oder sonst dem gemeinen Wesen Nachtheil dadurch zugezogen wird.
§. 2. Die Moden kan man eintheilen in die all- gemeinen und besondern. Die allgemeinen sind, die entweder aus der Residenz des Landes-Herrn ihren Ursprung herleiten, oder sonst von dem Höch- sten im Lande erfunden, oder doch angenommen und beliebet, und von demselben auf die Gerin- gen gebracht worden, die besondern hingegen, die von denen, die sich an einem Ort vor die vornehm- sten, klügsten oder wohlhabensten düncken, herflies- sen, und von ihren Anhängern nachgeahmt werden. Diese letztern sind gar von schlechter Dauer, denn wenn die Geringern sehen, daß sie bey denen, die noch höher sind, nicht Approbation finden, so werden sie ihrer Nachahmung auch bald überdrüßig, und er- reichen also gar einen kurtzen Periodum.
§. 3. Die Grentzen einer Mode reichen so wohl der Zeit als dem Ort nach weiter als die andern, nachdem sie entweder wegen ihres Nutzens und Beqvemlichkeit bey andern Beyfall findet, und also der Eigenliebe der Menschen schmeichelt, oder auf eine leichte Art nachgeahmet werden kan, oder sich mit den Landes-Gesetzen der Verfaßung eines Lan- des, und den Gebräuchen eines Ortes, vereinigen läst, oder dem Willen der Vornehmsten ansteht oder nicht.
§. 4. Die Mode erstreckt sich auf mancherley Dinge, nicht allein auf die Kleidung, sondern auch auf die Gebäude, auf Meublen und Haußgeräthe,
auf
C 2
Von der Mode.
oder ſonſt dem gemeinen Weſen Nachtheil dadurch zugezogen wird.
§. 2. Die Moden kan man eintheilen in die all- gemeinen und beſondern. Die allgemeinen ſind, die entweder aus der Reſidenz des Landes-Herrn ihren Urſprung herleiten, oder ſonſt von dem Hoͤch- ſten im Lande erfunden, oder doch angenommen und beliebet, und von demſelben auf die Gerin- gen gebracht worden, die beſondern hingegen, die von denen, die ſich an einem Ort vor die vornehm- ſten, kluͤgſten oder wohlhabenſten duͤncken, herflieſ- ſen, und von ihren Anhaͤngern nachgeahmt werden. Dieſe letztern ſind gar von ſchlechter Dauer, denn weñ die Geringern ſehen, daß ſie bey denen, die noch hoͤher ſind, nicht Approbation finden, ſo werden ſie ihrer Nachahmung auch bald uͤberdruͤßig, und er- reichen alſo gar einen kurtzen Periodum.
§. 3. Die Grentzen einer Mode reichen ſo wohl der Zeit als dem Ort nach weiter als die andern, nachdem ſie entweder wegen ihres Nutzens und Beqvemlichkeit bey andern Beyfall findet, und alſo der Eigenliebe der Menſchen ſchmeichelt, oder auf eine leichte Art nachgeahmet werden kan, oder ſich mit den Landes-Geſetzen der Verfaßung eines Lan- des, und den Gebraͤuchen eines Ortes, vereinigen laͤſt, oder dem Willen der Vornehmſten anſteht oder nicht.
§. 4. Die Mode erſtreckt ſich auf mancherley Dinge, nicht allein auf die Kleidung, ſondern auch auf die Gebaͤude, auf Meublen und Haußgeraͤthe,
auf
C 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0055"n="35"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von der <hirendition="#aq">Mode.</hi></hi></fw><lb/>
oder ſonſt dem gemeinen Weſen Nachtheil dadurch<lb/>
zugezogen wird.</p><lb/><p>§. 2. Die <hirendition="#aq">Mod</hi>en kan man eintheilen in die all-<lb/>
gemeinen und beſondern. Die allgemeinen ſind,<lb/>
die entweder aus der <hirendition="#aq">Reſidenz</hi> des Landes-Herrn<lb/>
ihren Urſprung herleiten, oder ſonſt von dem Hoͤch-<lb/>ſten im Lande erfunden, oder doch angenommen<lb/>
und beliebet, und von demſelben auf die Gerin-<lb/>
gen gebracht worden, die beſondern hingegen, die<lb/>
von denen, die ſich an einem Ort vor die vornehm-<lb/>ſten, kluͤgſten oder wohlhabenſten duͤncken, herflieſ-<lb/>ſen, und von ihren Anhaͤngern nachgeahmt werden.<lb/>
Dieſe letztern ſind gar von ſchlechter Dauer, denn<lb/>
weñ die Geringern ſehen, daß ſie bey denen, die noch<lb/>
hoͤher ſind, nicht <hirendition="#aq">Approbation</hi> finden, ſo werden ſie<lb/>
ihrer Nachahmung auch bald uͤberdruͤßig, und er-<lb/>
reichen alſo gar einen kurtzen <hirendition="#aq">Periodum.</hi></p><lb/><p>§. 3. Die Grentzen einer <hirendition="#aq">Mode</hi> reichen ſo wohl<lb/>
der Zeit als dem Ort nach weiter als die andern,<lb/>
nachdem ſie entweder wegen ihres Nutzens und<lb/>
Beqvemlichkeit bey andern Beyfall findet, und alſo<lb/>
der Eigenliebe der Menſchen ſchmeichelt, oder auf<lb/>
eine leichte Art nachgeahmet werden kan, oder ſich<lb/>
mit den Landes-Geſetzen der Verfaßung eines Lan-<lb/>
des, und den Gebraͤuchen eines Ortes, vereinigen<lb/>
laͤſt, oder dem Willen der Vornehmſten anſteht<lb/>
oder nicht.</p><lb/><p>§. 4. Die <hirendition="#aq">Mode</hi> erſtreckt ſich auf mancherley<lb/>
Dinge, nicht allein auf die Kleidung, ſondern auch<lb/>
auf die Gebaͤude, auf <hirendition="#aq">Meubl</hi>en und Haußgeraͤthe,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">C 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">auf</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[35/0055]
Von der Mode.
oder ſonſt dem gemeinen Weſen Nachtheil dadurch
zugezogen wird.
§. 2. Die Moden kan man eintheilen in die all-
gemeinen und beſondern. Die allgemeinen ſind,
die entweder aus der Reſidenz des Landes-Herrn
ihren Urſprung herleiten, oder ſonſt von dem Hoͤch-
ſten im Lande erfunden, oder doch angenommen
und beliebet, und von demſelben auf die Gerin-
gen gebracht worden, die beſondern hingegen, die
von denen, die ſich an einem Ort vor die vornehm-
ſten, kluͤgſten oder wohlhabenſten duͤncken, herflieſ-
ſen, und von ihren Anhaͤngern nachgeahmt werden.
Dieſe letztern ſind gar von ſchlechter Dauer, denn
weñ die Geringern ſehen, daß ſie bey denen, die noch
hoͤher ſind, nicht Approbation finden, ſo werden ſie
ihrer Nachahmung auch bald uͤberdruͤßig, und er-
reichen alſo gar einen kurtzen Periodum.
§. 3. Die Grentzen einer Mode reichen ſo wohl
der Zeit als dem Ort nach weiter als die andern,
nachdem ſie entweder wegen ihres Nutzens und
Beqvemlichkeit bey andern Beyfall findet, und alſo
der Eigenliebe der Menſchen ſchmeichelt, oder auf
eine leichte Art nachgeahmet werden kan, oder ſich
mit den Landes-Geſetzen der Verfaßung eines Lan-
des, und den Gebraͤuchen eines Ortes, vereinigen
laͤſt, oder dem Willen der Vornehmſten anſteht
oder nicht.
§. 4. Die Mode erſtreckt ſich auf mancherley
Dinge, nicht allein auf die Kleidung, ſondern auch
auf die Gebaͤude, auf Meublen und Haußgeraͤthe,
auf
C 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/55>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.