf die Lage derer Zimmer; also müssen
bey einem Gebäude in denen Zimmern, die forne
heraus gehen, und über dem Portal oder der Facintae
sind, prächtigerere Meublen seyn, als an denen Sei-
ten- oder Hinter-Gebäuden.

§. 19. Bey den Meublen muß man auch beur-
theilen, nach was vor einer Facon die Gebäude er-
bauet, oder was sie vorstellen sollen, welches viele
nicht zu beobachten pflegen. Wer also ein Land-
Hauß auf die Hamburgische Manier oder a la Hol-
landoise
erbauen wolte, muß auch das inwendige
alles darnach einrichten. Bey einem Hause,
welches auf die Holländische Weise erbauet, müs-
sen die Wände und Camine mit Holländischen
Fließgen ausgesetzt seyn, die Gemählde müssen
Schiffer, Gesellschafften und dergleichen vorstel-
len, die Stühle nach der Holländischen Facon
u. s. w. Bey einem Jtaliänischen Land- und Lust-
Hause muß man dasjenige wahrnehmen, was in
Jtalien gebräuchlich ist, man muß allenthalben
Wasser-Künste und Fontainen anbringen, wo es
sich will thun lassen; man muß die Zimmer mit den

schön-
L l 2

Von der Wohnung, von Zimmern ꝛc.
Beſchwerlichkeit im Steigen/ an Propreté und
Koſtbarkeit ab, weil die Geringern immer hoͤher
und hoͤher logiret werden. Die Bedienten pflegen
gar oͤffters unten auf der Erde zu logiren; bißwei-
len aber, wenn die Gebaͤude an und vor ſich ſelbſt
nur ein paar Stockwercke hoch ſind, und der Herr-
ſchafft das Steigen beſchwerlich faͤllt, iſt es auch
wohl umgekehrt. Bey denen Meublen ſiehet man
bißweilen auf die Lage derer Zimmer; alſo muͤſſen
bey einem Gebaͤude in denen Zimmern, die forne
heraus gehen, und uͤber dem Portal oder der Facintæ
ſind, praͤchtigerere Meublen ſeyn, als an denen Sei-
ten- oder Hinter-Gebaͤuden.

§. 19. Bey den Meublen muß man auch beur-
theilen, nach was vor einer Façon die Gebaͤude er-
bauet, oder was ſie vorſtellen ſollen, welches viele
nicht zu beobachten pflegen. Wer alſo ein Land-
Hauß auf die Hamburgiſche Manier oder a la Hol-
landoiſe
erbauen wolte, muß auch das inwendige
alles darnach einrichten. Bey einem Hauſe,
welches auf die Hollaͤndiſche Weiſe erbauet, muͤſ-
ſen die Waͤnde und Camine mit Hollaͤndiſchen
Fließgen ausgeſetzt ſeyn, die Gemaͤhlde muͤſſen
Schiffer, Geſellſchafften und dergleichen vorſtel-
len, die Stuͤhle nach der Hollaͤndiſchen Façon
u. ſ. w. Bey einem Jtaliaͤniſchen Land- und Luſt-
Hauſe muß man dasjenige wahrnehmen, was in
Jtalien gebraͤuchlich iſt, man muß allenthalben
Waſſer-Kuͤnſte und Fontainen anbringen, wo es
ſich will thun laſſen; man muß die Zimmer mit den

ſchoͤn-
L l 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0551" n="531"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Wohnung, von Zimmern &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
Be&#x017F;chwerlichkeit im Steigen/ an <hi rendition="#aq">Propreté</hi> und<lb/>
Ko&#x017F;tbarkeit ab, weil die Geringern immer ho&#x0364;her<lb/>
und ho&#x0364;her <hi rendition="#aq">logi</hi>ret werden. Die Bedienten pflegen<lb/>
gar o&#x0364;ffters unten auf der Erde zu <hi rendition="#aq">logi</hi>ren; bißwei-<lb/>
len aber, wenn die Geba&#x0364;ude an und vor &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
nur ein paar Stockwercke hoch &#x017F;ind, und der Herr-<lb/>
&#x017F;chafft das Steigen be&#x017F;chwerlich fa&#x0364;llt, i&#x017F;t es auch<lb/>
wohl umgekehrt. Bey denen <hi rendition="#aq">Meubl</hi>en &#x017F;iehet man<lb/>
bißweilen auf die Lage derer Zimmer; al&#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
bey einem Geba&#x0364;ude in denen Zimmern, die forne<lb/>
heraus gehen, und u&#x0364;ber dem <hi rendition="#aq">Portal</hi> oder der <hi rendition="#aq">Facintæ</hi><lb/>
&#x017F;ind, pra&#x0364;chtigerere <hi rendition="#aq">Meubl</hi>en &#x017F;eyn, als an denen Sei-<lb/>
ten- oder Hinter-Geba&#x0364;uden.</p><lb/>
        <p>§. 19. Bey den <hi rendition="#aq">Meubl</hi>en muß man auch beur-<lb/>
theilen, nach was vor einer <hi rendition="#aq">Façon</hi> die Geba&#x0364;ude er-<lb/>
bauet, oder was &#x017F;ie vor&#x017F;tellen &#x017F;ollen, welches viele<lb/>
nicht zu beobachten pflegen. Wer al&#x017F;o ein Land-<lb/>
Hauß auf die Hamburgi&#x017F;che <hi rendition="#aq">Manier</hi> oder <hi rendition="#aq">a la Hol-<lb/>
landoi&#x017F;e</hi> erbauen wolte, muß auch das inwendige<lb/>
alles darnach einrichten. Bey einem Hau&#x017F;e,<lb/>
welches auf die Holla&#x0364;ndi&#x017F;che Wei&#x017F;e erbauet, mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en die Wa&#x0364;nde und <hi rendition="#aq">Camine</hi> mit Holla&#x0364;ndi&#x017F;chen<lb/>
Fließgen ausge&#x017F;etzt &#x017F;eyn, die Gema&#x0364;hlde mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Schiffer, Ge&#x017F;ell&#x017F;chafften und dergleichen vor&#x017F;tel-<lb/>
len, die Stu&#x0364;hle nach der Holla&#x0364;ndi&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Façon</hi><lb/>
u. &#x017F;. w. Bey einem Jtalia&#x0364;ni&#x017F;chen Land- und Lu&#x017F;t-<lb/>
Hau&#x017F;e muß man dasjenige wahrnehmen, was in<lb/>
Jtalien gebra&#x0364;uchlich i&#x017F;t, man muß allenthalben<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er-Ku&#x0364;n&#x017F;te und <hi rendition="#aq">Fontain</hi>en anbringen, wo es<lb/>
&#x017F;ich will thun la&#x017F;&#x017F;en; man muß die Zimmer mit den<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L l 2</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;cho&#x0364;n-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[531/0551] Von der Wohnung, von Zimmern ꝛc. Beſchwerlichkeit im Steigen/ an Propreté und Koſtbarkeit ab, weil die Geringern immer hoͤher und hoͤher logiret werden. Die Bedienten pflegen gar oͤffters unten auf der Erde zu logiren; bißwei- len aber, wenn die Gebaͤude an und vor ſich ſelbſt nur ein paar Stockwercke hoch ſind, und der Herr- ſchafft das Steigen beſchwerlich faͤllt, iſt es auch wohl umgekehrt. Bey denen Meublen ſiehet man bißweilen auf die Lage derer Zimmer; alſo muͤſſen bey einem Gebaͤude in denen Zimmern, die forne heraus gehen, und uͤber dem Portal oder der Facintæ ſind, praͤchtigerere Meublen ſeyn, als an denen Sei- ten- oder Hinter-Gebaͤuden. §. 19. Bey den Meublen muß man auch beur- theilen, nach was vor einer Façon die Gebaͤude er- bauet, oder was ſie vorſtellen ſollen, welches viele nicht zu beobachten pflegen. Wer alſo ein Land- Hauß auf die Hamburgiſche Manier oder a la Hol- landoiſe erbauen wolte, muß auch das inwendige alles darnach einrichten. Bey einem Hauſe, welches auf die Hollaͤndiſche Weiſe erbauet, muͤſ- ſen die Waͤnde und Camine mit Hollaͤndiſchen Fließgen ausgeſetzt ſeyn, die Gemaͤhlde muͤſſen Schiffer, Geſellſchafften und dergleichen vorſtel- len, die Stuͤhle nach der Hollaͤndiſchen Façon u. ſ. w. Bey einem Jtaliaͤniſchen Land- und Luſt- Hauſe muß man dasjenige wahrnehmen, was in Jtalien gebraͤuchlich iſt, man muß allenthalben Waſſer-Kuͤnſte und Fontainen anbringen, wo es ſich will thun laſſen; man muß die Zimmer mit den ſchoͤn- L l 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/551
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 531. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/551>, abgerufen am 25.11.2024.