bey einer Vocal-Music die geschicktesten Manieren verstehen, und bey der Instrumental-Music so wohl eine fertige als delicate Faust beurtheilen lerne.
§. 36. Ein junger Cavalier, der sich zu einem Hofmann oder galant homme qualificiren will, muß sich bemühen Nachrichten zu erlangen von den vornehmsten Acteurs und Actricen, von den besten Däntzern und Däntzerinnen, von den geschicktesten Componisten, und worinnen ihre Meisterstücke bestehen, welcher auf diesem oder jenem Instru- ment, als Clavece, Fleute douce traversiere, Basse de Viole excellirt, welche Serenaten mit einer Violon und General-Paß am besten gesetzt werden, welche von ihnen Clavier-Stücke componirt, oder Arien, Cantaten und Moteten drucken lassen u. s. w. Er muß sich gewisse locos Communes machen, und alle dergleichen hieher gehörige Nachrichten, die er davon eingezogen, einzeichnen. Ob schon manche Leute, die die Realitaeten lieben, dergleichen vor Tändeleyen oder Kleinigkeiten ansehen, so ma- chen hingegen sehr viel andere ungemein groß Werck draus.
§. 37. Endlich muß ich auch noch als eine allge- meine Regel anführen, daß ein junger Mensch bey den Comoedien, Opern, der Music und andern dergleichen Fällen, wo mancherley Affecten auf eine gar natürliche Weise erreget werden können/ den bey ihm hiedurch erweckten Affect so verstelle und verberge, daß der Ausbruch davon ihm nicht bey der Gesellschafft, wenn es andere mercken, dis-
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Von Divertiſſemens, Comœdien, Opern, ꝛc.
bey einer Vocal-Muſic die geſchickteſten Manieren verſtehen, und bey der Inſtrumental-Muſic ſo wohl eine fertige als delicate Fauſt beurtheilen lerne.
§. 36. Ein junger Cavalier, der ſich zu einem Hofmann oder galant homme qualificiren will, muß ſich bemuͤhen Nachrichten zu erlangen von den vornehmſten Acteurs und Actricen, von den beſten Daͤntzern und Daͤntzerinnen, von den geſchickteſten Componiſten, und worinnen ihre Meiſterſtuͤcke beſtehen, welcher auf dieſem oder jenem Inſtru- ment, als Clavece, Fleute douçe traverſiere, Baſſe de Viole excellirt, welche Serenaten mit einer Violon und General-Paß am beſten geſetzt werden, welche von ihnen Clavier-Stuͤcke componirt, oder Arien, Cantaten und Moteten drucken laſſen u. ſ. w. Er muß ſich gewiſſe locos Communes machen, und alle dergleichen hieher gehoͤrige Nachrichten, die er davon eingezogen, einzeichnen. Ob ſchon manche Leute, die die Realitæten lieben, dergleichen vor Taͤndeleyen oder Kleinigkeiten anſehen, ſo ma- chen hingegen ſehr viel andere ungemein groß Werck draus.
§. 37. Endlich muß ich auch noch als eine allge- meine Regel anfuͤhren, daß ein junger Menſch bey den Comœdien, Opern, der Muſic und andern dergleichen Faͤllen, wo mancherley Affecten auf eine gar natuͤrliche Weiſe erreget werden koͤnnen/ den bey ihm hiedurch erweckten Affect ſo verſtelle und verberge, daß der Ausbruch davon ihm nicht bey der Geſellſchafft, wenn es andere mercken, dis-
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Von Divertiſſemens, Comœdien, Opern, ꝛc.
bey einer Vocal-Muſic die geſchickteſten Manieren
verſtehen, und bey der Inſtrumental-Muſic ſo wohl
eine fertige als delicate Fauſt beurtheilen lerne.
§. 36. Ein junger Cavalier, der ſich zu einem
Hofmann oder galant homme qualificiren will,
muß ſich bemuͤhen Nachrichten zu erlangen von den
vornehmſten Acteurs und Actricen, von den beſten
Daͤntzern und Daͤntzerinnen, von den geſchickteſten
Componiſten, und worinnen ihre Meiſterſtuͤcke
beſtehen, welcher auf dieſem oder jenem Inſtru-
ment, als Clavece, Fleute douçe traverſiere, Baſſe
de Viole excellirt, welche Serenaten mit einer
Violon und General-Paß am beſten geſetzt werden,
welche von ihnen Clavier-Stuͤcke componirt, oder
Arien, Cantaten und Moteten drucken laſſen u. ſ. w.
Er muß ſich gewiſſe locos Communes machen,
und alle dergleichen hieher gehoͤrige Nachrichten,
die er davon eingezogen, einzeichnen. Ob ſchon
manche Leute, die die Realitæten lieben, dergleichen
vor Taͤndeleyen oder Kleinigkeiten anſehen, ſo ma-
chen hingegen ſehr viel andere ungemein groß
Werck draus.
§. 37. Endlich muß ich auch noch als eine allge-
meine Regel anfuͤhren, daß ein junger Menſch bey
den Comœdien, Opern, der Muſic und andern
dergleichen Faͤllen, wo mancherley Affecten auf
eine gar natuͤrliche Weiſe erreget werden koͤnnen/
den bey ihm hiedurch erweckten Affect ſo verſtelle
und verberge, daß der Ausbruch davon ihm nicht
bey der Geſellſchafft, wenn es andere mercken, dis-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/531>, abgerufen am 25.11.2024.
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