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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Dantzen und Bällen.
wenn er die Pas auch noch so zierlich zu machen
wüste, denn es ist ein lächerlich Spectacul, jemand
außer der Cadance oder dem Tact zu sehen, und
man würde nachgehends nur Anlaß nehmen, seiner
zu spotten; S. Traite de Civilite p. 226. Was
von diesem gesagt ist, gilt noch vielmehr vor dem,
der einen besondern Fehler des Leibes an sich hat,
der den Zuschauern sehr in die Augen fällt, und Ge-
legenheit zu mancherley spöttischen Urtheilen erwe-
cken würde.

§. 14. Der Autor des itzt angezogenen Traite
de Civilite
giebt p. 227. eine seltzame Regel, er
spricht, wenn ein anderer, der es aus Autoriraet
verlangte, um sich einen artigen Zeitvertreib zu ma-
chen, einen der keine besondere Geschicklichkeit im
Dantzen bezeugte, dazu zwingen wolte, so dürffte
mans nicht abschlagen, denn es wäre besser, sich
einer wider Willen zugezognen Beschämung zu un-
terziehen, um sich gefällig zu erweisen, als dem
Verdacht zu unterwerffen, den wir auf uns laden
könten, als ob wir aus lauter Hochmuth nicht dan-
tzen wolten. Redet der Autor von dem Casu, da
einer eine, ob zwar nicht besondere, jedoch mäßige
Geschicklichkeit im Dantzen besitzt, im übrigen
aber ungern dantzet, und von denen, an deren Gna-
de ihm sehr viel gelegen, und in deren Händen ein
großer Theil seiner zeitlichen Glückseeligkeit beru-
het, einen scharffen Befehl zum Dantzen erhält, so
hat er Recht; meynet er aber, wie es fast scheinet,
daß einer, der sich bey der gantzen Gesellschafft, es

sey

Vom Dantzen und Baͤllen.
wenn er die Pas auch noch ſo zierlich zu machen
wuͤſte, denn es iſt ein laͤcherlich Spectacul, jemand
außer der Cadance oder dem Tact zu ſehen, und
man wuͤrde nachgehends nur Anlaß nehmen, ſeiner
zu ſpotten; S. Traite de Civilite p. 226. Was
von dieſem geſagt iſt, gilt noch vielmehr vor dem,
der einen beſondern Fehler des Leibes an ſich hat,
der den Zuſchauern ſehr in die Augen faͤllt, und Ge-
legenheit zu mancherley ſpoͤttiſchen Urtheilen erwe-
cken wuͤrde.

§. 14. Der Autor des itzt angezogenen Traité
de Civilite
giebt p. 227. eine ſeltzame Regel, er
ſpricht, wenn ein anderer, der es aus Autoriræt
verlangte, um ſich einen artigen Zeitvertreib zu ma-
chen, einen der keine beſondere Geſchicklichkeit im
Dantzen bezeugte, dazu zwingen wolte, ſo duͤrffte
mans nicht abſchlagen, denn es waͤre beſſer, ſich
einer wider Willen zugezognen Beſchaͤmung zu un-
terziehen, um ſich gefaͤllig zu erweiſen, als dem
Verdacht zu unterwerffen, den wir auf uns laden
koͤnten, als ob wir aus lauter Hochmuth nicht dan-
tzen wolten. Redet der Autor von dem Caſu, da
einer eine, ob zwar nicht beſondere, jedoch maͤßige
Geſchicklichkeit im Dantzen beſitzt, im uͤbrigen
aber ungern dantzet, und von denen, an deren Gna-
de ihm ſehr viel gelegen, und in deren Haͤnden ein
großer Theil ſeiner zeitlichen Gluͤckſeeligkeit beru-
het, einen ſcharffen Befehl zum Dantzen erhaͤlt, ſo
hat er Recht; meynet er aber, wie es faſt ſcheinet,
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[479/0499] Vom Dantzen und Baͤllen. wenn er die Pas auch noch ſo zierlich zu machen wuͤſte, denn es iſt ein laͤcherlich Spectacul, jemand außer der Cadance oder dem Tact zu ſehen, und man wuͤrde nachgehends nur Anlaß nehmen, ſeiner zu ſpotten; S. Traite de Civilite p. 226. Was von dieſem geſagt iſt, gilt noch vielmehr vor dem, der einen beſondern Fehler des Leibes an ſich hat, der den Zuſchauern ſehr in die Augen faͤllt, und Ge- legenheit zu mancherley ſpoͤttiſchen Urtheilen erwe- cken wuͤrde. §. 14. Der Autor des itzt angezogenen Traité de Civilite giebt p. 227. eine ſeltzame Regel, er ſpricht, wenn ein anderer, der es aus Autoriræt verlangte, um ſich einen artigen Zeitvertreib zu ma- chen, einen der keine beſondere Geſchicklichkeit im Dantzen bezeugte, dazu zwingen wolte, ſo duͤrffte mans nicht abſchlagen, denn es waͤre beſſer, ſich einer wider Willen zugezognen Beſchaͤmung zu un- terziehen, um ſich gefaͤllig zu erweiſen, als dem Verdacht zu unterwerffen, den wir auf uns laden koͤnten, als ob wir aus lauter Hochmuth nicht dan- tzen wolten. Redet der Autor von dem Caſu, da einer eine, ob zwar nicht beſondere, jedoch maͤßige Geſchicklichkeit im Dantzen beſitzt, im uͤbrigen aber ungern dantzet, und von denen, an deren Gna- de ihm ſehr viel gelegen, und in deren Haͤnden ein großer Theil ſeiner zeitlichen Gluͤckſeeligkeit beru- het, einen ſcharffen Befehl zum Dantzen erhaͤlt, ſo hat er Recht; meynet er aber, wie es faſt ſcheinet, daß einer, der ſich bey der gantzen Geſellſchafft, es ſey

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/499>, abgerufen am 25.11.2024.