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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von der Wohnung, von Zimmern etc.
der inwendigen Ausbauung nach, ist von dem Bau
unserer jetzigen Zeiten gewaltig unterschieden. Sie
baueten vor Zeiten sehr irregulair, und hatten die
Regel der Symmetrie und Proportion entweder
nicht innen, oder applicirten sie doch nicht. Mei-
stentheils pflegten sie die Schlösser mit hohen und
starcken Thürmen zu versehen, und dieses thaten sie
nicht so wohl der Parade und der Lust wegen, um
von denen hohen Thürmen einer anmuthigen Aus-
sicht auf die herumliegende Landschafft zu geniessen,
als vielmehr aus Noth, wegen der damahligen ge-
fährlichen Befehdungs-Zeiten. Sie erbaueten
die Thürme aus Furcht vor den Feinden, damit sie
dieselben desto besser entdecken, und zum Wider-
stand gehörige Anstalt machen, auch alsdenn ihren
Unterthanen oder Nachbarn, durch ein Feuer-Zei-
chen, durch Anschlagung der Glocken, und auf an-
dere Art, Nachricht geben konten. Es gereichten
ihnen auch die Thürme zur Defension, sie konten
sich, bevor das Geschütz erfunden worden, eine Zeit-
lang wider ihre Feinde daraus wehren, und ihre be-
sten Sachen darinnen verwahren. Nachdem auch
manche Edelleute in den damahligen Zeiten aus
Desperation Räuber wurden, und manche Schlös-
ser nichts anders, als blosse Raub-Nester waren;
so dienten sie einigen bösen Leuten zu Wahrten, daß
sie sich auf alle Strassen daraus umsehen konten,
um die Reisenden feindselig anzufallen, sie zu berau-
ben, und das geraubte Gut in die Schlösser mit sich
zurück zu nehmen.

§. 2.
K k 3

Von der Wohnung, von Zimmern ꝛc.
der inwendigen Ausbauung nach, iſt von dem Bau
unſerer jetzigen Zeiten gewaltig unterſchieden. Sie
baueten vor Zeiten ſehr irregulair, und hatten die
Regel der Symmetrie und Proportion entweder
nicht innen, oder applicirten ſie doch nicht. Mei-
ſtentheils pflegten ſie die Schloͤſſer mit hohen und
ſtarcken Thuͤrmen zu verſehen, und dieſes thaten ſie
nicht ſo wohl der Parade und der Luſt wegen, um
von denen hohen Thuͤrmen einer anmuthigen Aus-
ſicht auf die herumliegende Landſchafft zu genieſſen,
als vielmehr aus Noth, wegen der damahligen ge-
faͤhrlichen Befehdungs-Zeiten. Sie erbaueten
die Thuͤrme aus Furcht vor den Feinden, damit ſie
dieſelben deſto beſſer entdecken, und zum Wider-
ſtand gehoͤrige Anſtalt machen, auch alsdenn ihren
Unterthanen oder Nachbarn, durch ein Feuer-Zei-
chen, durch Anſchlagung der Glocken, und auf an-
dere Art, Nachricht geben konten. Es gereichten
ihnen auch die Thuͤrme zur Defenſion, ſie konten
ſich, bevor das Geſchuͤtz erfunden worden, eine Zeit-
lang wider ihre Feinde daraus wehren, und ihre be-
ſten Sachen darinnen verwahren. Nachdem auch
manche Edelleute in den damahligen Zeiten aus
Deſperation Raͤuber wurden, und manche Schloͤſ-
ſer nichts anders, als bloſſe Raub-Neſter waren;
ſo dienten ſie einigen boͤſen Leuten zu Wahrten, daß
ſie ſich auf alle Straſſen daraus umſehen konten,
um die Reiſenden feindſelig anzufallen, ſie zu berau-
ben, und das geraubte Gut in die Schloͤſſer mit ſich
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§. 2.
K k 3
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[517/0537] Von der Wohnung, von Zimmern ꝛc. der inwendigen Ausbauung nach, iſt von dem Bau unſerer jetzigen Zeiten gewaltig unterſchieden. Sie baueten vor Zeiten ſehr irregulair, und hatten die Regel der Symmetrie und Proportion entweder nicht innen, oder applicirten ſie doch nicht. Mei- ſtentheils pflegten ſie die Schloͤſſer mit hohen und ſtarcken Thuͤrmen zu verſehen, und dieſes thaten ſie nicht ſo wohl der Parade und der Luſt wegen, um von denen hohen Thuͤrmen einer anmuthigen Aus- ſicht auf die herumliegende Landſchafft zu genieſſen, als vielmehr aus Noth, wegen der damahligen ge- faͤhrlichen Befehdungs-Zeiten. Sie erbaueten die Thuͤrme aus Furcht vor den Feinden, damit ſie dieſelben deſto beſſer entdecken, und zum Wider- ſtand gehoͤrige Anſtalt machen, auch alsdenn ihren Unterthanen oder Nachbarn, durch ein Feuer-Zei- chen, durch Anſchlagung der Glocken, und auf an- dere Art, Nachricht geben konten. Es gereichten ihnen auch die Thuͤrme zur Defenſion, ſie konten ſich, bevor das Geſchuͤtz erfunden worden, eine Zeit- lang wider ihre Feinde daraus wehren, und ihre be- ſten Sachen darinnen verwahren. Nachdem auch manche Edelleute in den damahligen Zeiten aus Deſperation Raͤuber wurden, und manche Schloͤſ- ſer nichts anders, als bloſſe Raub-Neſter waren; ſo dienten ſie einigen boͤſen Leuten zu Wahrten, daß ſie ſich auf alle Straſſen daraus umſehen konten, um die Reiſenden feindſelig anzufallen, ſie zu berau- ben, und das geraubte Gut in die Schloͤſſer mit ſich zuruͤck zu nehmen. §. 2. K k 3

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/537>, abgerufen am 24.11.2024.