§. 38. Der vierdte und letzte Gesetzgeber, ist die Opinion derjenigen, an denen uns zu der Zeit, da wir eine gewisse Handlung bewerckstelligen, oder unterlassen sollen, etwas gelegen, und diesen müssen wir Folge leisten, wenn ihm nicht die vorhergehen- den widersprechen; Die speciellen Regeln, die bey dem Ceremoniel-Wesen in Betrachtung zu ziehen, werden in den folgenden Capituln vorkommen.
Das II. Capitul. Von der Mode.
§. 1.
DJe Mode ist eine veränderliche Weise, die bey allerhand Sachen in so weit sie in die äußerlichen Sinne fallen, eingeführt, und auf eine gewisse Zeit, so lange es denen Willen einiger Leute gefällig ist, vor wohl anstän- dig und rühmlich geachtet wird, bis sie wieder von einer andern Weise verdrungen wird. Sie ist von der Gewohnheit, dem Gebrauch und den Ob- servanzen in manchen Stücken unterschieden. Diese sind viel dauerhaffter als jene. Sollen die- se abgeschafft werden, so gehört grosse Mühe und Gewalt dazu. Hohe Landes-Obrigkeiten und Privat-Personen, Priester und Richter, haben ge- nug zu thun, bevor sie mancherley böse Gewohnhei- ten und Gebräuche abschaffen können, hingegen die Moden vergehen wieder von sich selbst, ohne grosse
Unruhe
C
Von der Ceremoniel-Wiſſenſch. uͤberh.
§. 38. Der vierdte und letzte Geſetzgeber, iſt die Opinion derjenigen, an denen uns zu der Zeit, da wir eine gewiſſe Handlung bewerckſtelligen, oder unterlaſſen ſollen, etwas gelegen, und dieſen muͤſſen wir Folge leiſten, wenn ihm nicht die vorhergehen- den widerſprechen; Die ſpeciellen Regeln, die bey dem Ceremoniel-Weſen in Betrachtung zu ziehen, werden in den folgenden Capituln vorkommen.
Das II. Capitul. Von der Mode.
§. 1.
DJe Mode iſt eine veraͤnderliche Weiſe, die bey allerhand Sachen in ſo weit ſie in die aͤußerlichen Sinne fallen, eingefuͤhrt, und auf eine gewiſſe Zeit, ſo lange es denen Willen einiger Leute gefaͤllig iſt, vor wohl anſtaͤn- dig und ruͤhmlich geachtet wird, bis ſie wieder von einer andern Weiſe verdrungen wird. Sie iſt von der Gewohnheit, dem Gebrauch und den Ob- ſervanzen in manchen Stuͤcken unterſchieden. Dieſe ſind viel dauerhaffter als jene. Sollen die- ſe abgeſchafft werden, ſo gehoͤrt groſſe Muͤhe und Gewalt dazu. Hohe Landes-Obrigkeiten und Privat-Perſonen, Prieſter und Richter, haben ge- nug zu thun, bevor ſie mancherley boͤſe Gewohnhei- ten und Gebraͤuche abſchaffen koͤnnen, hingegen die Moden vergehen wieder von ſich ſelbſt, ohne groſſe
Unruhe
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Von der Ceremoniel-Wiſſenſch. uͤberh.
§. 38. Der vierdte und letzte Geſetzgeber, iſt die
Opinion derjenigen, an denen uns zu der Zeit, da
wir eine gewiſſe Handlung bewerckſtelligen, oder
unterlaſſen ſollen, etwas gelegen, und dieſen muͤſſen
wir Folge leiſten, wenn ihm nicht die vorhergehen-
den widerſprechen; Die ſpeciellen Regeln, die bey
dem Ceremoniel-Weſen in Betrachtung zu ziehen,
werden in den folgenden Capituln vorkommen.
Das II. Capitul.
Von der Mode.
§. 1.
DJe Mode iſt eine veraͤnderliche Weiſe, die
bey allerhand Sachen in ſo weit ſie in die
aͤußerlichen Sinne fallen, eingefuͤhrt, und
auf eine gewiſſe Zeit, ſo lange es denen
Willen einiger Leute gefaͤllig iſt, vor wohl anſtaͤn-
dig und ruͤhmlich geachtet wird, bis ſie wieder von
einer andern Weiſe verdrungen wird. Sie iſt
von der Gewohnheit, dem Gebrauch und den Ob-
ſervanzen in manchen Stuͤcken unterſchieden.
Dieſe ſind viel dauerhaffter als jene. Sollen die-
ſe abgeſchafft werden, ſo gehoͤrt groſſe Muͤhe und
Gewalt dazu. Hohe Landes-Obrigkeiten und
Privat-Perſonen, Prieſter und Richter, haben ge-
nug zu thun, bevor ſie mancherley boͤſe Gewohnhei-
ten und Gebraͤuche abſchaffen koͤnnen, hingegen die
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/53>, abgerufen am 24.11.2024.
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